Bogener Zeitung

JVA-Mordprozess: Lebenslange Haft für Igor S.


Prozess unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen: Mehrere Polizeifahrzeuge brachten am Montag in Regensburg den wegen Mordes an einem Mitgefangenen Angeklagten zum Landgericht.

Prozess unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen: Mehrere Polizeifahrzeuge brachten am Montag in Regensburg den wegen Mordes an einem Mitgefangenen Angeklagten zum Landgericht.

Von Redaktion idowa

Straubing/Regensburg. (alf) Im seit November letzten Jahres unter ungewöhnlich großen Sicherheitsvorkehrungen geführte Strafprozess mit insgesamt 26 Verhandlungstagen hat das Schwurgericht Regensburg am Montag gegen die verbliebenen drei Angeklagten aus der Justizvollzugsanstalt Straubing das Urteil gesprochen.


Der Hauptangeklagte Igor S. wurde wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, dabei hat die Schwurkammer die besonders schwere Schuld des Angeklagten festgestellt. Zudem hat es seine Sicherungsverwahrung nach Verbüßung der Haftstrafe angeordnet und entsprach damit dem Antrag von Oberstaatsanwalt Klaus Dieter Fiedler. Sein Verteidiger Falk Stange hatte keinen bestimmten Antrag gestellt.

Der weitere Haupttäter Konstantin F. (40) hatte sich während des Prozesses vor einem Monat durch einen Suizid in seiner Gefängniszelle der irdischen Gerechtigkeit entzogen. Der wegen Beihilfe zum Mord angeklagte weitere Gefangene Denis G. wurde wegen unterlassener Hilfeleistung zu einer Haft von drei Monaten verurteilt und vom Vorwurf der Beihilfe zum Mord freigesprochen. Oberstaatsanwalt Fiedler hatte für ihn wegen Beihilfe und Aussetzung eine Freiheitsstrafe von acht Jahren und anschließende Sicherungsverwahrung gefordert. Sein Verteidiger Tim Fischer hatte auf Freispruch plädiert.

Beim Jüngsten im Bunde, Denis S., sah Oberstaatsanwalt Fiedler die ursprünglich angeklagte Beihilfe zum Mord als nicht erwiesen an und plädierte insoweit auf Freispruch. Für seine Mithilfe beim Abtransport des bereits lebensgefährlich verletzten und später verstorbenen Andreas J. forderte er eine Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen "Aussetzung". Das Schwurgericht sprach ihn der unterlassenen Hilfeleistung schuldig und verurteilte ihn zu einer zweimonatigen Haftstrafe. Sein Verteidiger Helmut Hansen hatte ebenfalls auf Freispruch plädiert.

Mitglieder in einer mafia-ähnlichen Organisation
Wie berichtet gehörten die russisch-stämmigen Angeklagten der mafia-ähnlichen Organisation "Abschtschjak" an. Deren Ziel ist und war, Mitgefangene zu Einzahlungen auf ein eigens dafür eingerichtetes Konto zu drängen, über das die im Gefängnis sitzenden Mitglieder und deren Angehörige versorgt wurden. Im Oktober 2008 kam es zum Streit zwischen dem späteren Mordopfer und dem inzwischen verstorbenen Konstantin F., da dieser 1000 Euro vom Konto für sich verwendete um seiner Frau Schmuck zu schenken.

Vor diesem Hintergrund wurde vom Führer der Straubinger Abschtschjak-Organisation Konstantin F. eine Versammlung einberufen, zu der sich am 18. Oktober 2008 insgesamt 21 Gefangene in einer Ein-Mann-Zelle einfanden. Vier von ihnen hatten sich mit Schraubenziehern und Schnitzmessern als Stichwaffen mit Klingenlängen zwischen 6,5 und zehn Zentimetern ausgerüstet.

Das Gericht hörte mehr als 50 Zeugen und drei Sachverständige
Mehr als 50 Zeugen und drei Sachverständige waren aufgeboten worden, um die sich daraus entwickelte Bluttat aufzuklären. Am Ende stand für die Schwurkammer fest - so die mündliche Urteilsbegründung von Vizepräsident Werner Ebner - dass sich Igor S. und der in den Freitod gegangene Konstantin F. abgesprochen hatten, den "lästigen" Andreas J. zu töten, falls er seine Vorwürfe aufrechterhält. Ob auch die beiden anderen Angeklagten in den Tötungsplan eingeweiht und bei Beginn der Versammlung bewaffnet waren, konnte die Schwurkammer nicht mit der notwendigen Sicherheit feststellen.

Als Konstantin F. seinen Bandenmitgliedern klarmachte: "Wohin das Geld geht, geht den Gefangenen nichts an, er sei nur höheren Stellen gegenüber verantwortlich", kam es zu Protesten - und das Todesurteil für Andreas J. war gesprochen. Auf ein Zeichen ging Igor S. mit dem Messer in der Hand auf ihn los.

Als ihm ein anderer Häftling zu Hilfe kommen wollte, wurde auch dieser lebensgefährlich verletzt. Sein Glück war, dass einer der Stiche nur ein bis eineinhalb Zentimeter vom Herzbeutel entfernt zwei Arterien glatt durchtrennte. Er überlebte.

Mit mehreren Messerstichen in den Oberkörper wurde daraufhin Andreas J. attackiert. Einer davon war brutal bis zum Heft gesetzt, so dass die Klinge in die Lunge und eine Herzkammer eindrang. Die beiden jüngeren Angeklagten schleppten den kaum blutenden Mithäftling ins Bad, setzten ihn unter die Dusche und schlossen die Türe. Selbst die hinzugerufene Notärztin diagnostizierte "Kreislauf stabil, leicht blutende Wunde, eine schwere Verletzung nicht erkennbar". Wenig später erlag Andreas J. seinen Verletzungen.

Ein Polizist sicherte vor der Urteilsverkündung den Eingang des Landgerichts.

Ein Polizist sicherte vor der Urteilsverkündung den Eingang des Landgerichts.