Straubinger Tagblatt
Ein Einzelgänger am Donauufer
3. Januar 2012, 11:38 Uhr aktualisiert am 3. Januar 2012, 11:38 Uhr
Von Simon Franz
Ein Biber stillt seit Wochen seinen Hunger am Ufer der Donau in der Grünanlage am Vogelauweg: Bäume sind angenagt, an manchen Stellen ragen nur noch Stümpfe aus dem Boden. Mittlerweile sind die Stämme der größten Bäume mit feinen Drahtzäunen eingewickelt - eine Maßnahme des Wasser- und Schifffahrtsamts, das für diesen Bereich verantwortlich ist. "Die Bäume sollen so vor Biberschäden geschützt werden", berichtet Wasserbaumeister Alfred Schießwohl.
Schon vor Weihnachten hatten Verantwortliche der Stadt Schäden an den Bäumen am Donauufer am Vogelauweg bemerkt. Das Wasser- und Schifffahrtsamt musste laut Alfred Schießwohl im Zuge seiner Verkehrssicherungspflicht einige davon fällen. "Von ihnen ging eine Gefahr für die Bevölkerung aus. Durch einen Windstoß hätten die Stämme jederzeit brechen können."
Derzeit leben nach Aussage von Naturschutzreferent Jürgen Englisch zehn Biberpaare in Straubing. Ihr Bestand ist seit Jahren stabil. Die städtischen Verantwortlichen wissen, wo die Tiere leben. "In der Grünanlage am Vogelauweg ist uns keines bekannt. Deshalb ist der Biber, der die Bäume dort annagt, wahrscheinlich ein Einzelgänger", vermutet Naturschutzfachreferent Jürgen Englisch. "Er wird sich nur kurze Zeit dort aufhalten."
Jungbiber machen sich nach etwa zwei Jahren auf die Suche nach einem Revier. Wenn nur wenige besetzt sind, haben sie eine Chance, ein eigenes zu gründen. Leben in einem Gebiet aber bereits viele Biber, ist kein Platz für ein weiteres Revier. "Stress, Kämpfe und Krankheiten sorgen dafür, dass sich die Population der Tiere auf einem gesunden Niveau einpendelt", berichtet Jürgen Englisch. Die Biber wurden erst 1966 wieder in Bayern angesiedelt, davor galten sie als ausgerottet. Immer noch sind sie vom Aussterben bedrohten. Nach EU-Recht sind die Tiere streng geschützt: Es ist verboten, sie zu jagen, zu fangen, zu verletzen oder zu töten; ihre Baue und Dämme dürfen nicht beschädigt oder zerstört werden.
Wenn Mensch und Biber einander aber in die Quere kommen, kann das zu Schäden führen oder die öffentliche Sicherheit gefährdet sein. Die untere Naturschutzbehörde entscheidet in solchen Fällen, wie in den Lebensraum der Tiere eingegriffen wird. Straubing hat mit den Tieren nur wenig Probleme, stellt Jürgen Englisch fest. Ein Grund dafür ist vor allem, dass sich die Biber im Stadtgebiet großteils auf öffentlichen Flächen aufhalten - und das dürfen sie. "Auf öffentlichem Grund können die Tier machen, was sie wollen. Dort werden wir nicht handeln", berichtet er. Aktiv werde seine Behörde aber immer, wenn landwirtschaftliche Flächen betroffen seien. Im Alburger Moos musste beispielsweise vor Jahren der Nebendamm eines Bibers vom Bauhof beseitigt werden, weil dieser Überschwemmungen auf einer landwirtschaftlichen Nutzfläche verursachte.
Die Maßnahmen des Amts für Umwelt- und Naturschutz sollen das Leben der Tiere nicht zu stark beeinträchtigen. Erst einmal wurde nach Aussage von Jürgen Englisch im Stadtgebiet ein Biber eingefangen und umgesiedelt. Er selbst hält von diesem Schritt wenig. "Ein Tier wegzufangen oder zu töten bringt nicht viel, weil es nicht lange dauert, bis das nächste da ist." Besser sei es, sich mit den Tieren zu arrangieren und auf dieser Basis eine Lösung zu finden. "Weil wir wissen, wo die Biber leben, können wir mit ihnen entsprechend umgehen."