Landkreis Straubing-Bogen

26-Jährige fährt zur See: „Einmal um die Welt rundum“


Klare Perspektive: Erst wenn Verena Liebl einmal um die ganze Welt gefahren ist, will die junge Straubingerin wieder dauerhaft festen Boden unter den Füßen spüren. (Foto: privat)

Klare Perspektive: Erst wenn Verena Liebl einmal um die ganze Welt gefahren ist, will die junge Straubingerin wieder dauerhaft festen Boden unter den Füßen spüren. (Foto: privat)

Ich hatte immer Angst, dass ich nichts sehe von der Welt", erzählt Verena Liebl, "das ist jetzt kompensiert". Denn was die 26-Jährige in den vergangenen drei Jahren gesehen hat, sehen die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben nicht: Verena bummelte über den Times Square, stand vor den Pyramiden in Kairo, lag am Strand von Guadeloupe, bestaunte Vulkane auf Island und besuchte eine Moschee in Casablanca. Sie spazierte durch Le Havre, kaufte in La Palma ein und tauchte mit Schildkröten vor Barbados. Das alles nur durch einen neuen Job: Seit drei Jahren arbeitet die Straubingerin als Einzelhandelskauffrau auf einem Kreuzfahrtschiff.

"Die ersten zwei Wochen waren schlimm"
Verena, die auf die Ursulinen-Realschule ging und acht Jahre im Modehaus Hafner arbeitete, war im Mai 2012 im Urlaub in Hamburg. "Dort habe ich im Hafen ein Kreuzfahrtschiff gesehen." Das faszinierte sie so sehr, dass sie kurz darauf im Internet recherchierte, welche Job-Möglichkeiten es dort geben würde und sich bewarb.

"Die ersten zwei Wochen an Bord waren schlimm", erzählt sie, denn sie hatte Heimweh. Mit einer Kollegin teilte sie sich eine neun Quadratmeter große Kabine - übel geworden ist ihr aber nicht auf hoher See: "Denn wer im Volksfest mit dem Riesenrad fahren kann, kann auch Schifffahren." Sechs Monate war sie bei ihrem ersten Job an Bord eines Kreuzfahrtschiffs von Zuhause weg, der erste Stopp war Amsterdam.

"Eine ganz eigene Art zu Reisen"
"Wenn man mit einem Schiff in einer Stadt ankommt, ist das etwas ganz anderes", erzählt sie, "es ist eine ganz eigene Art zu Reisen". So dauert die Fahrt von Hamburg nach New York zum Beispiel 14 Tage. Die Stimmung an Bord sei außergewöhnlich, man bereite sich zwei Wochen lang auf das Ziel vor - mit einem kurzen Zwischenstopp in Island. "Es ist ein aufgewühltes Gefühl", erzählt Verena.

Wenn man mit einem Schiff in den Hafen von New York einfährt, befindet sich die Freiheitsstatue links, die Skyline der Stadt rechts. Den ganzen Morgen über steht die Crew, teilweise in Schlafanzügen, an Deck und hält Ausschau nach den ersten Lichtern des Festlands: "Das sind in die New York die Lichtsäulen des neu gebauten Freedom Towers."

Die Kreuzfahrtschiffe laufen immer morgens in die Häfen ein und so geht dann gerade die Sonne über der Stadt auf. Wenn das Schiff in den Hafen einläuft, bringt Verena noch ihren Laden an Bord in Ordnung und geht danach wie die Passagiere an Land.

In New York geht sie immer als erstes zum Times Square, "manchmal setze ich mich aber einfach nur in ein Café in der Sonne". Wenn das Schiff eine Insel in der Karibik anfährt, geht Verena zum Strand und legt sich in die Sonne. Für Verena inzwischen ganz normal: "Andere legen sich nach Feierabend auf die Couch, ich eben an den Strand."

Wenn an Bord bayrisch gesprochen wird
Von jedem Reiseziel, sei es New York oder Barbados, nimmt Verena einen bunten Magneten mit, da die Wände in ihrer Kabine auf dem Kreuzfahrtschiff magnetisch sind. Aber noch etwas nimmt sie von ihrer Arbeit mit: "Man lernt so viele Leute kennen, aus ganz verschiedenen Kulturen."

Rund 2 500 Passagiere sind bei jeder Fahrt an Bord - darunter auch einige Niederbayern. Auf einer Karibik-Route kamen Geiselhöringer zu ihr in den Laden. Verena genießt es, dann endlich wieder bayerisch zu reden und findet es noch viel lustiger, wenn sie ihre Kollegen auf einmal nicht mehr verstehen.

Auch zwei Freundinnen haben sie schon besucht - "ich habe geweint vor Freude". Ihre Familie und ihre Freunde sind Verena sehr wichtig, über Facebook und Whats-App hält sie zu ihnen Kontakt. Gleichzeitig waren sie der Grund, warum Verena sich entschloss, nach ihren ersten sechs Monaten auf dem Schiff auf hoher See weiterzuarbeiten: "Ich habe einfach gemerkt, dass sie alle weiterhin für mich da sind und sich zwischen uns nichts geändert hat."

Im September fliegt Verena mit der Crew nach Japan, dort richten sie ein neues Kreuzfahrtschiff ein. Ihr Vater hat sie neulich gefragt, wie lange sie das noch machen möchte. Verenas Antwort: "Bis ich einmal um die Welt rundum bin."

Verena Liebl bei einem Bummel im Rockefeller Center in New York. (Foto: privat)

Verena Liebl bei einem Bummel im Rockefeller Center in New York. (Foto: privat)