Landkreis Landshut
Zehn Monate weniger hinter Gittern für Drogenkurier
15. November 2016, 16:34 Uhr aktualisiert am 15. November 2016, 16:34 Uhr
Ayo S. hatte im Oktober 2015 2,5 Kilo Heroin geschmuggelt. Dafür hatte ihn ein Gericht bereits zu sechseinhalb Jahren verurteilt. Diese Strafe wurde im Revisionsprozeß jetzt auf fünf Jahre und acht Monate gesenkt. Im neuen Urteil wurde die Kooperation des Angeklagten berücksichtigt.
Die Schuld stand fest. Strittig war die Frage, wie lange Ayo S. für den Versuch, mehr als zweieinhalb Kilo Heroin von Südafrika nach Italien zu schmuggeln, hinter Gitter muss. Im März hatte die vierte Strafkammer des Landgerichts den 34-jährigen Amerikaner wegen versuchter unerlaubter Durchfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilt. Nach einem Revisionsantrag von Verteidiger Dr. Thomas Krimmel hob der Bundesgerichtshof das Urteil, was die Rechtsfolgen betrifft, allerdings auf: Das Erstgericht hat die Prüfungsreihenfolge nicht eingehalten, hieß es unter anderem in der Begründung. Die erste Strafkammer des Landgerichts, die sich am Dienstag mit dem Fall auseinandersetzen musste, verurteilte Ayo S. zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und acht Monaten.
Ayo S. hatte am 16. Oktober 2015 in Johannesburg von einem Hintermann einen präparierten Koffer entgegen genommen, der für den Weitertransport nach Rom bestimmt war. Für seinen Kurierdienst hatte man ihm eine Entlohnung von 2.000 Dollar in Aussicht gestellt. S. gab den Koffer als Reisegepäck auf und trat den Flug nach Rom über München an. Am Morgen des 17. Oktober landete der 34-Jährige am Flughafen München; noch am gleichen Tag sollte die Reise weitergehen. Doch Zollfahnder entdeckten die in dem Koffer versteckten 2573,68 Gramm Heroin.
Unmittelbar nach seiner Festnahme legte Ayo S. ein Geständnis ab und nannte Namen seiner Hintermänner. Wie der ermittelnde Zollbeamte am Dienstag vor Gericht sagte, hält er die Angaben des 34-Jährigen für glaubwürdig. Einen Fahndungserfolg habe man allerdings noch nicht erzielen können - obwohl er sich zum Informationsaustausch sogar in Lyon mit einem Kollegen aus Südafrika getroffen habe. Die Südafrikaner können oder wollen keine Amtshilfe leisten, so der Zeuge: "Das Verhältnis ist etwas kompliziert." Der Zollbeamte äußerte die Vermutung, "dass sie eher nicht wollen". Er habe das Gefühl, dass da gewisse Vorbehalte gegenüber Europäern eine Rolle spielen. Durch eine Wahllichtbildvorlage, auf der Ayo S. nach seiner ersten Verurteilung seinen Auftraggeber identifiziert habe, wisse man aber nun immerhin, wie einer der Hintermänner aussehe und habe dessen echten Namen.
Der Vertreter der Staatsanwaltschaft hielt eine Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren nach wie vor für tat- und schuldangemessen. Ayo S. habe zwar wesentliche Aufklärungshilfe geleistet, aber eine Strafrahmenverschiebung zu seinen Gunsten hätte es nur geben können, wenn dies vor der ersten Hauptverhandlung passiert wäre. Dass es zwischenzeitlich neue Entwicklungen gegeben habe, könne man seinem Mandanten nicht negativ auslegen, hielt Verteidiger Krimmel entgegen. Fakt sei, dass Ayo S. bereits in einer Vernehmung am 15. Dezember, also vor der Hauptverhandlung, wesentliche Angaben gemacht hat. Diese Aufklärungshilfe müsse berücksichtigt werden, das Strafmaß sei auf eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren zu reduzieren. Krimmel sprach in diesem Zusammenhang künftige, gleichgelagerte Verfahren gegen Drogenkuriere an: "Wenn Kooperationsbereitschaft nichts bringt, sagen andere sicher nichts mehr." Immerhin seien die Repressalien, mit denen Kuriere, die auspacken, rechnen müssten, groß, sagte Krimmel und verwies auf die Aussage des Zollbeamten. Dieser hatte von seinen südafrikanischen Kollegen immerhin ein Foto ausgehändigt bekommen auf dem, wie er sagte, ein erschossener Drogenkurier auf dem Boden zu sehen war.
Die Kammer folgte im Wesentlichen den Ausführungen Krimmels. Es habe eine spürbare Abweichung im Sachverhalt gegenüber dem erstinstanzlichen Urteil gegeben, die zu berücksichtigen sei, sagte Vorsitzender Richter Markus Kring in der Urteilsbegründung. Die am 15. Dezember erfolgten Angaben des Angeklagten seien entscheidend gewesen. Auch wenn es bisher keinen Fahndungserfolg gegeben habe: Ein Aufklärungserfolg schließe eine Strafrahmenverschiebung nicht aus. "Und dieser Aufklärungserfolg kann durchaus nachträglich erfolgen."