Rottenburg

Teilzeit nicht nur an der Fleischtheke: "Der Fachkräftemangel ist Realität"


Rottenburger Edeka-Filiale auf den Fachkräftemangel. (Foto: jp) Mit verkürzten Öffnungszeiten in der Metzgereiabteilung reagiert die

Rottenburger Edeka-Filiale auf den Fachkräftemangel. (Foto: jp) Mit verkürzten Öffnungszeiten in der Metzgereiabteilung reagiert die

In der Fleischabteilung des Edeka-Marktes Geiger gelten seit einiger Zeit verkürzte Öffnungszeiten. Aufgrund personeller Engpässe entschlossen sich Inhaber Franz Geiger und seine Mitarbeiter, die Fleischtheke nicht mehr während der gesamten Ladenöffnungszeit zu besetzen.

Geiger ist mit dieser Situation nicht allein: Sowohl die Agentur für Arbeit wie auch die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz (HWK) und die Industrie- und Handelskammer Niederbayern (IHK) melden einen großen Bedarf an Fachkräften, den die Bewerberzahl nicht decken kann.

"Es herrscht ein absoluter Fachkräftemangel", erklärt Geiger. In der Metzgereiabteilung fallen gesundheitsbedingt einige Mitarbeiter für längere Zeit aus. Diese Lücke hätten die anderen Angestellten nicht mehr decken können, ohne selbst viele Überstunden anzuhäufen. Geiger hätte gern jemanden eingestellt, doch kein ausreichend qualifizierter Bewerber hätte sich gemeldet. Um für das Team angemessene Arbeitszeiten zu gewährleisten, hätten sich alle darauf verständigt, an den umsatzschwächeren Nachmittagen die Fleischtheke zu schließen.

Ingrid Hase, stellvertretende Teamleiterin im Arbeitgeberservice der Agentur für Arbeit Landshut, erklärt, dass die Lücke zwischen Nachfrage an Fachkräften und Bewerberzahl größer wird. Ein erhöhter Bedarf an Fachkräften sei regional in den Bereichen Bau, Metall, Herstellung von Lebensmitteln, Elektro, Gesundheit, Soziales, Ingenieurwesen und in der Gastronomie festzustellen.

Andreas Keller, Bereichsleiter Beratung bei der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, belegt dies mit Zahlen. Eine Sonderumfrage des Zentralverbands des Deutschen Handwerks 2013 habe ergeben, dass fast jeder vierte Handwerksbetrieb offene Stellen hatte. "Dieser Trend setzt sich aktuell fort", berichtet Keller.

Prognose: 9.000 Stellen unbesetzt

Ende Mai 2015 waren der HWK im Landkreis Landshut 89 freie Lehrstellen gemeldet. Ein Jahr zuvor waren es 80. Im gesamten Bereich waren es heuer 1.796 freie Ausbildungsplätze, im Jahr zuvor 1.517. Keller geht davon aus, dass sich die Entwicklung weiter fortsetzen, ja sogar verschärfen wird: "Sie wird auch Betriebe erreichen, die heute noch kein Problem haben."

Johannes Karasek, Pressesprecher der Industrie- und Handelskammer Niederbayern, schlägt ebenfalls Alarm: "Der Fachkräftemangel ist in Niederbayern Realität." Aktuell fehlen im Regierungsbezirk an die 5.000 Fachkräfte. In fünf Jahren werden bereits 9.000 offene Stellen unbesetzt bleiben. Dabei gelte grundsätzlich: Es fehlen auf dem Arbeitsmarkt bereits jetzt deutlich mehr beruflich Qualifizierte mit Aus- und Weiterbildung als Akademiker.

Als Ursache nennen sowohl Hase als auch Karasek und Keller zum einen die demografische Entwicklung, wodurch die Zahl an Erwerbspersonen sinke. Zum anderen sei ein anhaltender Trend zu höheren Bildungsabschlüssen und zum Studium zu erkennen. Zudem besuchen junge Fachkräfte nach dem Ende ihrer Ausbildung verstärkt weiterführende Schulen. "Ganz klar: Wir brauchen Akademiker, auch in Niederbayern. Der Bedarf am Arbeitsmarkt geht aber bei uns in eine andere Richtung", erklärt Karasek.