Landgericht Landshut

Sägeblatt und Teppichmesser: 24-Jähriger bestreitet Mordversuch an Ex-Freundin


Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Benamin B. keineswegs nur mit seiner Ex-Freundin reden wollte.

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Benamin B. keineswegs nur mit seiner Ex-Freundin reden wollte.

Von kö

Sie war seine erste Freundin. Dem psychiatrischen Sachverständigen Dr. Robert Steinhuber gegenüber schilderte der 24-jährige Rumäne die Beziehung als "durchgehend positiv".

Offensichtlich sah Melinda B. dies aber anders: Im Beisein der Polizei eröffnete sie im Februar 2016 ihrem Freund die Trennung - "aus Angst vor ihm", wie sie den Beamten gegenüber erklärte. Trotz polizeilichen Verbots suchte Benamin B. wenige Tage später das Haus auf, in dem Melinda B. wohnt. Er habe ihr nur sagen wollen, dass sie keine Angst vor ihm haben brauche, sagte der 24-Jährige vor der ersten Strafkammer des Landgerichts, wo er sich wegen versuchten Mordes verantworten muss.

Die Staatsanwaltschaft geht nämlich davon aus, dass Benamin B. keineswegs nur mit seiner Ex-Freundin reden wollte: Laut Anklage lauerte er Melinda B. im Treppenhaus auf mit dem Entschluss, sie zu töten.

Der von Staatsanwalt David Schlittenhardt vertretenen Anklage zufolge hatte Benamin B. der Geschädigten bereits einige Zeit vor dem 8. Februar angekündigt, sie umzubringen. An diesem Tag hielt er sich dann im Bereich des Kellerabgangs des Landshuter Wohnanwesens hinter der Kellertür verborgen, um seine ehemalige Lebensgefährtin abzupassen. Als dies gegen 13.40 Uhr auf dem Weg zur Arbeit das Haus verlassen wollte, trat er von hinten an sie heran, packte sie an den Haaren, zog sie so zu Boden und versetzte ihr einen Faustschlag gegen den Kopf, so dass sie gänzlich zu Boden ging, wo Benamin B. ihr noch weitere Faustschläge verpasste.

Schließlich zog er ein Messer, dass er in seiner Kleidung verbrogen hatte, und schnitt in den Hals seiner Ex-Freundin, um diese zu töten. Trotz Gegenwehr gelang es dem Angeklagten, sie festzuhalten und ihr weitere gezielte Stiche beziehungsweise Schnitte im Kopf- und Gesichtsbereich zu verpassen. Benamin B. ließ erst von der Geschädigten ab, als zwei Nachbarn zu Hilfe kamen. Laut Staatsanwaltschaft erlitt Melinda B. bei dem Überfall unter anderem eine klaffende Verletzung am Hals, eine Verletzung an der äußeren Ohrmuschel und Schnittverletzungen am Oberkopf.

B. bestreiter Tötungsabsicht

Über seinen Verteidiger Thomas Fauth ließ der 24-Jährige Faustschläge einräumen; auch an den Haaren habe er seine Ex-Freundin gepackt. Allerdings habe er sie niemals im Vorfeld mit dem Tod bedroht und auch am 8. Februar habe er sie zu keinem Zeitpunkt töten wollen.

Am Morgen sei er bei der Polizei gewesen, wo er erneut mit den Vorwürfen seiner Ex-Freundin konfrontiert worden sei, erklärte Benamin B. dann selbst. Einem Aktenvermerk zufolge wirkte er auf die Beamten "ruhig und besonnen". Er sei schon sauer gewesen, widersprach B., "weil ich sie liebe und sie hat mich einfach aus der Wohnung geworfen, ohne dass ich was gemacht habe".

Er habe dann beschlossen, erst einmal mit einem Bekannten für eine Woche nach Hause nach Rumänien zu fahren. Dies habe er seiner Ex-Freundin spontan mitteilen wollen - "damit sie weiß, dass sie jetzt erst einmal keine Angst mehr vor mir zu haben braucht". Er habe sich mit ihr aussprechen wollen, doch aus der Wohnung sei eine Männerstimme gedrungen. Da habe er erst einmal auf dem Absatz kehrt gemacht. Später habe er ihr in dem Treppenhaus nicht aufgelauert; man sei sich zufällig über den Weg gelaufen.

Selbstmordabsichten?

Doch als Melinda B. ihn gesehen habe, habe sie sofort "hysterisch geschrien und gekreischt". Dem Angeklagten zufolge hat sich die junge Frau auch selbst zu Boden geworfen. Er habe sie dann tatsächlich an den Haaren gepackt und ihr drei, vier Faustschläge verpasst. Er habe da eine Art Blackout gehabt; "das war ja nicht ich". Erschrocken über "meine eigene Gewalt" sei er in ein nahe gelegenes Spielcasino geflohen, wo er dann aus Scham versucht habe, sich das Leben zu nehmen.

Folgt man den polizeilichen Ermittlungen stellt sich die Situation allerdings ein wenig anders dar. So betrat Benamin B. das Haus beispielsweise mit einem Teppichmesser, einem Klebeband und einem Sägeblatt, was für ein geplantes Vorhaben spricht. Er habe von seiner Ex-Freundin unbemerkt für die Zeit, in der er in Rumänien gewesen wäre, zwei Taschen voller Sachen von sich im Kellerabteil unterstellen wollen.

Mit dem Sägeblatt habe er das Vorhängeschloss durchtrennen wollen; mit dem Tapetenmesser einen Karton zerschneiden, um hinter den Stücken dann seine Taschen zu verstecken. Dass er Melinda B. Schnitt- und Stichverletzungen zugefügt hat, will der 24-Jährige nicht mitbekommen haben: "Ich kann mich nur daran erinnern, dass ich es in der Hand hatte."

Für ein zielgerichtetes Handeln spricht auch ein Abschiedsschreiben von Benamin B. auf der Rückseite eines Fotos, das ihn mit seiner Ex-Freundin zeigt. Die Polizei hatte das Foto bei der Durchsuchung des Zimmers gefunden, das ein Bekannter B. in seiner Wohnung zur Verfügung gestellt hatte, nachdem er von Melinda B. rausgeworfen worden war.

Ja, er habe sterben wollen, aber keine konkreten Pläne gehabt, wie und wann, so B.

Richter Kring wies darauf hin, dass der Auffindeort der Fotografie - sie war auf dem Kopfkissen platziert - doch sehr bewusst gewirkt habe. Er habe das Bild nur auf sein Kopfkissen gelegt, weil er es nach Rumänien mitnehmen wollte. "Damit ich es nicht vergesse." An den Namen des Bekannten, mit dem er nach Hause fahren wollte, konnte B. sich vor Gericht nur mehr vage erinnern. Auch eine Telefonnummer hatte er nicht parat. Man habe sich am Abend des 8. Februar am Bahnhof treffen wollen, irgendwann zwischen 19 und 21 Uhr.

Der Prozess wird kommenden Donnerstag fortgesetzt.