Neufahrn

Neufahrner CSU-Treffen "war keine Verschwörung" - doch einige Fragen bleiben


Von Dr. Gerald Schneider

Es war keine Verschwörungsveranstaltung. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landtagsfraktion, Josef Zellmeier, war Gast des Treffens in Neufahrn (Landkreis Landshut), zu dem der Europapolitiker und Chef der CSU Niederbayern, Manfred Weber, am Freitag und Samstag eingeladen hatte. "Der Aufschrei im Vorfeld war grundlos", resümiert Zellmeier. Ziel sei es gewesen, außerhalb der Hektik der Tagespolitik Gespräche zu führen, und die Vorträge seien hervorragend gewesen.

Webers als rein privat bezeichnetes Treffen hatte für Wirbel gesorgt. Der EVP-Fraktionschef im Europaparlament hatte gemeinsam mit Georg Fahrenschon und Karl-Theodor zu Guttenberg eingeladen. Fahrenschon hatte als Finanzminister in Bayern hingeschmissen, um den lukrativen Posten an der Spitze des Sparkassenverbands anzunehmen - Guttenberg war als Wirtschafts- und Verteidigungsminister gefeiert worden, stolperte dann aber über Plagiate in seiner Doktorarbeit. Doch der Blick auf die Gästeliste ließ auch parteiintern die Frage aufkommen, was daran denn "rein privat" sein sollte. Der österreichische Außenminister Sebastian Kurz war als Referent geladen, ebenso der frühere Schachweltmeister Garri Kasparow, der sich heute um Menschenrechtsfragen kümmert, sowie der UniCredit-Chef Theodor Weimer.

Als Tagungsteilnehmer geladen waren vor allem alte Weggefährten Webers aus JU-Zeiten, zu denen er seither weiterhin Kontakt pflegte. Doch längst nicht jeder war in Neufahrn willkommen. Der Landtagsabgeordnete Helmut Radlmeier, in dessen Wahlkreis das Treffen stattfand, war nicht informiert und auch Finanzminister Markus Söder und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, Anwärter auf die Nachfolge von Ministerpräsident Horst Seehofer, waren in Schloss Neufahrn nicht erwünscht.

Dennoch war die Zusammenkunft nach Teilnehmerangaben durchaus gelungen, die sachlichen Vorträge kenntnisreich. Kasparow etwa habe über seine Einschätzung des russischen Präsidenten Wladimir Putin berichtet, sagte Zellmeier unserer Zeitung. In einer "lebhaften Diskussion" hätte man sich in Neufahrn nach dem Vortrag Weimers dem Euro sowie der Zinspolitik, dem Binnenmarkt und dem Bankensektor gewidmet. Sebastian Kurz habe eine gute Analyse der internationalen Beziehungen, insbesondere der Situation in Syrien und der Flüchtlingsproblematik geliefert, ergänzte der bayerische Kultusstaatssekretär Bernd Sibler. Das Treffen sei eine "Tankstelle für inhaltlichen Input" gewesen. "Über Personal ist nie gesprochen worden", ergänzte er. Das bestätigte auch der Bundestagsabgeordnete Florian Oßner. "Selten wurde bei einem politischen Treffen so wenig über Personalien gesprochen", sagte er. Für ihn sei das Treffen "ungemein gewinnbringend" gewesen. Im Vorfeld habe man zu viel in diese Zusammenkunft hineininterpretiert. Weber pflege eben vielfältige Kontakte und habe schon immer auch atypische Veranstaltungsformate ausprobiert. Und Oßner geht davon aus, dass das Treffen keine einmalige Angelegenheit gewesen sei, sondern sich in Neufahrn wohl ein dauerhafter Gesprächskreis in Niederbayern etablieren werde.

Rundum also Lob aus dem Teilnehmerkreis, der teilweise im Vorfeld selbst nicht so recht wusste, was ihn da in Neufahrn erwarten würde. Also ein rein auf Sachpolitik bezogenes, harmloses Treffen? Mag sein. Dennoch mutmaßen einige in der Partei, die Einladenden hätten sich womöglich aufgrund der selektiven Gästeliste und der versuchten Geheimhaltung keinen Gefallen getan.

Was Weber damit bezwecken wollte, dieses als rein privat bezeichnete Treffen in dieser Runde abzuhalten, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Die Tageszeitung Die Welt meint, Weber spiele innerhalb der CSU in Bayern keine große Rolle. Dazu sei er von den CSU-Machtzentren, der Parteizentrale und der Landtagsfraktion, in Brüssel zu weit entfernt. Er leide darunter, dass die Europapolitik für die Menschen so irrelevant sei - trotz seines Top-Postens in Brüssel. "Und weil derzeit Markus Söder die besten Chancen auf das Erbe Seehofers zugesprochen werden, ,ist es doch klar, dass Weber fürchtet, auch weiterhin bedeutungslos in München zu sein'", zitiert Die Welt ein hochrangiges CSU-Mitglied.

In einer solchen Situation auf sich und eigene Zirkel innerhalb der Partei aufmerksam zu machen, kann sinnvoll sein. Ob sich sein Coup in Neufahrn dauerhaft für Weber auszahlen wird, ist noch nicht abzusehen. Offenbar hat er auch einige Kritiker durch eine gelungene Veranstaltung, wie Teilnehmer es schildern, versöhnt. Warum er trotz aller in der CSU immer wieder zu vernehmenden Bekenntnisse zu Transparenz diese selbst nicht eingehalten hat, wirft Fragen auf, die nur Weber beantworten kann.