Atomkraftwerk bei Landshut
Isar 2: Längere Laufzeit wegen Putin?
1. März 2022, 8:58 Uhr aktualisiert am 6. April 2023, 21:57 Uhr
Isar-2-Betreiber Preussen Elektra denkt darüber nach, das ostbayerische Atomkraftwerk am Netz zu lassen. Was bisher kaum denkbar war, findet nun prominente Unterstützer.
Und plötzlich ist sie wieder gut. Atomkraft war verpönt, trieb Tausende über Jahrzehnte zu Protesten auf die Straße, der Ausstieg Ende 2022 war besiegelt. Eine EU-Entscheidung und einen russischen Einmarsch in der Ukraine später scheint die umstrittenste aller Energieformen plötzlich rehabilitiert. Auch im AKW Isar 2 bei Landshut überlegen sie, die Brennstäbe länger glühen zu lassen - vor allem wegen Putins Kriegs. Landshuts Landrat ist schon mal dafür.
Nachdem die Betreiberfirma Preussen Elektra am Montag mitgeteilt hatte: Isar 2 geht wie geplant Ende 2022 vom Netz, hat es sich die Konzernleitung nun anders überlegt. "Vor dem Hintergrund der kriegerischen Handlungen in Europa und der daraus resultierenden Risiken für die Versorgungssicherheit ist es nachvollziehbar, dass die aktuellen energiepolitischen Gegebenheiten auf den Prüfstand gestellt werden", teilte ein Isar-2-Sprecher am Dienstag mit. In dieser Ausnahmesituation sei Preussen Elektra bereit, darüber zu sprechen, unter welchen Rahmenbedingungen das Unternehmen das Atomkraftwerk Isar 2 länger betreiben könnte - sofern die Bundesregierung das ausdrücklich wünscht.
Trotz Meldungen: "Eines der besten AKW weltweit"
Einer, der Isar 2 gerne am Netz lassen würde, ist der Landshuter Landrat Peter Dreier von den Freien Wählern. Er sagt, Deutschland und Europa müssten sich nach Putins Einmarsch in der Ukraine von Russland als Gaslieferant abkoppeln. Erneuerbare Energien wären da keine Alternative? Doch, sagt Dreier. Aber nicht rechtzeitig. "So wie unsere Wirtschaftsregion Energie benötigt, ist der Umstieg bis zum Jahresende nicht möglich. Der Süd-Ost-Link ist ja zum Beispiel noch nicht fertig", sagt der Landrat.
Außerdem sei Isar 2 eines der besten und sichersten Atomkraftwerke weltweit. Das gilt für Dreier auch nach den zwei jüngsten meldepflichtigen Ereignisse. "Die hatten keine negativen Auswirkungen auf Mensch oder Umwelt." Die Vorfälle seien ja erst wegen der hohen Sicherheitsstandards meldepflichtig gewesen. Der Abbau ist trotzdem schon in vollem Gange. Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen sagte am Samstag, dass eine längere Laufzeit deshalb für den Winter 22/23 nichts mehr bringen würde. Die Atomkraftwerke könnten "nur unter höchsten Sicherheitsbedenken und möglicherweise mit noch nicht gesicherten Brennstoffzulieferungen weiter betrieben werden (...) Und das wollen wir sicherlich nicht."
Ein Preussen-Elektra-Sprecher bestätigte, dass aktuell keine frischen Brennelemente für den Weiterbetrieb vorrätig seien. "Auch das erforderliche Personal steht nach der Abschaltung nicht mehr bereit."
Brennstäbe könne man kaufen und nach dem Abschalten anderer Kraftwerke könne man auch das Personal besorgen, meint Landrat Dreier. Wenn es um die Versorgung des Landes gehe, werde man diese Hindernisse wohl überwinden.
Die Bundesregierung hat bisher keine konkreten Pläne für eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken, um mögliche Lieferausfälle bei russischem Gas zu kompensieren. "Dass wir aufgrund der aktuellen Situation vieles infrage stellen und prüfen und auch Optionen entwickeln, das versteht sich von selbst", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag. "Aber so weit sind wir längst noch nicht."
Region hat lange mit AKW gelebt - "Und zwar gut"
Die Region um das AKW Isar 2 wäre nach Landrat Dreiers Meinung dem Weiterbetrieb gegenüber aufgeschlossen. "Die Region hat über viele Jahrzehnte mit dem AKW gelebt - und zwar sehr gut. Die Mitarbeiter haben für sehr hohe Qualität gebürgt. Bei Bürgergesprächen in den vergangenen Jahren hatten viele Menschen die Meinung: 'Warum muss man ein so sicheres AKW jetzt abschalten ohne fertige Alternativen?'" Politische Unterstützung erhält Dreier etwa vom Landauer CSU-Bundestagsabgeordneten Max Straubinger.
Eines will Dreier am Ende noch extra betonen: Natürlich gehe es ihm mit einer verlängerten AKW-Laufzeit um eine Übergangslösung aufgrund des Kriegs in der Ukraine. Der Ausstieg sei richtig, stehe für viele außer Zweifel. Er sei aber schon von der damaligen Kanzlerin Merkel nach Fukushima "Hals über Kopf" beschlossen werden.