Landshuter Zeitung

DISKUSSION - Die grüne Welle in Landshut bleibt ein Wunschtraum


Zu den Stoßzeiten brauchen Autofahrer auf der Luitpoldstraße viel Geduld und können von einer grünen Welle nur träumen. (Foto: sas)

Zu den Stoßzeiten brauchen Autofahrer auf der Luitpoldstraße viel Geduld und können von einer grünen Welle nur träumen. (Foto: sas)

Von Redaktion idowa

Landshut. Sie sind der Nerv des modernen Straßennetzes und nerven gleichzeitig dessen Nutzer. Die Rede ist von den Ampeln. 74 solcher Lichtsignalanlagen regeln in der Stadt Landshut den Verkehrsfluss, der nicht selten gerade wegen ihnen zum Stillstand kommt. Diese Meinung vertreten zumindest viele Verkehrsteilnehmer, wie die Resonanz auf den LZ-Aufruf "Aufreger-Ampel gesucht" gezeigt hat. Die Gründe für ein zähes von-Rot-zu-Rot-Hopsen weiß Magnus Stadler nur zu gut. Vom fünften Stock im Rathaus II aus hat der Verkehrsingenieur im Tiefbauamt nicht nur einen guten Ausblick auf eine der verkehrsreichsten Durchgangsstraßen der Stadt, sondern auch einen Überblick auf alle Ampelanlagen auf seinem Computerbildschirm.


"Wir betreuen die städtischen Lichtsignalanlagen, nehmen aber auch Störungsmeldungen und Beschwerden anderer Anlagen entgegen", erklärt Stadler. Denn es ist keineswegs so, dass alle Ampeln in Landshut auch der Stadt gehören. "Für 24 Lichtsignalanlagen ist das Staatliche Bauamt zuständig, da sie an Bundesstraßen stehen, drei an der Industriestraße gehören zum Landkreis und eine, beim Real-Markt, zur Marktgemeinde Ergolding", erklärt der Verkehrsingenieur. Auch wenn die Zuständigkeiten aufgeteilt sind, funktionieren alle Ampeln nach dem gleichen System: Sie sind verkehrsabhängig gesteuert.

Die meisten Ampeln wurden mit Induktionsschleifen versehen. Detektoren im Straßenbelag, etwa fünf bis zehn Meter vor der Ampel, messen über elektronische Impulse, die Anzahl der Fahrzeuge und passen die Rot- und Grünphasen automatisch an.

Innerhalb der so genannten Umlaufzeit sollte jeder Verkehrsteilnehmer einmal grün haben. Die maximale Umlaufzeit beträgt 110 Sekunden und kommt vor allem in den Stoßzeiten zum Einsatz. "Zu den Stoßzeiten kann sich die Grünphase auf den viel befahrenen Durchgangsstraßen dann schon mal verlängern", weiß Magnus Stadler.

Freifahrtschein für Busse
Dass die grüne Welle trotzdem schnell verebbt, hat viele Gründe. Schuld am plötzlichen Rotlicht sind zum einen die Busse. Um die Taktzeiten im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu verbessern und damit auch dessen Attraktivität zu steigern, wurde seit Sommer 2001 bis zum letzten Jahr Stück für Stück das Verkehrsrechensystem umgebaut. Vor jeder Ampel gibt es zwei Meldepunkte, mit der sich der Bus über Funk registriert und die die Ampelsteuerung zugunsten des Busses beeinflussen. "Die Grünphase wird vorgezogen oder verlängert, wenn der Bus kommt, oder, die Ampel springt wegen des Busses ganz kurz auf grün", erklärt Magnus Stadler.

Dass die anderen Verkehrsteilnehmer von der Bevorzugung der Busse wenig begeistert sind, kann Stadler verstehen. Andererseits wolle man auf diese Weise den ÖPNV stärken. "Wenn mehr Leute Busfahren, sind die Straßen nicht mehr so voll", sagt Stadler.

Angesichts der überfüllten Straßen zu den Stoßzeiten erscheint es fraglich, ob die Umstellung des Systems zugunsten des ÖPNV etwas gebracht hat. Dabei ist gerade das hohe Verkehrsaufkommen ein weiterer Grund, weshalb die grüne Welle nicht funktioniert. "Die Straßen sind einfach überlastet", stellt Stadler fest. Verengen sich dann noch zwei Fahrspuren auf eine, führt dies unweigerlich zu einem Rückstau, der jede grüne Welle im Keim erstickt.

Als Beispiele nennt der Verkehrsingenieur die Konrad-Adenauer-Straße und die Luitpoldstraße kurz vor der Isar-Brücke, deren Lichtsignalanlagen von vielen LZ-Lesern als "Aufreger-Ampeln" bezeichnet wurden. Wünsche ernst nehmen. Dass Beschwerden durchaus ernst genommen werden, beweist Magnus Stadler mit folgendem Beispiel: Nach dem Schlussgong in der Berufsschule II fuhren alle Schüler gelichzeitig mit den Autos nach Hause. Als Folge bildete sich in der
Flurstraße jedes Mal ein langer Stau.

Die Ampelschaltung an der Kreuzung mit der Altdorfer Straße wurde nun an diese Spitzenbelastung engepasst. In der Altdorfer Straße gibt es nach wie vor eine grüne Welle, aber zwischen 16 und 16.30 Uhr bekommen die Verkehrsteilnehmer in der Flurstraße eine längere Grünphase. "Die Umstellung hat sich bewährt", freut sich Stadler wenigstens diese "Aufreger-Ampel" entschärft zu haben.

Daneben bringen auch Straßenbaumaßnahmen die grüne Welle zum Erliegen. "Wenn eine Straße aufgerissen und die Induktion beschädigt wird, dann kann es ein paar Wochen dauern, bis der Schaden wieder repariert ist", berichtet Stadler. Störungen empfängt der Verkehrsingenieur über sein Handy. Oft bemerken die Verkehrsteilnehmer davon nichts, weil die Ampel mit einem Notprogramm weiter funktioniert.

Immer wieder bringen auch ungebetene Gäste in den Schaltkästen das System durcheinander. Insekten nisten sich gerne in den empfindlichen Anlagen ein. "Einmal war ein Spinnenkonkon die Ursache eines Defekts", erinnert sich Magnus Stadler. Etwa alle sechs Monate werden sämtliche Ampeln gewartet. Pro Anlage kostet dies bis zu 750 Euro.

Kompromisse nötig
Für Konflikte im Straßenverkehr sorgen oft die unterschiedlichen Ansprüche von Fußgängern, Rad- und Autofahrern. "Viele Fußgänger wünschen sich längere Grünphasen; diese Zeit müssen wir aber den Autofahrern wegnehmen", weiß Stadler. Am Ende kann nur ein Kompromiss die Lösung sein: Einerseits sollte die grüne Welle funktionieren ­ das gilt auch für Fußgängerampeln, die per Knopfdruck ausgelöst werden. Andererseits darf die Mindestgrünzeit für Fußgänger nicht unterschritten werden. Hier gilt der Richtwert, dass ein Fußgänger einen Meter pro Sekunde zurücklegt.

Magnus Stadler weiß, dass er es nie allen Verkehrsteilnehmern recht machen wird. Um das System zu verbessern, ist er auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen. "Wir tun alles, um den Verkehrsfluss zu optimieren", verspricht er, fügt aber auch hinzu: "Die perfekte grüne Welle gibt es nicht".

Beschwerden und Anregungen nimmt Magnus Stadler unter der Telefonnummer 0871-881843 entgegen. Wichtig ist, darauf zu achten, Datum und Uhrzeit zu nennen, wenn verstärkt Behinderungen auftreten. Aufgrund der zahlreichen Emails, die die LZ-Redaktion nach den Aufrufen zur "Aufreger-Ampel" erreicht haben, wurde ein Forum eingerichtet, in dem zu der Frage "Ist die grüne Welle in Landshut eine Illusion?" das Thema weiter diskutiert werden kann. Schreiben Sie einfach einen Kommentar zu dieser Nachricht im Kommentarfeld unten auf der Seite.
Sandra Sachs

Ein Spinnenkonkon war einmal für den Ausfall einer Ampelanlage verantwortlich. (Foto: Tiefbauamt)

Ein Spinnenkonkon war einmal für den Ausfall einer Ampelanlage verantwortlich. (Foto: Tiefbauamt)