Portrait Sebastian Ehn

Die Premiere der Wagemutigen


Auf dass die Lanze bricht: Bei den Reiter- und Ritterspielen am Sonntagnachmittag war das Turnier der Höhepunkt. Sebastian Ehn (rechts) stieg zum ersten Mal bei der Landshuter Hochzeit in die Rüstung - am Ende war er einer der Sieger des Turniers. (Foto: Christine Vinçon)

Auf dass die Lanze bricht: Bei den Reiter- und Ritterspielen am Sonntagnachmittag war das Turnier der Höhepunkt. Sebastian Ehn (rechts) stieg zum ersten Mal bei der Landshuter Hochzeit in die Rüstung - am Ende war er einer der Sieger des Turniers. (Foto: Christine Vinçon)

Von Emanuel Socher-Jukic

Erschöpft sieht Sebastian Ehn aus. Schweißperlen auf der Stirn, das lockige Haar strähnig. Doch über die Erschöpfung siegt der Stolz. Der Stolz über eine gelungenen Premiere beim Ritterturnier. Der 21-Jährige war zum ersten Mal dabei und hat als Herzog Christoph der Starke von Bayern-München zweimal die Lanze gebrochen. Und wessen Lanze beim Rennen über die Planken bricht, der hat seinen Gegner getroffen. Neben dem polnischen und brandenburgischen Ritter war Ehn damit Turniersieger.

Mit dem Turnier gingen die Reiter- und Ritterspiele am Sonntagnachmittag glücklich zu Ende. Glücklich deshalb, weil bei einigen Darbietungen die Verletzungsgefahr recht groß ist. Neben den Turnierrittern galoppieren auch die Ringelstecher und Rolandreiter wagemutig und draufgängerisch über den Platz. Die Darsteller entwickeln einen Ehrgeiz, der um 1475 kaum größer gewesen sein dürfte. Die Gunst der 8000 Zuschauer spornt eben an.

Dass die Reiter wie Sebastian Ehn sich mit ihren Pferden so ins Zeug legen konnten, das war dem Einsatz vieler Helfer zu verdanken. Denn nach den nächtlichen Regenfällen am Samstag stand der Platz unter Wasser. Nach den abgebrochenen Festlichen Spielen im nächtlichen Lager (siehe Seite 29) drohte die zweite Enttäuschung für die Besucher und Mitwirkenden. "Die halbe Nacht und den ganzen Vormittag wurde der Platz trockengelegt", sagte Prof. Dr. Gabriele Goderbauer-Marchner, Vorstandsmitglied der Förderer. Selbst die Wasserabläufe, die vor Jahren unter dem Turnierplatz gelegt worden seien, hätten nicht mehr helfen können. Den Helfern von THW, Feuerwehr und Förderern gelang es aber, den Platz soweit zu präparieren, dass eben auch die Reiter in den Sattel steigen konnten. Das Wetter zeigte sich gestern geneigter als am Vorabend, und so stimmte die Kulisse.


Die Rolandreiter machten den Anfang bei den spektakulären Vorführungen. Mit Lanze und in vollem Galopp ritten sie auf eine Puppe zu, um ein kleines Klapptürchen zu treffen. Traf man hingegen den Torso der Puppe, drehte sich diese und versetzte dem Reiter einen Schlag mit Riemen. Im Mittelalter stand einiges auf dem Spiel: An den Riemen waren Eisenkugeln angebracht. Auf dem Turnierplatz im Jahr 2009 sind es Lederkugeln. Auch bei den Ringelstechern war Geschicklichkeit gefordert: Mit einer Lanze mussten sie einen kleinen Ring vom Pfahl fischen. Offenbar wurde im Vorfeld fleißig trainiert, denn ein ums andere Mal spießten die Reiter den Ring mit der Lanze auf.

Unumstrittener Höhepunkt der Reiter- und Ritterspiele war das Turnier. Ausgerüstet mit bis zu 40 Kilogramm schweren Rüstungen und 3,8 Meter langen Lanzen ging es über die Planken. Verheißungsvoll war der Beginn, wo bei fast jedem Rennen ein Stich gelang. Viele Zuschauer zuckten zusammen, wenn die Lanze auf die Rüstung des Gegners traf. Auch wenn das Geräusch nichts Gutes verheißen ließ - alle Ritter sind wieder heil von ihren Pferden gestiegen, auch Sebastian Ehn. "Einfach genial", sagt er nach dem Turnier. Nervös sei er zwar im Vorfeld gewesen, "aber wenn ich auf dem Pferd sitze, dann ist die Nervosität weg". Gefragt ist auf dem Pferd Konzentration. Sonst geht möglicherweise das Pferd durch. Und tatsächlich: Als Ehn nach seinem ersten Treffer jubelt, verliert er kurz die Kontrolle über sein Pferd. Schnell hat er es aber wieder im Griff und schafft sogar einen zweiten Treffer - eine erfolgreiche Premiere eben. Obwohl die Erschöpfung groß ist nach dem Turnier, ans Heimgehen denkt Ehn nicht: "Jetzt dusch' ich, und dann wird gefeiert."

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Ringelstechen einmal anders. Der Hofnarr zeigt dem Kaiser und dem Publikum seine Interpretation des mittelalterlichen Sports. (Foto: Christine Vinçon)

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Am Samstagabend warfen sie ihre fahnen noch im prasselnden Regen. (Foto: Christine Vinçon)

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Mit vollem Einsatz ritten die Rolandreiter auf die Puppe zu, um die Lanze richtig zu platzieren. (Foto: Christine Vinçon)

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Auf dass die Lanze bricht: Bei den Reiter- und Ritterspielen am Sonntagnachmittag war das Turnier der Höhepunkt. Sebastian Ehn (rechts) stieg zum ersten Mal bei der Landshuter Hochzeit in die Rüstung - am Ende war er einer der Sieger des Turniers. (Foto: Christine Vinçon)