Dingolfing

Dingolfinger Manuel Baum erhält Fußballlehrer-Lizenz und spricht über seine Zukunft


Der Dingolfinger Manuel Baum darf sich nun auch offiziell "Fußballlehrer" nennen. (Foto: Marc Müller/dpa)

Der Dingolfinger Manuel Baum darf sich nun auch offiziell "Fußballlehrer" nennen. (Foto: Marc Müller/dpa)

Von Fabian Roßmann und Redaktion idowa

Manuel Baum war in der laufenden Saison mit 34 Jahren der jüngste Trainer der drei Profiligen, machte "nebenbei" an der Hennes-Weisweiler-Akademie in Köln seinen Fußballlehrer und hält seit vergangenem Donnerstag die Lizenz in Händen. Im idowa-Interview spricht der Dingolfinger über seine Anfänge im Fußball, die Doppelbelastung in den vergangenen Monaten, warum es am Ende in Unterhaching nicht mehr geklappt hat und wie er sich seine persönliche Zukunft vorstellt.

Herr Baum, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zur Fußballlehrer-Lizenz.
Baum: Vielen Dank.

Welches Gefühl ist es, dieses Dokument in den Händen zu halten?
Baum: Das ist wirklich ein sehr schönes Gefühl. Wenn ich jetzt einmal drei Jahre zurückdenke, dann habe ich noch überhaupt nicht damit gerechnet, dass ich einmal im Profibereich als Trainer arbeite beziehungsweise einmal annähernd den Gedanken fasse, den Fußballlehrer zu machen. Und jetzt, drei Jahre später, stehe ich dort und bekomme von DFB-Präsident Wolfgang Niersbach die Urkunde überreicht.

Wie würden Sie den diesjährigen Jahrgang beschreiben? Die ganz großen Namen wie etwa in den vergangenen Jahren Stefan Effenberg oder Mehmet Scholl haben gefehlt.
Baum: Wir haben schon ein paar sehr erfahrene Profis dabei gehabt mit Valérien Ismaël oder Rodolfo Cardoso. Aber die Spieler, die hunderte von Nationalspielen auf dem Buckel haben, hatten wir jetzt nicht. Grundsätzlich war der Jahrgang sehr harmonisch und von den Persönlichkeiten sehr unterschiedlich. Das war sehr gut, weil man sich dadurch gegenseitig ein wenig befruchten konnte in dem ein oder anderen Thema. Es sind ja nicht nur Trainer aus dem Herrenbereich da, sondern auch von den verschiedenen Fußballveränden, Nachwuchsleistungszentren und eben auch aus dem Profibereich. Da konnte man schon den ein oder anderen Impuls mitnehmen. Die Kollegen waren auch jeder Zeit bereit, dass man sich - gerade wenn es um Prüfungen geht - gegenseitig austauscht und nicht mit den Ellenbogen arbeitet, weil man der Beste werden wollte. Das hat diesen Kurs schon sehr ausgezeichnet.

Sie haben neben dem Lehrgang auch als Cheftrainer bei der SpVgg Unterhaching gearbeitet. Wie schwer war es, diese beiden Sachen unter einen Hut zu bekommen?
Baum: Das war wirklich brutal, muss ich im Nachhinein ehrlich sagen. Die Präsenzzeiten in Köln waren immer von Montag bis Mittwoch und da ging es eben hauptsächlich um die Nachbereitung von den Spielen und auch schon um die Vorbereitung der neuen Spiele. Dann war es bei meinem Funktionsteam so, dass mein Co-Trainer Florian Ernst hauptberuflich Lehrer war und der Torwarttrainer war auch immer nur am Montag und am Mittwoch da. Insofern war es für uns alle eine riesengroße Belastung und das war dann gegen Ende mit Sicherheit ein Bestandteil, warum es ergebnistechnisch nicht mehr so gelaufen ist.

Vor einigen Wochen wurden Sie in Unterhaching entlassen. War die Doppelbelastung einer der Hauptgründe dafür?
Baum: Ja. Aber wenn man es rein auf das Spielerische bezieht, haben wir in der Defensive mit Sicherheit einen Schritt nach vorne gemacht, obwohl wir nicht gewonnen haben. Und in der Offensive haben wir teilweise mehr Chancen kreiert als in der Vorrunde. Das Problem war eben einfach - und das ist für einen Außenstehenden dann immer ein bisschen schwierig nachzuvollziehen - dass wir vorne die Tore nicht gemacht haben und hinten den einen oder anderen leichten Fehler gemacht haben. In der Hinrunde hatten wir oft das Glück, dass wir auch Spiele gewonnen haben, wo wir uns nachher gefragt haben, wie wir das geschafft haben. Das hat uns jetzt in der Rückrunde eben gefehlt. Ergebnistechnisch war es mit Sicherheit so, dass es am Ende kritisch wurde. Aber vom Spielerischen her war ich meistens zufrieden. Aber gerade die letzte Phase, wo es dann um die Prüfungsvorbereitung ging, das war schon richtig massiv.

Seit Sie weg sind, läuft es bei der SpVgg unter Christian Ziege auch nicht besser, man holte aus drei Spielen zwei Punkte. Hat die Mannschaft vielleicht einfach nicht die Qualität für mehr?
Baum: Ich finde, im Fußball muss man ein wenig unterscheiden, was den Begriff Qualität betrifft. Es gibt eine fußballspezifische Qualität, das sind eben so Sachen wie Ballan- und -mitnahme, Passqualität und so weiter. Und dann muss man sagen, dass die Mannschaft noch gar nicht die Qualität haben kann, weil sie sehr jung ist und sich noch sehr viel entwickeln muss. Das Problem ist halt einfach - und das war in Haching die letzten drei Jahre so, wo ich dort war - dass wir jedes Jahr als Abstiegskandidat Nummer eins gehandelt wurden, weil eben kein Geld da war und wir nicht in der Lage waren, Spieler aus der 1. oder 2. Bundesliga zu verpflichten. Sondern nur ganz junge Spieler, die eben auch noch extremen Schwankungen unterliegen. Insofern können die die fußballspezifische Qualität noch gar nicht so sehr haben. Aber wo sie richtig gut sind ist, dass alle ein riesengroßes Herz haben, 90 Minuten rauf und runter marschieren. Und das ist eben eine Qualität, die man im Fußball auch unbedingt braucht. Und die andere, da bin ich mir sicher, kommt bei den Spielern in ein oder zwei Jahren und dann kann die Hälfte von denen mit Sicherheit ohne Probleme Zweite Liga spielen. Aber das ist eben das Los in Unterhaching, dass wir immer viele Spieler verkaufen mussten. Ich glaube von den elf Stammspielern in dieser Saison waren zehn im letzten Jahr noch keine Stammspieler. Wir haben dreimal hintereinander fast die komplette Elf auswechseln müssen und das ist dann schon nicht so einfach, dass man da tabellarisch große Sprünge macht, wobei der Klassenerhalt sowieso ein Riesenerfolg gewesen wäre. Und der ist immer noch möglich.

SpVgg-Präsident Manni Schwabl hat bereits angekündigt, dass man sich nach der Saison wegen einer weiteren Zusammenarbeit sprechen will. Können Sie sich das vorstellen?
Baum: Da hab ich mit Manni auch schon geredet, dass ich mir das nicht vorstellen kann. Ich war jetzt Cheftrainer in Unterhaching, habe dort den kompletten Jugendbereich aufgebaut und ich war da an der Spitze, was die Sportliche Leitung betrifft. Da kann ich mir eine weitere Zusammenarbeit mit Unterhaching nicht vorstellen. Es ist jetzt aber nicht so, dass ich im Bösen gegangen bin, ich habe auch mit Manni ein super Verhältnis. Und man merkt an den Aussagen ja, dass er mich am liebsten behalten hätte. Die Mannschaft war auch so und hat gesagt: Auf gar keinen Fall den Trainer entlassen. Aber leider gibt es im Fußball eben solche Mechanismen, denen man sich auch in Unterhaching - vielleicht auch aufgrund von einem Druck von Außen - nicht verwehren kann. Aber eine Zusammenarbeit mit Haching kann ich mir in der Form nicht mehr vorstellen, außer irgendwann einmal wieder als Cheftrainer.

Sie gelten als Förderer der Jugend, haben auch beim Nachwuchskonzept in Unterhaching entscheidend mitgewirkt. Sind Sie diesen Weg aus Überzeugung gegangen oder weil die Mittel einen anderen Weg nicht zugelassen haben?
Baum: Mich hat Heiko Herrlich vor drei Jahren als Co-Trainer dazugeholt und ich habe bei 1860 München selber über zehn Jahre im Nachwuchsbereich gearbeitet. Ich bin parallel auch noch Lehrer an der DFB-Eliteschule in Taufkirchen, da bin ich der Koordinator für die ganzen Leistungssportklassen. Ich habe also von Haus aus schon eine sehr hohe Affinität zur Jugend. Und in Unterhaching war die Situation eben so, dass die wirtschaftliche Konsolidierung ganz groß geschrieben wurde und die Ausgaben massiv reduziert wurden. Wir waren da natürlich auf die Jugend angewiesen. Meine Idee war dann eben, die Jugendtrainer schon in den Trainingsbetrieb der Profis zu integrieren. Die konnten bei jeder Einheit mit dabei sein, ich habe sie in jedes Trainingslager mitgenommen, damit sie unsere Inhalte in den Jugendbereich transportieren können. Und das war eben auch ein Steckenpferd, das ich neben meiner Tätigkeit als Cheftrainer in Unterhaching mit ausgeführt habe. Das heißt, ich habe dort mit dem Fußballlehrer, dem Jugend- und dem Profibereich in Unterhaching im Prinzip eine Dreifachbelastung gehabt. Und da waren die Nächte meist schon sehr kurz und ich bin zum Teil bis um 2 oder 3 Uhr in der Nacht dagesessen, habe Analysen oder Konzepte gemacht und natürlich gelernt.

Sie sind ein Trainer der gerne mit jungen Spielern arbeitet. Wie würden Sie sich als Trainer noch charakterisieren?
Baum: Ich habe einen ganz klaren Plan und eine ganz klare Struktur, wie ich Fußball spielen will. Meine Spielphilosophie passt auf eine DIN-A4-Seite niedergeschrieden, sodass sie jeder Spieler verstehen kann. Mein Hauptaugenmerk liegt auch darauf, dass die Spieler im Training nicht nur konsumieren, sondern auch wissen warum sie etwas machen. Das steht bei mir im Vordergrund, weil ich auch festgestellt habe, wenn ein Spieler weiß, warum er dahin laufen muss oder warum er diesen Pass spielen muss, dann macht er das auch bewusster und das stärkt enorm die Qualität. Und dann denke ich, dass im Fußball allgemein ein Generationenwechsel durchgeführt wurde, dass man weggeht von einem autoritären Führungsstil, sondern versucht, den Führungsstil eher je nach Situation anzupassen. Und als Lehrer habe ich natürlich den großen Vorteil, dass ich schon sehe, welche Spielertypen kommen denn in vier, fünf Jahren auf mich zu. Und da muss man dann eben auch moderne Medien wie iPad oder Ähnliches einsetzen.

Wissen Sie schon, wie es bei Ihnen im Sommer weiter gehen wird?
Baum: Es gibt schon Gespräche. Konkret kann ich dazu nichts sagen, aber das Ziel ist schon, dass ich ab Sommer wieder bei einem anderen Verein tätig bin, in welcher Form auch immer. Das kann von der Bundesliga bis in die Dritte Liga gehen, wobei ich meinen nächsten Schritt jetzt nicht zwingend in der 1. Liga sehe. Ich war ja mit 34 Jahren jetzt auch der jüngste Cheftrainer der ersten drei Ligen. Mein Ziel ist es, einmal in der Bundesliga oder der 2. Bundesliga Cheftrainer zu sein, aber da muss man, glaube ich, erst noch das eine oder andere reflektieren und vielleicht auch lernen, damit man dann in drei, vier Jahren einmal darüber sprechen kann.

Sie selbst haben es als Spieler bis zur U19 bei 1860 geschafft. Warum wollte Ihnen der endgültige Schritt zum Profi nicht gelingen?
Baum: Meine Position war Torhüter und wenn man meine Größe mit 1,72 Metern anschaut, dann ist das nicht unbedingt die perfekte Größe für diese Position, das war eigentlich der Hauptgrund. Der Vorteil war dann, dass ich parallel auch schon mit Ernst Tanner in Kommunikation gestanden bin und da der Weg als Trainer schon fast vorgezeichnet war. Tanner war dann auch derjenige, der dann sofort gesagt hat, als ich nach der A-Jugend als Spieler weg war, dass ich dableiben soll und im Torhüterbereich als Trainer arbeiten soll.

In der Folge wurden Sie bei den "Löwen" schon mit 18 Jahren als Torwarttrainer in den Trainerstab der zweiten Mannschaft aufgenommen. Wie wichtig war das für Sie?
Baum: Diese Zeit hat mich sehr geprägt, zumal ich auch nicht ausschließlich im Amateurbereich tätig war, sondern auch im Jugendbereich, und da im ständigen Austausch mit allen Trainern war. Die Trainer haben sich alle in einer Kabine umgezogen und da hat man über viele Gespräche schon einiges mitbekommen. Auch von den vielen Amateur-Trainern wie Marco Kurz, Uwe Wolf und vielen weiteren hat man sich einiges abschauen können und hat Impulse bekommen für seine eigene Arbeit. Insofern waren diese Erfahrungen sehr intensiv und es war gut, dass ich diese auch in so jungen Jahren schon sammeln konnte.

In Unterföhring und Starnberg haben Sie dann weitere kurze Erfahrungen als Trainer beziehungsweise Spielertrainer gesammelt. Was hat für Sie persönlich dann den Ausschlag gegeben, dass Sie gesagt haben: Das ist ein Job, der mir Spaß macht, den ich weiter machen will?
Baum: Das ging bei mir schon im Studium los. Ich habe Diplomsportwissenschaften sowie Sport und Wirtschaft auf Lehramt studiert. Ich habe dann festgestellt, einmal durch den wissenschaftlichen Hintergrund, den wir da bekommen haben beziehungsweise durch das Kennenlernen von anderen Sportarten, dass man im Fußball doch sehr gleich denkt. Und ich war immer schon ein Querdenker, habe versucht, Sachen komplett anders zu machen und dann Sachen aus dem Handball oder dem Basketball zu integrieren. Das habe ich dann auch in Unterföhring so versucht und das hat gut funktioniert. Und auch in Haching ist die Entwicklung ja dann in großen Schritten vorangegangen. Aber dass ich einmal Trainer werden und eine Mannschaft führen will, war für mich eigentlich schon immer klar. Auch schon zu der Zeit, als ich bei 1860 Co- oder Torwarttrainer war.

Und zum Schluss noch: Der Kontakt zur Heimat ist durch die Eltern zwar noch gegeben, ansonsten aber schon eher weniger, oder?
Baum: Genau, der ist eher weniger. Ich bin ja schon mit 15, 16 Jahren nach München gezogen. So wirklich Bezug habe ich deshalb zu den Leuten da unten nicht mehr, aber in den Fußballerkreisen kennt man sich schon noch.