Rauschgift-Prozess
Wie die "Furth-Connection" aufflog
9. Januar 2024, 17:04 Uhr
Einem Drogenhandel in vorher ungekanntem Ausmaß ist die Further Polizei im Frühjahr 2022 auf die Spur gekommen. Der leitende Ermittler berichtete am Montag im Prozess gegen drei Männer aus dem Landkreis Cham vor der 5. Strafkammer am Landgericht Regensburg, wie die Falle zuschnappte. Dabei kamen unter anderem Fake-Pakete und Peilsender zum Einsatz. Der vierte Verhandlungstag endete allerdings vorzeitig, weil einer der Angeklagten aufgrund von starker Übelkeit nicht mehr verhandlungsfähig war.
Dem Trio wird zur Last gelegt, kiloweise verschiedenste Betäubungsmittel, unter anderem Kokain, Haschisch und Marihuana, aufgekauft, in kleine Portionen umverpackt und an Drogenkonsumenten in ganz Ostbayern verkauft zu haben. Zu diesem Zweck sollen die drei Männer im Alter von 22, 23 und 25 Jahren eine Bande mit klarer Arbeitsaufteilung gebildet haben. Was, wenn es zu beweisen ist, mit erheblichen Freiheitsstrafen geahndet wird.
Auftakt mit Wortgefecht
Am Montag stand die Aussage des leitenden Sachbearbeiters auf dem Sitzungsprogramm. Doch schon nach wenigen Minuten kam es zwischen dem Wahlverteidiger des Hauptangeklagten, einem namhaften Regensburger Rechtsanwalt, und Vorsitzendem Richter Thomas Zenger zu einem Wortgefecht.
Der Anwalt reklamierte, der Polizeibeamte lese seine Zeugenaussage aus von ihm angefertigten Unterlagen ab. Das sei laut Strafprozessordnung nicht zulässig. Ein Zeuge müsse zunächst frei aus dem Gedächtnis heraus berichten, was ihm noch erinnerlich ist. Erst bei Nachfragen dürfe er auf seine Aufzeichnungen zurückgreifen.
"Ein solches Gschieß"
Zenger hielt entgegen, dies sei bei einem normalen Zeugen angebracht, von einem Ermittler aber könne man nicht erwarten, dass er alle Details im Kopf habe. Deshalb würde es die Sache abkürzen, wenn ein solcher Zeuge gleich seine Unterlagen zurate zieht. In diesem Zusammenhang gebrauchte Zenger den Ausdruck "ein solches Gschieß". Womit im Bayerischen unnötiges Aufsehen gemeint ist. Der Anwalt verbat sich diesen Ausdruck energisch, der Richter nahm ihn letztlich zurück. Punktsieg für den Verteidiger.
Der aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass die Ermittler gegen das Trio auf der Anklagebank, hauptsächlich einen 25 Jahre alten Further, einiges zusammengetragen haben. Wie der Sachbearbeiter aussagte, kam die Polizei der Furth-Connection bei der Kontrolle eines anderen jungen Mannes im März 2022 auf die Spur. Im Wagen und in der Wohnung des Kontrollierten fanden sich Ecstasy-Tabletten und eine größere Menge Marihuana. Obwohl der Verdächtige schwieg, vermuteten die Ermittler, dass es Hintermänner geben könnte.
Chat des "Galgenvogels"
Konkreter wurde der Verdacht nach der Wohnungsdurchsuchung bei einem anderen Drogenkonsumenten im April 2022. Denn in diesem Fall gelangte das Handy des Mannes in die Hände der Polizei. Und darauf entdeckten die Ermittler einen umfangreichen Chat. Dabei kam unter anderem eine Person mit dem Decknamen "Galgenvogel" vor, die offenbar eine zentrale Rolle in dem schwunghaften Drogenhandel spielte. Weil auf einem Video die auffällige Tätowierung des 25-jährigen Hauptangeklagten zu sehen war, geriet dieser in den Fokus der Ermittler, die ihn zuvor schon auf dem Zettel hatten.
Ab diesem Zeitpunkt holte die Polizei das große Besteck heraus: Telefonüberwachung, Observation, Einsatz von Peilsendern und anderen technischen Hilfsmitteln.
Bald geriet auch der zweite aktuell Beschuldigte, ein 22 Jahre alter Industriemechaniker, ins Blickfeld der Polizeifahnder. Er tauchte immer wieder beim Hauptangeklagten auf, holte Pakete ab oder brachte welche. Schnell stellte sich heraus, dass er mit seinem Motorrad offenbar für die Auslieferung zuständig war.
Fahrer packte aus
Im November 2022 schlug die Polizei dann zu. Im Vorfeld hatte sie drei Postsendungen, die an eine Frau im Raum Furth im Wald adressiert waren und in denen sich Drogen befanden, gegen Fake-Pakete ausgetauscht. Als die Frau diese zum dritten Angeklagten, dem angeblichen Verpacker, zu dessen Wohnung im Chamer Umland brachte, schnappte die Falle der Polizei endgültig zu. Während der vermeintliche Boss und der Verpacker schwiegen, machte der Fahrer reinen Tisch.
Der Prozess wird nach der Unterbrechung wegen gesundheitlicher Probleme eines Angeklagten am Freitag fortgesetzt. Dann sollen weitere Polizeibeamte und ein medizinischer Sachverständiger zu Wort kommen.