Landtagswahlen im Osten

Wahlkampf in Thüringen und Sachsen auf der Zielgeraden


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Die AfD könnte bei den Wahlen deutliche Zugewinne erzielen

Von dpa

Es sind die letzten Meter vor den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen: An diesem Sonntag stehen in beiden Bundesländern Abstimmungen an, die eine völlig neue Ausgangslage schaffen könnten. Zwei Umfragen sehen die AfD in Thüringen als stärkste Kraft, womit eine äußerst komplizierte Regierungsbildung droht. In Sachsen kann sich die CDU berechtigte Hoffnungen auf den erneuten Wahlsieg machen, womöglich könnte sogar ihre Koalition mit SPD und Grünen Bestand haben.

Am Freitag warben die Parteien noch einmal kräftig um Zustimmung. Zu abschließenden Kundgebungen reisen auch Spitzenpolitiker der Bundesparteien in die beiden Länder. So trat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gemeinsam mit Spitzenkandidatin Petra Köpping beim Wahlkampfabschluss der sächsischen Sozialdemokraten in Chemnitz auf, der von lautstarkem Protest begleitet wurde. Immer wieder waren von einer Kundgebung der rechtsextremen Kleinstpartei Freie Sachsen Buhrufe und Trillerpfeifen zu hören.

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Kanzler Olaf Scholz und seine SPD müssen in Sachsen um den Einzug in den Landtag bangen

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Die Landtagswahlen sind auch für Kanzler Scholz und die Zukunft der Ampel von Bedeutung

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Vizekanzler Robert Habeck vor dem Wurf: Schaffen die Grünen den Einzug in die Landesparlamente in Sachsen und Thüringen?

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Es steht ein spannender Wahlabend bevor

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Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt hat sich Unterstützung aus Bayern geholt

In seiner Rede betonte der Kanzler, Deutschland brauche Arbeitskräfte aus anderen Ländern der Welt. "Sonst wird das mit Wohlstand und Zukunft in Deutschland nicht klappen." Nötig seien Offenheit für den Arbeitsmarkt und diejenigen, die Schutz brauchen, aber genauso klare Regelungen für das Management der Migration." Parteichef Lars Klingbeil trat im thüringischen Meiningen auf.

Auch Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) war in Sachsen auf Wahlkampftour. Er warnte davor, dass die AfD einen möglichen Schaden für den deutschen Wirtschaftsstandort verursacht. Die Partei sei die "Alternative für Deindustrialisierung", sagte Habeck am Abend bei einer Wahlkampfveranstaltung der sächsischen Grünen in Dresden. Viele Unternehmen und auch Wirtschaftsverbände hätten davor gewarnt, der Partei die Stimme zu geben.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), der mit CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt im thüringischen Suhl auftrat, fragte sein Publikum mit Blick auf das Maßnahmenpaket der Bundesregierung nach dem Anschlag von Solingen und dem Abschiebeflug nach Afghanistan: "Glauben Sie ernsthaft, die hätten was gemacht, wenn nicht am Sonntag Wahl wäre?"

Der AfD-Parteivorsitzende Tino Chrupalla sagte im sächsischen Görlitz mit Blick auf die islamistisch motivierten Attentate in Mannheim und mutmaßlich auch Solingen: "Mit uns wird es solche Zustände niemals geben." Der Staat müsse Sicherheit, Infrastruktur und günstige Energie garantieren können, eine "Gängelung" der Bürger lehne die AfD ab.

In Thüringen liegt die AfD laut ZDF-Politbarometer bei 29 Prozent und damit klar auf dem ersten Platz vor der CDU mit 23 Prozent und BSW mit 18 Prozent. Die Linke, die dort mit Bodo Ramelow den Ministerpräsidenten stellt, steht nach der Erhebung der Forschungsgruppe Wahlen bei 13 Prozent. Die SPD könnte 6 Prozent erhalten. Die Grünen könnten mit 4 Prozent den Einzug in den Landtag verpassen. Die Werte sahen ganz ähnlich aus in einer am Freitag veröffentlichten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der TV-Sender RTL und ntv.

"Damit hätte eine Koalition aus CDU, BSW und SPD aktuell eine knappe Mehrheit, andere nicht ausgeschlossene Koalitionen hingegen nicht", hieß es beim ZDF. Ein Bündnis der CDU mit dem aus der Linken hervorgegangenen BSW könnte die Partei allerdings in tiefe interne Turbulenzen stürzen. Zugleich wissen laut Umfrage derzeit 29 Prozent der Befragten noch nicht sicher, wen und ob sie wählen wollen.

In Sachsen liegt die CDU von Regierungschef Michael Kretschmer laut Forschungsgruppe Wahlen mit 33 Prozent vor der AfD mit 30 Prozent. Die Linke wäre laut der Umfrage mit 4 Prozent nicht im Landtag vertreten - die Grünen und die SPD kämen jeweils auf 6 Prozent. Das BSW steht in der Umfrage bei 12 Prozent.

"Neben der Fortsetzung der Regierung aus CDU, Grünen und SPD gäbe es auch eine genauso knappe Mehrheit für ein Bündnis aus CDU und BSW", teilten die Wahlforscher mit. Die Forsa-Umfragewerte vom Freitag sahen auch in Sachsen sehr ähnlich aus. Auch dort wissen derzeit 24 Prozent der Befragten noch nicht sicher, wen oder ob sie wählen wollen.

Wahlumfragen sind generell immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten. Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.

Aus Sicht des Meinungsforschers Manfred Güllner ist der Ausgang in Sachsen und Thüringen ungewöhnlich schwer absehbar. Die beiden Ministerpräsidenten - Ramelow und Kretschmer - seien jeweils sehr beliebt. Das gelte auch für Anhänger anderer Parteien, doch die stimmten nicht für die Amtsinhaber. "Das ist eine Situation, eine Entscheidungsmatrix, die wir auch so in den alten Bundesländern nicht gewohnt sind", hatte Güllner am Donnerstag bei einer Podiumsdiskussion der Deutschen Presse-Agentur in Berlin festgestellt.

Der Dresdner Politologe Hans Vorländer äußerte die Erwartung, dass die CDU in Sachsen mit der Migrationsdebatte punkten könnte. Zum einen vermittle CDU-Bundeschef Friedrich Merz den Eindruck, dass er das Heft des Handelns übernehme. Zum anderen habe Sachsens Ministerpräsident Kretschmer das Thema selbst immer gesetzt. "Das wird die CDU, wenn ich mich nicht ganz schwer täusche, doch wieder ein bisschen nach oben ziehen", sagte Vorländer. "Ob es reicht, dass er stärker wird als AfD, ist eine andere Frage."


Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.