"Manifest für Frieden"
Tausende folgen Demo-Aufruf von Wagenknecht und Schwarzer
25. Februar 2023, 16:44 Uhr
Mit ihrem "Manifest für Frieden" haben Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer für hitzige Diskussionen gesorgt. Kritiker werfen ihnen Naivität vor. Nun bringen sie ihre Forderungen auf die Straße.
Am Brandenburger Tor in Berlin haben sich mehrere Tausend Menschen zu einer Kundgebung für Verhandlungen mit Russland im Ukraine-Krieg versammelt. Zu der Demonstration hatten die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer aufgerufen.
Wagenknecht fordert Verhandlungen
Wagenknecht hat erneut einen Stopp von Waffenlieferungen an die von Russland angegriffene Ukraine gefordert und Friedensverhandlungen angemahnt. Es gehe darum, "das furchtbare Leid und das Sterben in der Ukraine zu beenden", sagte sie bei der Kundgebung in Berlin. Zugleich gehe es darum, Russland ein Verhandlungsangebot zu unterbreiten, "statt einen endlosen Abnutzungskrieg mit immer neuen Waffen zu munitionieren". Es gelte, das Risiko einer Ausweitung des Krieges auf ganz Europa und womöglich die Welt zu bannen. Dieses Risiko sei "verdammt groß".
Wagenknecht kritisierte scharf den Kurs der Bundesregierung. Man fühle sich nicht vertreten von Kanzler Olaf Scholz (SPD), "der zwar zunächst immer zögert und für Bedachtsamkeit und Vorsicht wirbt, aber dann trotzdem regelmäßig vor den Kriegstrommlern in seiner Koalition einknickt und eine rote Linie nach der nächsten überschreitet".
Die Linke-Politikerin rief bei der Kundgebung zu einem "Startschuss für eine neue starke Friedensbewegung" auf. Sie sagte angesichts von Kritik an möglichen Teilnehmern aus dem rechten Spektrum, Neonazis und Reichsbürger hätten selbstverständlich auf der Friedenskundgebung nichts zu suchen.
Bei der Kundgebung sind nach Parteiangaben auch zahlreiche Mitglieder der AfD vor Ort gewesen. Auch der AfD-Landesvorsitzende aus Sachsen, Jörg Urban, sei zu der Veranstaltung am Brandenburger Tor gekommen, schrieb die Bundespartei auf Twitter. Dazu postete sie ein Foto von Urban mit einem Schild mit einer Friedenstaube.
"Ein Jahr nach Beginn des Krieges brauchen wir endlich ernsthafte Bemühungen um Friedensverhandlungen statt noch mehr Eskalation!", schrieb die AfD mit Blick auf den Ukraine-Krieg. Es sei alarmierend, dass man inzwischen diskreditiert und als Verräter beschimpft werde, wenn man sich für den Frieden einsetzte.
Viele Teilnehmer in Berlin
Die Zahl der Teilnehmer ist von der Berliner Polizei auf mindestens 10.000 geschätzt worden. Das sagte ein Sprecher. Eine Sprecherin der Veranstalter sprach unterdessen von rund 50.000 Teilnehmern, es seien sehr viele Menschen gekommen.
"Es ist bereits sehr voll auf dem Platz des 18. März und es strömen weiter Menschen zur Kundgebung", hieß es in einem Tweet der Polizei. Zwischenzeitlich hielten S- und U-Bahnen nicht mehr am Brandenburger Tor.
Die Polizei ist angesichts von Versammlungen zum andauernden russischen Angriff auf die Ukraine mit 1400 Kräften im Einsatz, wie sie auf Twitter schreibt. In der Umgebung des Brandenburger Tors sind auch mehrere kleinere Gegendemonstrationen mit meist zweistelligen Teilnehmerzahlen angemeldet.
Was steht im "Manifest für Frieden"?
Auf der Webseite zur Kundgebung "Aufstand für Frieden" wurden Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Verzicht auf Partei- und Nationalfahnen aufgerufen. "Rechtsextreme Flaggen, Embleme und Symbole haben auf unserer Kundgebung keinen Platz", hieß es weiter.
Mit der Kundgebung wollen Wagenknecht und Schwarzer ihre Forderungen zum Umgang mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine untermauern. Sie hatten vor zwei Wochen ein "Manifest für Frieden" veröffentlicht, in dem sie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auffordern, "die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen". Die Frauenrechtlerin und die Linken-Politikerin rufen darin zu einem Waffenstillstand und Friedensverhandlungen mit Russland auf. Kritiker hatten Wagenknecht und Schwarzer vorgeworfen, ihr Text sei "naiv".
Auch Scholz und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) machten deutlich, dass sie die Überzeugung darin nicht teilten. Man müsse verstehen, "dass der russische Präsident gegenwärtig nur eine Form von Verhandlungen akzeptiert, nämlich dass irgendjemand bedingungslos kapituliert und er alle seine Ziele durchsetzt", sagte Scholz. Im Internet hingegen erklärten bis Samstagmittag mehr als 640.000 Menschen ihre Zustimmung zum "Manifest".