Krieg gegen die Ukraine
Nobelpreisträgerin fordert Rückkehr von Kindern aus Russland
24. Februar 2023, 6:10 Uhr aktualisiert am 24. Februar 2023, 15:35 Uhr
Die ukrainische Friedensnobelpreisträgerin Olexandra Matwijtschuk hat internationale Hilfsorganisationen aufgefordert, sich in Russland stärker für eine Rückholung der im Krieg dorthin verschleppten Kindern einzusetzen.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz habe ebenso wie die Vereinten Nationen mit ihrem Kinderhilfswerk Unicef und dem Flüchtlingskommissariat UNHCR Büros in Russland und die Ressourcen, um "deportierte" Kinder wieder in die Ukraine zurückzuführen, sagte die Menschenrechtlerin der Deutschen Presse-Agentur in einem Videogespräch.
Matwijtschuk ist Vorsitzende des ukrainischen Zentrums für bürgerliche Freiheiten (Center for Civil Liberties, CCL), das 2022 neben Menschenrechtlern aus Belarus und Russland mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde. "Wir brauchen humanitäre Anstrengungen, weil viele Ukrainer gewaltsam nach Russland deportiert wurden", sagte die 39-Jährige. "Die Organisationen müssen wenigstens versuchen, das zu tun."
Es gebe Tausende Kinder, die in Lagern "umerzogen" würden. "Der Prozess einer Erosion der ukrainischen Identität muss gestoppt werden. Es braucht Hilfe, damit diese Menschen Russland verlassen können", betonte sie. Russland weist die Anschuldigung zurück, dass Menschen verschleppt und "umerzogen" werden. Die Ukrainer würden vielmehr vor den Kampfhandlungen in Sicherheit gebracht, heißt es aus Moskau.
Auch die ukrainische Führung behauptet immer wieder, dass ukrainische Waisen gewaltsam "russifiziert" würden in Lagern. Zuletzt hatten die USA behauptet, die Kinder würden verschleppt. Moskau dagegen bezeichnet die Anschuldigungen als absurd und wirft Washington eine Dämonisierung Russlands vor. Nach Moskauer Angaben flohen Millionen Menschen aus der Ukraine vor den Kampfhandlungen nach Russland. Teile der Ostukraine waren bereits vor Beginn des Kriegs evakuiert worden.
Matwijtschuk unterstützte außerdem Forderungen der ukrainischen Regierung nach Lieferung von Kampfjets und anderen modernen Waffensystemen, weil die Menschen anders nicht vor den russischen Streitkräften zu schützen seien. "Ja, wir brauchen moderne Waffen", sagte sie. Verständnis zeigte sie nicht zuletzt für Wünsche der ukrainischen Führung, dem Land auch international geächtete Streumunition und Phosphorbomben zur Verfügung zu stellen. Diese sollten nicht in besiedelten Gebieten, sondern "nur gegen russische Soldaten" eingesetzt werden, sagte sie.
"Man muss der Ukraine helfen, schnell zu gewinnen, um (Russlands Präsident Wladimir) Putin zu stoppen, um Gebiete zu befreien", betonte die Anwältin. Putin hatte den Angriffskrieg vor genau einem Jahr am 24. Februar begonnen. "Das ist ein Krieg zwischen Autoritarismus und Demokratie", sagte Matwijtschuk. Die Ukraine kämpfe um ihre Unabhängigkeit und für Demokratie.
Erneut forderte die Juristin, Putin und auch den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, der Russland Militärbasen für die Angriffe auf die Ukraine überlässt, als Kriegsverbrecher anzuklagen. "Russland benutzt Kriegsverbrechen als Mittel der Kriegsführung. Es geht den Russen darum, den Menschen absichtlich Leid zuzufügen. Sie wollen mit Leid und Schmerz den Widerstand der Menschen brechen."
Zugleich sagte Matwijtschuk, dass die ukrainische Seite selbst auch mutmaßlichen Kriegsverbrechen eigener Soldaten bereits nachgehe und diese weiter untersuchen müsse. "Wir drängen ukrainische Behörden dazu", sagte sie. Allerdings sei unter den Zehntausenden erfassten Verbrechen die große Mehrheit der Taten den russischen Truppen anzulasten.