Gesundheit
Neue Leitstellen und Notfallzentren für Patienten geplant
13. Februar 2023, 18:13 Uhr aktualisiert am 14. Februar 2023, 6:08 Uhr
Patientinnen und Patienten in Deutschland sollen im Notfall künftig durch neue Leitstellen und Notfallzentren versorgt werden. Eine Expertenkommission der Bundesregierung übergab entsprechende Reformvorschläge in Berlin an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Das Ziel ist eine Entlastung von Notaufnahmen und Rettungsdiensten, die oft unter einem Mangel an Personal und übermäßiger Beanspruchung leiden.
"Heute ist es so, dass bis zur Hälfte derjenigen, die die Notaufnahme aufsuchen, selber angeben, dass sie kein richtiger Notfall sind", sagte Lauterbach. Viele Patientinnen und Patienten könnten etwa durch die Bereitschaftsdienste der niedergelassenen Ärzte versorgt werden.
Ein Kern der Vorschläge ist der Aufbau neuer integrierter Leitstellen in ganz Deutschland. Hilfesuchende, die sich im Notfall an den Rettungsdienst unter der Notrufnummer 112 oder an den kassenärztlichen Notdienst unter der 116117 wenden, sollen durch so eine Leitstelle eine erste telefonische oder telemedizinische Einschätzung bekommen. Auf deren Basis sollen sie einer passenden Notfallbehandlung zugewiesen werden. Das Personal könne dann etwa einen Rettungswagen rufen oder aber auch einen Termin in einer regulären Arzt-Praxis, einer Notdienst-Praxis oder einer Notaufnahme für den Patienten buchen.
"Das Ziel ist es, Notfälle, die einen unmittelbaren, sofortigen Handlungsbedarf haben, zu identifizieren und zugleich die Notfallstrukturen von den weniger dringlichen Fällen zu entlasten" sagte der Vorsitzende der Kommission, Tom Bschor. Nicht vorstellbar sei dabei aber ein Verbot für das Aufsuchen einer Notaufnahme ohne vorherigen Kontakt mit der Leitstelle.
Neu geschaffen werden sollen nach den Vorstellungen der Expertinnen und Experten zudem sogenannte integrierte Notfallzentren. Sie sollen aus einer Notaufnahme eines Krankenhauses sowie einer Notfallpraxis niedergelassener Ärztinnen und Ärzte bestehen. Die Zentren sollen an den rund 420 deutschen Kliniken mit umfassender Notfallversorgung angesiedelt werden.
Lauterbach kündigte an, Strukturen sollten aufgebrochen werden. Versorgung solle dort stattfinden, wo sie medizinisch sinnvoll sei. "Das Krankenhaus muss im Notfall nicht immer die erste Adresse sein." Aber es müsse schnelle Hilfe anbieten können.
Von großen Krankenkassen kam Zustimmung zu den Plänen. "Die Patientinnen und Patienten brauchen endlich eine zentrale Anlaufstelle und eine Notfallversorgung aus einer Hand", sagte die Vorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. TK-Chef Jens Baas meinte: "Durch solche zentralen Anlaufstellen wissen die Patientinnen und Patienten künftig sofort, wo sie hinmüssen."
Die Vizepräsidentin des Sozialverbands Deutschland, Ursula Engelen-Kefer, mahnte von Bund und Ländern zugleich eine "angemessene Finanzierung" für eine "hochwertige und ortsnahe Notfall- und Akutversorgung" an. Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand im Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen, forderte zudem, dass die Notfallzentren bundesweit gut erreichbar sein müssten.
Lauterbach kündigte an, die Reform gemeinsam mit den Ländern zu besprechen. Das für das Projekt nötige Gesetz solle auf jeden Fall "in dieser Legislaturperiode wirken". Einen genauen Zeitpunkt nannte der Minister nicht.
Die Regierungskommission hatte im vergangenen Jahr Vorschläge für eine Reform der Kliniklandschaft insgesamt vorgestellt. Zugleich hatten insbesondere viele Notaufnahmen und Rettungsdienste über Überlastung geklagt. So hatte das Bündnis pro Rettungsdienst im Dezember gewarnt: "Wir laufen Gefahr, dass das System der Notfallrettung in Deutschland zusammenbricht." Immer wieder wurde festgestellt, dass Versicherte vor allem am Wochenende mit allerlei Beschwerden in eine Notaufnahme gehen.