Außenministerin
Nato-Streit mit Türkei bestimmt Baerbocks Nordeuropa-Reise
14. Februar 2023, 13:02 Uhr aktualisiert am 14. Februar 2023, 20:30 Uhr
Außenministerin Annalena Baerbock möchte Schweden und Finnland trotz der anhaltenden Blockade der Türkei noch vor dem nächsten Nato-Gipfel im Sommer in dem Verteidigungsbündnis sehen. Die beiden nordeuropäischen Länder erfüllten die beim letzten Gipfel in Madrid vereinbarten Vorgaben, bekräftigte die Grünen-Politikerin bei einem Besuch in Stockholm.
Für die Nato als Ganzes sei es wichtig, dass die beiden Staaten dem Bündnis vor dem nächsten Nato-Gipfel im Juli in der litauischen Hauptstadt Vilnius beitreten könnten. Es sei die Erwartung, dass auch die Türkei und Ungarn den Beitritt jetzt ohne weitere Verzögerung umsetzten.
Bereits am Vortag hatte Baerbock bei einem Besuch in der finnischen Hauptstadt Helsinki mit Verweis auf Vereinbarungen vom Nato-Gipfel in Madrid im Sommer 2021 darauf gedrängt, dass die Türkei und Ungarn die Beitritte als letzte der 30 Mitglieder des Bündnisses ratifizieren. Finnland, Schweden und die Türkei hatten sich damals auf ein trilaterales Memorandum verständigt, in dem auf türkische Bedenken unter anderem zum Kampf gegen Terrorismus eingegangen worden war. Der Streit schien damals gelöst, der Weg für Schweden und Finnland frei.
Doch die Türkei blockiert die Aufnahme der Nordeuropäer bis heute: Als Reaktion auf eine Koranverbrennung vor der türkischen Botschaft in Stockholm hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan jüngst gedroht, Schweden könne bei seinem Nato-Antrag nicht mit türkischer Unterstützung rechnen. Eine Rolle spielt in dem Streit auch, dass in wenigen Monaten Wahlen in der Türkei anstehen.
Es sei richtig und wichtig gewesen, dass Schweden im Rahmen des Memorandums auf Ankara zugegangen sei, um den türkischen Sorgen zu begegnen, sagte Baerbock in Stockholm auf einer Pressekonferenz mit dem schwedischen Außenminister Tobias Billström. "Jetzt geht es aber darum, dass das, was in Madrid zugesagt wurde von allen Nato-Staaten, auch zügig und gemeinsam umgesetzt wird, damit ihr Hand in Hand mit Finnland Mitglied im Nato-Bündnis werden könnt." Von Tag eins an habe Schweden alle Kriterien der Nato erfüllt.
Angesichts der türkischen Einwände gegen Schweden signalisierte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg überraschend Offenheit für einen getrennten Beitritt der beiden Länder. Die wichtigste Frage sei nicht, ob die Türkei die Beitrittsprotokolle zusammen ratifiziere, sagte er bei einem Verteidigungsministertreffen in Brüssel auf die Frage, ob es für die Nato akzeptabel wäre, dass die Türkei zunächst nur dem Beitritt von Finnland zustimme. Zentral sei, dass beide Länder "so schnell wie möglich" offizielle Nato-Mitglieder würden.
Möglicher Hintergrund der Äußerungen von Stoltenberg ist die aktuelle Debatte in Finnland darüber, ob das Land im Falle einer anhaltenden türkischen Blockade gegen den Bündnis-Beitritt von Schweden im Zweifelsfall zunächst alleine beitreten sollte. Aus Nato-Kreisen hieß es, die Aufnahme Finnlands sei strategisch wichtiger als die von Schweden. Im Gegensatz zu Schweden hat Finnland eine gemeinsame Grenze mit Russland. Sie ist rund 1340 Kilometer lang - ziemlich genau dreimal so lang wie die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich, wie Baerbock am Montag in Helsinki betont hatte.
Die anhaltende Blockade der Türkei sorgt bereits seit Monaten für schlechte Stimmung im Bündnis. Ankara begründet seine Haltung vor allem mit der angeblichen Unterstützung Schwedens von "Terrororganisationen". Damit meint es vor allem die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.
Die Regierungen in Stockholm und Helsinki hatten zuletzt mehrmals beteuert, Ziel sei nach wie vor, zeitgleich in die Nato aufgenommen zu werden. Schwedens Außenminister Billström sagte dazu an Baerbocks Seite, man ziele weiterhin darauf ab, so schnell wie möglich Mitglied zu werden. Man müsse aber auch erkennen, dass das türkische Parlament ein Wort mitzureden habe. Daraus schließe man, dass der Ratifizierungsprozess von einer türkischen Entscheidung abhänge, die weder Schweden noch Finnland beeinflussen könne.