Sicherheit

Nach Solingen: Regierung beschließt Maßnahmenpaket

Seit dem mutmaßlich islamistischen Messeranschlag von Solingen ist noch nicht einmal eine Woche vergangen. Nun zieht die Bundesregierung Konsequenzen - nicht nur im Waffenrecht.


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Nancy Faeser (SPD, r), Bundesministerin für Inneres und Heimat, Marco Buschmann (FDP), Bundesminister der Justiz, und Anja Hajduk (Bündnis 90/Die Grünen), Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium, stellen ein Sicherheitspaket nach der Messerattacke von Solingen vor.

Von dpa

Als Konsequenz aus der tödlichen Messerattacke von Solingen hat sich die Bundesregierung auf neue Maßnahmen zum Schutz vor islamistischem Terror, gegen irreguläre Migration und zur Verschärfung des Waffenrechts verständigt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach bei der Vorstellung von "weitreichenden" und "harten" Schritten.

Unter anderem soll der Umgang mit Messern im öffentlichen Raum weiter eingeschränkt werden. Dazu zählt ein generelles Messerverbot im Fernverkehr mit Bussen und Bahnen, auf Volksfesten und bei anderen Großveranstaltungen. Darüber hinaus soll für Springmesser ein Verbot kommen, von dem aber Ausnahmen möglich sein sollen - zum Beispiel für Jäger. Die Anforderungen für waffenrechtliche Erlaubnisse sollen erhöht werden, um sicherzustellen, dass Extremisten keinen Zugang zu Waffen und Sprengstoff haben.

Streichung von Leistungen für bestimmte Asylbewerber

Die Ampel-Regierung einigte sich zudem auf die Streichung von Leistungen für bestimmte Asylbewerber. Dabei geht es um Migranten, für die ein anderer europäischer Staat zuständig wäre, der der Rücknahme zugestimmt hat. Damit soll der Druck zur Ausreise erhöht werden. Faeser betonte aber auch: "In Deutschland wird niemand verhungern und auch nicht auf der Straße schlafen." Leistungen in Deutschland sollten Betroffene dann aber nicht mehr erhalten - dafür sei dann ja das Zielland zuständig.

Menschen sollen künftig einfacher ausgewiesen werden können, wenn sie eine Straftat mit einer Waffe oder einem anderen gefährlichen Werkzeug begangen haben. Zudem sollen Migranten künftig leichter vom Schutz in Deutschland ausgeschlossen werden können, wenn sie Straftaten begangen haben. "Zukünftig können auch die Schleusungsstrafbarkeit und Straftaten mit einem antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, geschlechtsspezifischen, gegen die sexuelle Orientierung gerichteten oder sonstigen menschenverachtenden Beweggrund zum Ausschluss von der Schutzberechtigung führen", steht im Papier.

Eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern soll zudem nach Möglichkeiten suchen, das Dublin-Verfahren zu verbessern - also die Regelungen zur Abschiebung von Asylsuchenden in andere europäische Staaten, die für sie zuständig sind. Dies war beim mutmaßlichen Attentäter von Solingen der Fall, der eigentlich nach Bulgarien hätte abgeschoben werden sollen.

Wer ohne einen triftigen Grund in sein Heimatland zurückkehrt, soll den Schutz in Deutschland verlieren - beispielsweise bei Urlaubsreisen. Eine Rückkehr etwa zu einer Beerdigung solle aber möglich sein, erklärte die Staatssekretärin Anja Hajduk aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Geflüchtete aus der Ukraine sind davon ausgenommen.

Mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden

Die Befugnisse der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Islamismus sollen ausgeweitet werden. Ermittlungsbehörden sollen künftig öffentlich zugängliche Bilder biometrisch mit den Fotos von Tatverdächtigen oder gesuchten Personen abgleichen dürfen. Das für Asylverfahren zuständige Bundesamt für Migration (Bamf) soll das ebenfalls dürfen, um die Identität Schutzsuchender zu überprüfen.

Eine neue Taskforce Islamismusprävention, deren Mitglieder aus Wissenschaft und Praxis kommen soll, soll die Bundesregierung in Zukunft beraten. Das Instrument des Vereinsverbots soll gegen islamistische Vereine weiter genutzt werden.

Buschmann nennt Paket sinnvoll und nützlich

Justizminister Marco Buschmann (FDP) sprach von einem sinnvollen und nützlichen Paket, um die Sicherheitslage in Deutschland zu verbessern und bei der Migration eine noch verschärfte Realpolitik durchzuführen.

Beim mutmaßlich islamistischen Anschlag von Solingen hatte ein Angreifer vergangenen Freitagabend auf einem Stadtfest drei Menschen mit einem Messer getötet und acht weitere verletzt. Mutmaßlicher Täter ist der 26-jährige Syrer Issa Al H., der in Untersuchungshaft sitzt. Die Bundesanwaltschaft ermittelt gegen ihn unter anderem wegen Mordes und wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Diese hatte die Tat für sich reklamiert. Der mutmaßliche Täter hätte eigentlich im vergangenen Jahr nach Bulgarien abgeschoben werden sollen, was aber scheiterte.

Arbeitsgruppe mit Opposition soll nächste Woche tagen

Die Arbeit an dem Maßnahmenpaket hatte bereits am Wochenende nach dem Anschlag begonnen. Es solle nun so schnell wie möglich umgesetzt werden, sagte Faeser - jedenfalls nicht erst im nächsten Jahr. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte zudem am Mittwoch Gespräche mit den Ländern und der Union als größter Oppositionskraft angekündigt. Eine Arbeitsgruppe, der Vertreter aller drei Ampel-Parteien angehören, soll nächste Woche erstmals zusammenkommen.

Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Boris Rhein, sagte die Teilnahme seines Innenministers Roman Poseck (beide CDU) kurz vor der Vorstellung des Sicherheitspakets zwar zu. Gleichzeitig machte er aber klar, dass er den Vorstoß skeptisch sieht. "Wir brauchen jetzt kein Brainstorming mit der Bundesregierung, sondern die Bundesregierung braucht die Bereitschaft zum Schlussstrich. Wir brauchen eine Zeitenwende in der Migrationspolitik – und zwar jetzt", sagte Rhein der Deutschen Presse-Agentur. Er forderte unter anderem die Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten außerhalb der Europäischen Union, mehr sichere Herkunftsstaaten und den Entzug der Staatsbürgerschaft für Straftäter und Gefährder.

Die geplanten Maßnahmen im Überblick

  • Waffenrecht verschärfen: Der Einsatz von gefährlichen Springmessern soll eingeschränkt werden, bei Volksfesten und anderen Veranstaltungen soll ein generelles Messerverbot gelten (außer natürlich für die Gastronomie). Die Bundespolizei kann Kontrollen durchführen.
  • Weniger Leistungen: Schutzsuchende, für die ein anderes EU-Land zuständig ist, sollen in Deutschland keine Leistungen mehr erhalten. Die Rücküberstellungen der betroffenen Personen an diese Länder sollen erhöht werden, wenn die Staaten dazu bereit sind.
  • Abschiebungen erleichtern: Die Schwelle für Straftaten, die zur Ausweisung oder zum Ausschluss eines Asyl- oder Flüchtlingsstatus führen können, wird gesenkt. Auch ein antisemitisches Motiv kann dafür ausreichen.
  • Islamistischen Extremismus bekämpfen: Die Ermittler sollen verstärkt künstliche Intelligenz nutzen, um Tatverdächtige zu identifizieren. Daten aus dem Internet, zum Beispiel Fotos von Gesichtern, dürfen zur Fahndung eingesetzt werden.
  • Radikalisierung verhindern: Eine Taskforce aus Wissenschaftlern und Praktikern soll herausfinden, wie sich die Radikalisierung gerade junger Islamisten zum Beispiel über Online-Medien besser unterbinden lässt.
  • Migrationsabkommen vorantreiben: Die noch laufenden Verhandlungen mit Drittländern außerhalb der EU zur Aufnahme von Flüchtlingen, darunter Moldau, Kenia und die Philippinen, sollen zum Abschluss gebracht werden.

1 Kommentare:


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Christian L.

am 29.08.2024 um 16:34

Unsere BlaBla Ministerin... Nach §42Waffg sind Messer auf öffentlichen Veranstaltungen doch schon verboten. Das Messer von Solingen hatte eine Klinge mit 15cm und wäre also ohnehin schon verboten gewesen.... Glaubt Frau Faeser das Sie damit irgend einen Täter aufhält wenn Sie nochmal was verbietet was schon verboten ist ? Was für ein Schwachsinn !



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