Politik

Markus Blume im AZ-Interview: "Wir müssen die Taktfolge einhalten!"

Die AZ hat mit Wissenschafts- und Kunst-Minister Markus Blume über die schwierige Situation vieler Studenten, anstehende Sanierungen in München und die Zukunft der Kultur gesprochen.


Markus Blume

Markus Blume

Von Markus Peherstorfer, Uli Karg

AZ-Interview mit Markus Blume: Der studierte Politikwissenschaftler ist seit 2022 Staatsminister für Wissenschaft und Kunst in Bayern. Mit seiner Schwester war der 48-Jährige in jungen Jahren ein erfolgreicher Eistänzer.

AZ: Herr Blume, die Bundesregierung hat den Studierenden 200 Euro Energiepreispauschale versprochen, und zwar noch in diesem Winter. Mittlerweile ist Frühling. Wo ist das Geld?
MARKUS BLUME: Hoffentlich jetzt schon auf dem Weg! Es war leider eine mühsame Hängepartie über Monate. Wir hatten als Länder viele Hinweise an den Bund gegeben, wie man schneller zum Ziel kommen könnte. Immerhin: Das Portal ist jetzt am Start. Es wird auch sehr gut angenommen. Das zeigen die aktuellen Zahlen: Die Antragsquote in Bayern liegt inzwischen bei über 50 Prozent und ist damit deutlich höher als im restlichen Bundesgebiet. Das liegt auch daran, dass wir an unseren Hochschulen funktionierende Campusmanagementsysteme haben, über die jeder Studierende in Bayern umgehend informiert wurde.

Auch die Staatsoper hat Renovierungsbedarf.

Auch die Staatsoper hat Renovierungsbedarf.

Das Deutsche Studierendenwerk fordert angesichts der hohen Inflation eine neuerliche Anhebung des Bafög. Teilen Sie diese Forderung?
Ich möchte mich diesen Überlegungen nicht verschließen. Klar ist aber auch: Der Bund ist hier zuständig. Wir haben nach wie vor eine galoppierende Inflation, die von der Bundesregierung durch manche Beschlüsse sogar noch befeuert wurde. Deshalb ist es auch ihre Aufgabe, zu überlegen, wie man Abhilfe schaffen kann. Die 200-Euro-Einmalzahlung deckt jedenfalls nur einen Bruchteil dessen ab, was an zusätzlichen Kosten von jedem zu tragen ist. Wir versuchen als Freistaat deshalb an anderer Stelle zu helfen, zum Beispiel mit dem 29-Euro-Ticket - als echter Mehrwert für alle Studierenden.

Die Gewerkschaften Verdi und GEW beklagen schlechte Arbeitsbedingungen für studentische Beschäftigte, etwa viele unbezahlte Überstunden. Sie fordern, dass über Tarifverträge zu regeln. Gibt es da aus Ihrer Sicht Handlungsbedarf?
Aus meiner Sicht liegt der akute Handlungsbedarf darin, dass man dem wissenschaftlichen Nachwuchs Perspektiven gibt. Wir haben das in Bayern gemacht. Mit der Hightech-Agenda sind Tausende zusätzliche Stellen geschaffen worden. Davon profitiert die gesamte Hochschulfamilie - vom Spitzenprofessor bis zur studentischen Hilfskraft. Wir haben mit unserem neuen Hochschulinnovationsgesetz auch dafür gesorgt, dass sich die Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach dem Hochschulpersonalgesetz wissenschaftliche Hilfskräfte waren, in Zukunft am Tarifvertrag der Länder bemisst. Das ist ein Riesenfortschritt.

Das Bundesbildungsministerium hat Eckpunkte zu einer Novelle des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes vorgelegt. Wie schätzen Sie die ein?
Das Bundesministerium schaut im Moment mehr auf die schnelle Schlagzeile als auf das solide Durcharbeiten von Gesetzentwürfen. Das war schon bei der 200-Euro-Einmalzahlung so und bewahrheitet sich jetzt aufs Neue. Wenn es massive Fundamentalkritik von allen Seiten gibt, ist es wahrscheinlich besser, den gesamten Entwurf noch mal komplett in die Montagehalle zu nehmen. Ich kann dem Bund nur generell empfehlen, mehr Zeit und mehr Geld in Wissenschaft und Forschung zu investieren. Mir fehlt hier in vielen Bereichen die Ambition. Das globale Wettrennen um die besten Köpfe und die neuesten Technologien hat längst begonnen. Deutschland darf hier nicht den Anschluss verlieren.

Viele Kulturbaustellen haben Sie in München. Wie konkret sind die Verhandlungen zur Paketposthalle als Interimslösung während der Sanierung der Staatsoper?
Halt! Wir müssen schon die richtige Taktfolge einhalten. Wir wissen, dass wir in den nächsten Jahren in München und in ganz Bayern viel Geld in die Hand nehmen müssen, um unsere bauliche Infrastruktur in Schuss zu halten und vielleicht an der einen oder anderen Stellen noch neue Akzente zu setzen. Dazu ist es eben notwendig, sich die Kräfte richtig einzuteilen. Das findet gerade statt. Wir versuchen, die verschiedenen Maßnahmen zu priorisieren und in eine zeitliche Abfolge zu bringen.

Was heißt das für die Staatsoper?
Dass die Staatsoper als eines der kulturellen Flaggschiffe des Freistaats hier auch eine Rolle spielt, ist klar. Aber zunächst muss der Zeitraum einer Sanierung klar sein, dann erst kann die Suche nach einer Interimslösung beginnen. Ich kann nur sagen, dass ich die Pläne für die Paketposthalle als sehr spannend empfinde, als echte Bereicherung für München. Ich freue mich zu sehen, was daraus in den nächsten Jahren noch werden kann.

Sie wollten doch "auf jeden Fall in dieser Legislaturperiode" noch einen "Masterplan Kultur in München" vorlegen.
Das gilt.

So lange ist die Legislaturperiode ja nicht mehr.
Daraus können Sie messerscharf schlussfolgern, dass der Masterplan, übrigens für ganz Bayern, so gut wie steht.

Endet dann auch die Denkpause des Ministerpräsidenten in Sachen Konzerthaus?
Mit dem Denken sollte man nie aufhören. Gerade in einer Zeit, in der wir von weltweiten Krisen gebeutelt sind und die öffentlichen Haushalte zum Bersten angespannt sind, ist es umso wichtiger, sich ehrlich zu machen, was wann geht und was vielleicht auch nicht geht. Wir haben uns bewusst entschieden, die Planungen für das Konzerthaus in München nicht zu stoppen, sondern auch da weiterzudenken, damit man am Ende tatsächlich weiß, was das kosten wird und wie es in Deckung gebracht werden kann mit den anderen Anforderungen, die wir in München und in ganz Bayern in der Kultur haben.

Ihre Haushaltspolitiker sagen: Es kann gar nicht in Deckung gebracht werden.
Wie gesagt, erst müssen wir tatsächlich wissen, was es kosten wird.

Ist das dann eine Beerdigung zweiter Klasse?
Die Denkpause ist wichtig, denn sie ist Teil dessen, was in ein Gesamtkonzept für Bayerns Kultur einfließen muss. Abgesehen davon: Ich würde mir wünschen, dass sich noch mehr privates Engagement zeigt. Da müssen wir vielleicht Ideen wie die einer Kulturstiftung ins Auge fassen. So wie bei vergangenen großen Herausforderungen sind wir auch jetzt wieder an einem Punkt, wo wir die Unterstützung der Bürgerschaft brauchen.

Was ist mit der längst beschlossenen Sanierung des Hauses der Kunst?
Sie wird notwendig werden und sie wird auch kommen. Die Idee, dass man einfach einen Eimer reinstellt, wenn's reinregnet, und das dann zu Kunst erklärt, die trägt vielleicht mal für ein Jahr, aber nicht auf Dauer. Übrigens bin ich fasziniert von dem, was Andrea Lissoni mit seinem Team in den letzten Jahren gezeigt hat. Auch deshalb: Wir wissen um unsere Verantwortung für das Haus der Kunst.