Trump vs. Biden
Letztes TV-Duell vor US-Wahl: Wer konnte punkten?
23. Oktober 2020, 10:03 Uhr aktualisiert am 23. Oktober 2020, 10:03 Uhr
Das erste TV-Duell zwischen US-Präsident Donald Trump und seinem Herausforderer Joe Biden versank zeitweise im Chaos. Das zweite und letzte Aufeinandertreffen der beiden vor der Wahl verlief dagegen deutlich gesitteter. Wer konnte die Zuschauer dabei überzeugen? Prof. Dr. Stephan Bierling ordnet das TV-Duell für idowa ein.
Stephan Bierling ist Inhaber der Professur für Internationale Politik und transatlantische Beziehungen an der Universität Regensburg. In seinem aktuellen Buch "America First: Donald Trump im Weißen Haus", das im August bei C.H. Beck erschienen ist, beschäftigt er sich ausführlich mit der Ära Trump. Bierling hat das finale Aufeinandertreffen von Donald Trump und Joe Biden vor der Wahl am 3. November in sechs Rubriken bewertet.
Themen
Prof. Dr. Stephan Bierling: Corona war diesmal das alles bestimmende Thema. Es hängt wie ein Mühlstein um Donald Trumps Hals, dementsprechend hat sein Herausforderer Joe Biden es auch ins Zentrum seiner Argumentation gestellt. Biden war dabei inhaltlich tiefer und konnte insgesamt mehr punkten. Man muss allerdings auch Trump zugute halten, dass er nicht ganz so versagt hat wie im ersten Duell. Das war allerdings nicht schwer, schließlich gab es dabei im Grunde keine wirkliche inhaltliche Auseinandersetzung und Debatte über Themen.
Auftreten
Bierling: Das Auftreten der beiden war diesmal markant anders. Das dürfte vor allem auf die Entscheidung, die Mikrofone während des Statements des jeweils anderen abzuschalten, zurückzuführen sein. Trump hat Biden und auch Moderator Chris Wallace im vergangenen Duell oft unterbrochen, er hat sich verhalten wie ein Schulhof-Rowdy. Das haben ihm viele Zuschauer übel genommen. Diesmal hat er sich zurückgehalten. Trotzdem ist Joe Biden insgesamt besser aufgetreten. Er hatte mehr Substanz.
Taktik
Bierling: Donald Trump hat sich in taktischer Hinsicht deutlich besser angestellt als das letzte Mal. Dafür musste er sich aber sehr verstellen und im Grunde so verhalten, als sei er eben nicht Donald Trump. Er hat sich staatsmännischer präsentiert als zuletzt. Joe Bidens Bestreben war eher, keine großen Fehler zu machen. Wir alle wissen, dass er kein guter Redner ist, aber er ist besonnen und ehrlich aufgetreten. Es ist schwer, hier einen eindeutigen Sieger zu bestimmen. Ich denke aber, dass insgesamt Joe Biden die Nase vorn hatte.
Wählermotivation
Bierling: Für beide ging es vor allem darum, die eigenen Wähler zu mobilisieren. Klassische Wechselwähler gibt es in den USA kaum noch, den letzten Unentschlossenen hat Trump mit seinem Auftritt keinen Grund gegeben, ihn zu verdammen. Das kann er als Erfolg verbuchen. Allerdings hat sich ein Großteil der Amerikaner bereits entschieden, fast ein Viertel hat auch schon per Briefwahl abgestimmt. Und die Umfragen haben zuletzt stabil Biden vorne gesehen.
Bemerkenswert
Bierling: Bemerkenswert war vor allem die Entscheidung der Moderation, das Mikrofon der Kandidaten während des Statements des jeweils anderen auszuschalten. Das hat viel zur Debattenkultur beigetragen und könnte ein Modell für die Zukunft sein. Außerdem hat sich Joe Biden diesmal beim Thema Energiewende deutlicher vorgewagt und klarere Worte gefunden als zuletzt. Er hat etwa gesagt, dass er die Wirtschaft von Öl schrittweise auf erneuerbare Energien umstellen will. Das könnte ihn in Swing-States, die stark von der Ölindustrie abhängig sind, zum Beispiel Pennsylvania, vielleicht noch einige Stimmen kosten.
Perspektive
Bierling: Es war defintiv kein Home-Run, kein klarer Sieg, aber insgesamt hat sich Joe Biden in diesem letzten Duell besser verkauft. Er hat leichte Vorteile auf seiner Seite und ist in den Umfragen der Favorit. Ich gehe deswegen fest davon aus, dass der 46. Präsident der USA Joe Biden heißen wird.