Russische Invasion
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
3. Mai 2023, 5:23 Uhr
Russland wirft der Ukraine einen versuchten Drohnen-Anschlag auf Kremlchef Wladimir Putin vor und droht offen mit Gegenmaßnahmen.
Die Regierung in Kiew wies die Anschuldigung scharf zurück: Man führe ausschließlich einen Verteidigungskrieg und greife daher keine Objekte auf russischem Staatsgebiet an, schrieb Präsidentenberater Mychajlo Podoljak auf Twitter. Präsident Wolodymyr Selenskyj will am 13. Mai auf Einladung von Kanzler Olaf Scholz nach Berlin kommen, wie eine Sprecherin der Berliner Polizei auf dpa-Anfrage berichtete. Am 14. Mai soll Selenksyj zudem in Aachen den Karlspreis erhalten.
Das russische Präsidialamt berichtete, in der Nacht seien zwei Drohnen zum Absturz gebracht worden, die auf das Kreml-Gelände zugeflogen seien. Putin sei jedoch nicht dort gewesen. "Wir betrachten diese Handlungen als einen geplanten Terrorakt und Anschlag auf das Leben des Präsidenten der Russischen Föderation", stand in einer Mitteilung des Kreml. "Die russische Seite behält sich das Recht vor, Gegenmaßnahmen zu ergreifen." Vor der bald erwarteten ukrainischen Gegenoffensive hatte es in den vergangenen Tagen mehrere Anschläge auf russische Infrastruktur gegeben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Vorwürfe zurückgewiesen. "Wir greifen weder Putin noch Moskau an, wir kämpfen auf dem eigenen Territorium und verteidigen unsere Dörfer und Städte", sagte der 45-Jährige auf einer Pressekonferenz in der finnischen Hauptstadt Helsinki. Moskau denke sich so etwas aus, da Russland den vor etwas mehr als 14 Monaten begonnenen Krieg gegen die Ukraine bereits verloren habe. Der Kreml versuche so, seine Soldaten für den Krieg gegen Kiew zu motivieren.
In sozialen Netzwerken war in der Nacht ein Video aufgetaucht, das eine kleine Rauchwolke in der Nähe des Kremls zeigt. Später kursierte zudem ein Clip, der den Moment der Zerstörung durch die Luftabwehr zeigen soll. Die Aufnahmen konnten zunächst nicht verifiziert werden.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte zu einem möglichen Selenskyj-Besuch in Berlin, zu den Terminen des Bundeskanzlers äußere man sich erst am Freitag der Vorwoche. Normalerweise werden die seltenen Auslandsbesuche des ukrainischen Präsidenten aus Sicherheistgründen erst kurz vorher oder gar nicht angekündigt.
Die Karlspreis-Veranstalter in Aachen hatten angegeben, sich auf eine persönliche Teilnahme des Präsidenten vorzubereiten, diese sei aber noch offen. Der Karlspreis wird seit 1950 an Persönlichkeiten verliehen, die sich um die Einheit Europas verdient gemacht haben.
Es wäre der erste Besuch Selenskyjs in Deutschland nach dem Angriff Russlands auf die gesamte Ukraine im Februar 2022. In Deutschland war er zuletzt im Juli 2021, um die damalige Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu besuchen. Selenskyj traf zu einem unangekündigten Besuch in der finnischen Hauptstadt Helsinki ein.
Zuletzt hatten sich Anschläge in Russland gehäuft. Am Wochenende wurde mit einer Drohne ein Treibstofflager auf der Krim in Brand gesetzt. In der westrussischen Region Brjansk entgleisten kurz nacheinander zwei Güterzüge nach Explosionen. Im Süden Russlands östlich von der Krim geriet in der Nacht ein weiteres Treibstofflager in Brand. Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass berichtete auch hier von einem Drohnenangriff.
Die betroffenen Regionen liegen alle in der Nähe zur Ukraine. Eine Gegenoffensive zur Befreiung der von Russland besetzten Gebiete wird in naher Zukunft erwartet. Die Anschläge könnten Teil der Vorbereitung sein.
Bei seinem Besuch in Helsinki dankte Selenskyj den Finnen für die anhaltende Unterstützung. Bei einer Pressekonferenz mit Präsident Sauli Niinistö zeigte sich Selenskyj zuversichtlich, dass Kiew auch bald westliche Kampfjets erhalten werde.
Niinistö äußerte sich dazu mit Blick auf die veralteten Hornet-Jets Finnlands zurückhaltend. Selenskyj entgegnete mit einem Lächeln: "Aber uns gefallen Ihre Flugzeuge, nur damit Sie es wissen." Für den Nachmittag hatte Niinistö auch die Regierungschefs Schwedens, Norwegens, Dänemarks und Islands zu einem Treffen mit Selenskyj eingeladen.
Im südukrainischen Gebiet Cherson sind durch russischen Beschuss nach Angaben von Präsident Selenskyj mindestens 21 Zivilisten getötet worden. 48 weitere wurden verletzt. "Dies ist eine blutige Spur, die Russland mit seinen Granaten hinterlässt", schrieb er am Abend auf Telegram. "Wir werden den Schuldigen nie verzeihen."
Die Ukraine kann auf deutlich mehr Munitionslieferungen aus der EU hoffen. Nach einem präsentierten Plan der EU-Kommission soll die europäische Rüstungsindustrie mit finanziellen Anreizen in Milliardenhöhe zu einem schnellen Ausbau der Produktion bewegt werden. Zudem legten die Regierungen der EU-Staaten einen wochenlangen Streit über die gemeinsame Beschaffung von Artilleriegeschossen und Raketen für die Ukraine bei. Die Einigung sieht vor, dafür in den kommenden Monaten bis zu eine Milliarde Euro bereitzustellen.
Hintergrund der Pläne sind insbesondere die Schwierigkeiten der EU-Staaten, der Ukraine ausreichend Munition zu liefern. Ein Ausbau der Produktion soll nun weitere Engpässe der ukrainischen Streitkräfte verhindern und auch dafür sorgen, dass die EU-Staaten selbst verteidigungsfähig bleiben und ausreichend Vorräte vorhalten können.