Russische Invasion
Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage
18. Februar 2023, 6:11 Uhr aktualisiert am 18. Februar 2023, 18:32 Uhr
Während am zweiten Tag der Münchner Sicherheitskonferenz weiter der russische Angriffskrieg auf sein Nachbarland im Fokus steht, wurde in der Ukraine am Samstag wegen neuer russischer Luft- und Raketenangriffe nach Angaben der dortigen Behörden in mehreren Regionen Luftalarm ausgelöst und zeitweise der Strom abgeschaltet.
"Der Feind nutzt die taktische Luftwaffe, besonders im Luftraum der besetzten Gebiete, und startet Raketen", berichtete der Leiter des Präsidialbüros, Andrij Jermak, in Kiew. An die Bevölkerung appellierte er, den Luftalarm nicht zu ignorieren. Als Vorsichtsmaßnahme sei in der Hauptstadt und deren Umland sowie im Industriegebiet Dnipropetrowsk und in der Schwarzmeer-Region Odessa der Strom abgeschaltet worden, teilte der Energieversorger DTEK mit.
Mindestens zwei Einschläge meldete die Region Chmelnyzkyj im Westen des Landes. "In Chmelnyzkyj war eine Explosion zu hören. Bleiben Sie in Deckung", warnte Militärgouverneur Serhij Hamalij die Bevölkerung auf seinem Telegram-Kanal. Kurz darauf berichtete er von einer zweiten Explosion. Der Militärgouverneur der Schwarzmeer-Region Mykolajiw, Witalij Kim, zeigte in seinem Telegram-Kanal das Foto einer angeblich abgeschossenen russischen Rakete. Zwei Raketen hätten das Gebiet aber Richtung Westen überflogen, warnte er.
Die ukrainischen Streitkräfte meldeten derweil den Abschuss zweier russischer Marschflugkörper des Typs Kalibr. Diese seien von Schiffen der russischen Schwarzmeer-Flotte Richtung Ukraine abgefeuert worden. Am Vormittag wurde der Luftalarm in den meisten Regionen wieder aufgehoben.
Das russische Militär nahm nach eigenen Angaben eine weitere Ortschaft im Gebiet Charkiw im Nordosten der Ukraine ein. "Im Raum Kupjansk wurde die Ortschaft Hrjanykiwka im Gebiet Charkiw durch Angriffshandlungen der Heeresgruppe "West" vollständig befreit", sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau, Igor Konaschenkow. Im Herbst hatten die russischen Truppen in der Region eine Niederlage erlitten und mussten sich fast vollständig aus dem Gebiet zurückziehen.
Hrjanykiwka liegt wenige Kilometer östlich des Flusses Oskil, den die Russen bei ihrem Rückzug zunächst als neue Verteidigungslinie aufbauen wollten. Dann mussten sie sich jedoch deutlich weiter zurückziehen. Die Front verlief weitgehend an der Gebietsgrenze zwischen Charkiw und Luhansk. Nur im Norden, der an Russland grenzt, konnten sie sich halten. Inzwischen hat das russische Militär in der Region aber teilweise die Initiative zurückerobert und konnte die Rückgewinnung einiger Ortschaften vermelden.
Die USA gehen davon aus, dass bereits etwa 200.000 Russen im Krieg gegen die Ukraine getötet oder verwundet wurden. Es gebe entsprechende Berechnungen, sagte US-Außenminister Antony Blinken am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Hinzu kämen mehr als eine Million Russen, die ihr Land verlassen hätten, weil sie nicht Teil des Krieges sein wollten. Tausend oder noch mehr Unternehmen machten keine Geschäfte mehr in Russland, weil sie Reputationsschäden fürchteten. "Schauen sie sich an, was Putin seinem Land angetan hat", sagte Blinken mit Blick auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Von der Söldnertruppe Wagner sind nach Einschätzung der US-Regierung im Angrifskrieg bereits etwa 9000 Soldaten getötet worden. Etwa die Hälfte der Männer seien seit Mitte Dezember gefallen, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, im Weißen Haus. Insgesamt seien seit Kriegsbeginn vor fast einem Jahr nach Erkenntnissen der US-Geheimdienste etwa 30.000 Angehörige der Wagner-Truppe verwundet oder getötet worden. Angaben aus dem Kriegsgebiet sind von unabhängiger Seite oft kaum zu überprüfen.
Kirby sagte über die Wagner-Truppe, die von dem Russen Jewgeni Prigoschin geleitet wird, einem Vertrauten von Präsident Wladimir Putin: "Sie behandeln ihre Rekruten - größtenteils Sträflinge - im Grunde genommen wie Kanonenfutter. Sie werfen sie buchstäblich in einen Fleischwolf, auf unmenschliche Weise, ohne zu zögern."
Als Teil der Militärhilfe für die Ukraine bereitet die polnische Regierung ein Werkstattzentrum ("Hub") für die Instandsetzung von Kampfpanzern des Typs Leopard vor. Darüber habe er auch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gesprochen, schrieb Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki, der an der Münchner Sicherheitskonferenz teilnahm, auf Twitter.
"In Polen haben wir verschiedene Produktionskapazitäten für Munition unterschiedlicher Kaliber für unsere eigene Versorgung, aber auch die der Ukraine errichtet", schrieb er weiter. Am Vortag hatte es auch Gespräche mit der deutschen Rüstungsindustrie gegeben.
Der Nachrichtenagentur PAP sagte Morawiecki, es gehe um Reparatur und Modernisierung von Leopard-Panzern, die demnächst an die Ukraine übergeben werden sollen. "Heute treffe ich mich mit der Geschäftsführung von Rheinmetall, um diese Gespräche fortzusetzen. Wir wollen nicht nur die Leopard-Panzer modernisieren, die wir in unserem Bestand haben, sondern auch die, die aus der Ukraine zurückkommen, die wollen wir reparieren, modernisieren können."