IAEA-Chef in Teheran
Iran stimmt genaueren Atominspektionen zu
4. März 2023, 18:50 Uhr aktualisiert am 5. März 2023, 16:34 Uhr
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat das Recht seines Landes bekräftigt, sich vor einer nuklearen Aufrüstung des Irans zu schützen. Netanjahu reagierte damit am Sonntag auf Äußerungen des Generalsekretärs der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, nach einem Iran-Besuch.
"Der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde, Rafael Grossi, hat gerade in Teheran gesagt, ein israelischer Angriff gegen iranische Atomanlagen sei illegal. Gegen welches Recht? Darf der Iran, der offen unsere Zerstörung fordert, die zerstörerischen Waffen verteidigen, die uns abschlachten würden?", fragte Netanjahu nach Angaben seines Büros. "Dürfen wir uns verteidigen? Es ist klar, dass wir es dürfen, und es ist klar, dass wir es tun werden." Er sprach in dem Zusammenhang von "Diskussionen und Aktionen rund um die Uhr". Netanjahu erklärte weiter: "Ich sage dies, weil nichts uns davon abhalten wird, unser Land zu verteidigen und unsere Feinde daran zu hindern, den jüdischen Staat auszulöschen."
Im Vorjahr mussten die IAEA-Experten im Iran Kameras und andere Überwachungsgeräte abbauen. Nun sollen diese in Kürze wieder in Betrieb gehen, kündigte Grossi nach seiner Rückkehr von Teheran nach Wien an. Der IAEA-Chef beschrieb die neue Vereinbarung in einer Pressekonferenz als ein "Abbinden, um das Ausbluten des Informationsflusses zu stoppen." Teheran erlaube auch häufigere Besuche von Inspektoren in Fordo, sagte Grossi. Details zu dem verbesserten Inspektionsmodus müssten jedoch noch von den beiden Seiten geklärt werden, hieß es in der gemeinsamen Erklärung.
Grossi war in den Iran gereist, um einen besseren Zugang für IAEA-Inspektoren zu erreichen. Außerdem wollte er Fragen zu mutmaßlichen geheimen Atom-Aktivitäten in der Vergangenheit ansprechen. Dabei geht es vor allem um die ungeklärte Herkunft von Spuren radioaktiven Materials an drei Orten. Der Iran sei bereit, dazu weitere Informationen bereitzustellen und Inspektionen zu erlauben, hieß es in der gemeinsamen Erklärung. "Bislang bekamen wir nicht die Kooperation, die wir anstrebten", sagte Grossi in Wien. Die jahrelangen Gespräche zu den offenen Fragen würden nun schon "zu lange" dauern.
In einem Interview mit der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA sagte der Sprecher der iranischen Atomenergieorganisation AEOI, Behrus Kamalwandi, man werde Kontrolleuren keinen persönlichen Zugang zu Nuklear-Anlagen gewähren. Auch Kontrollen an drei Orten, an denen mutmaßlich radioaktive Spuren gefunden wurden, seien nicht vereinbart worden, sagte Kamalwandi am Sonntag.
In Teheran sprach Grossi am Samstag von einer kooperativen Atmosphäre. Irans Atomchef sagte, mit der IAEA sei ein Plan erarbeitet worden, die offenen Streitpunkte zu klären. "Wir hoffen, dass der Besuch von Grossi zu einer professionellen Zusammenarbeit in der Zukunft führen wird", sagte Mohammed Eslami. Nach seinen Worten reichert der Iran das Uran nicht über einen Reinheitsgrad von 60 Prozent an. Eslami kündigte eine internationale Atomkonferenz in Teheran an.
Grossi traf bei seinem Besuch auch erstmals den iranischen Präsidenten Raisi. Zuvor hatte Außenminister Hussein Amirabdollahian den IAEA-Chef empfangen. Amirabdollahian betonte laut einer Mitteilung des Außenministeriums Irans Bereitschaft, technische Fragen der Kontrollen des iranischen Atomprogramms schnellstmöglich zu klären.
Teheran machte die Zugeständnisse kurz vor Beginn einer regulären Sitzung des IAEA-Gouverneursrates am Montag. Das Gremium hatte den Iran im vergangenen Jahr zweimal wegen mangelnder Kooperation mit der IAEA verurteilt.
Der Iran verpflichtete sich 2015, sein Atomprogramm einzuschränken. Im Gegenzug wurden westliche Sanktionen aufgehoben. Der Pakt sollte verhindern, dass das Land Atomwaffen entwickelt. Nachdem die USA 2018 unter dem damaligen Präsidenten Donald Trump aus dem Abkommen ausgestiegen waren, machte Teheran die Beschränkungen rückgängig. Verhandlungen zur Rettung des Abkommens liegen auf Eis. Der Iran hatte immer wieder beteuert, sein Atomprogramm nur zivil zu nutzen.