AZ-Interview
Helmut Markwort: Massive Kritik an den Öffentlich-Rechtlichen
8. März 2019, 6:22 Uhr aktualisiert am 8. März 2019, 6:22 Uhr
Der Journalist und FDP-Abgeordnete Helmut Markwort hat die Verschwendung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk dick.
München - Seit Herbst sitzt Helmut Markwort für die FDP im Bayerischen Landtag. Eine träge Truppe sei hier versammelt, lästert der langjährige Chef des Magazins "Focus", der sich selbst als Tempo-Menschen bezeichnet. Ein AZ-Gespräch über Rundfunkbeiträge, Quoten und die Ziehung der Lottozahlen im Saarland.
AZ: Herr Markwort, Sie haben kürzlich im Landtag tüchtig auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geschimpft. Weil man Sie nicht im BR-Rundfunkrat haben will?
HELMUT MARKWORT: Diese Frage kränkt mich, weil ich diese Position schon seit Jahrzehnten vertrete. Ich war ja 20 Jahre lang Chefredakteur vom Gong und habe eine wöchentliche Kolumne geschrieben. In der sind alle diese Kritikpunkte am öffentlich-rechtlichen System, das ich grundsätzlich befürworte, schon vorgekommen. Die Geldverschwendung, die Aufblähung der Anstalten und so weiter habe ich schon immer kritisiert.
Wettlauf mit den Privaten um Einschaltquoten, Vernachlässigung des öffentlich-rechtlichen Auftrags - haben wir noch etwas vergessen, was Ihnen an den Öffentlich-rechtlichen missfällt?
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist ja gut ausgestattet. Pro Jahr kommen acht Milliarden Euro an Gebühren zusammen, dazu noch eine Milliarde von Immobilien, Werbung und Sonstigem. Das macht diese Anstalten stolz und unabhängig von Quotenguckerei und Werbung. Trotzdem bemühen sie sich angestrengt und selbst-kommerzialisierend um hohe Einschaltquoten und Massengeschmack, um den Werbekunden zu sagen: Wir treffen auch den Massengeschmack, gebt uns Werbegelder.
Also den Rundfunkbeitrag noch etwas erhöhen, damit die Anstalten keine Werbegelder mehr brauchen?
Nein, die müssen mit der Verschwendung aufhören. Wenn sie keine Werbung mehr hätten, würden ja auch die vielen GmbHs und Werbetöchter verschwinden, die sich alle Anstalten zugelegt haben. Im Bundeswahlprogramm der FDP finden Sie die Punkte, die ich als medienpolitischer Sprecher der FDP im Bayerischen Landtag angesprochen habe, auch. Da ist sogar von einer Halbierung der Gebühren die Rede. Damit bin ich nicht so einverstanden, weil ich weiß, welche ungeheuren Pensionsverpflichtungen die Sender seit Urzeiten haben. Wenn man sagt, das Geld geht dort in die Verwaltung, ist das nicht ganz richtig. Es geht zum großen Teil in die Altersversorgung.
Markwort: "Erst Reformen, dann kann man über Gebühren reden"
Sie ärgern sich aber auch über die "Zwergsender".
Ich habe schon vor 30 Jahren den Unfug der Zwergsender Radio Bremen und Saarländischer Rundfunk angeprangert. Dass jetzt im Saarland die Lottozahlen gezogen werden, ist eine Alibiveranstaltung, damit sie überhaupt noch etwas zur ARD beitragen. Das ist Krampf.
Die Anstalten wollen eine Gebührenerhöhung.
Erst Reformen, dann kann man über Gebühren reden.
In Ihrer Rede als Alterspräsident im Bayerischen Landtag haben Sie den Abgeordneten ins Gewissen geredet. Sie wollten ihr Selbstbewusstsein stärken. Hat das genutzt?
Bei einigen hat es schon eine Wirkung gezeigt, andere haben sich daran gestört. Die Parlamente sind von der Verfassung mit viel mehr Macht und Kompetenz ausgestattet, als sie ausüben. Zum Beispiel steht in der bayerischen Verfassung, dass der Landtag der Berufung jedes Ministers einzeln zustimmen muss. Ich war für Einzelabstimmung gewesen, aber das konnte ich nicht durchsetzen.
Also hat Ihr Appell in der ersten Sitzung des Parlaments eher wenig gefruchtet? Die Regierungsfraktionen sind ja auch recht regierungsfixiert.
Ja, und die Freien Wähler sind sehr wirtschaftsbremserisch. Leider haben sie die CSU noch einmal verlangsamt. Es wäre eine schöne Illusion, anzunehmen, dass ich mit einer Rede, die vielen zu lang war, das Parlament umdrehe. Ich habe mir schon gewünscht, dass es einen Ruck in den Köpfen gibt. Bei einigen sensiblen Charakteren ist das vielleicht passiert, aber insgesamt ist es eine träge Truppe.
Haben Sie den Wechsel in die die Politik schon bereut?
Nein, nein. Ich habe von außen schon beobachtet, wie das so ist und mir wenig Illusionen gemacht. Ich erlebe ja alles zum ersten Mal, auch die Mühsal des Tagesgeschäfts. Für einen wie mich, der 40 Jahre lang als Chefredakteur entschieden hat und ein Tempo-Mensch ist, ist das zu langsam. Aber auch wieder spannend.
Markwort: "Auch in der Opposition kann man manches anstoßen"
Werden Sie diese Trägheit die ganze Legislatur ertragen?
Natürlich. Ich fühle mich meinen Wählern verpflichtet. Ich bin ja nicht über die Liste ins Parlament gekommen wie seinerzeit der geschätzte Kollege Rudolf Augstein, sondern ich habe 20.304 persönliche Stimmen bekommen. Darauf bin ich sehr stolz. Jeden Tag treffe ich Leute, die sagen, ich habe Sie gewählt, machen Sie frischen Wind. Ich finde das schön, dass ein alter Mann wie ich mit frischem Wind identifiziert wird. Selbstverständlich halte ich durch, es sei denn, es geht mir wie meinen Freunden Klaus Kinkel oder Werner Schneyder.
Was wollen Sie nach fünf Jahren Landtag erreicht haben?
Wir haben eine gute elfköpfige Fraktion ohne Fachkräftemangel. Da gebe ich Anstöße und Anregungen. Natürlich wäre es schöner, mitzuregieren und mitzugestalten, aber auch als Opposition kann man manches anstoßen oder auch verhindern. Da bleibe ich Optimist.
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