Klimakrise

Grundgesetz-Kunstwerk in Berlin von Aktivisten beschmiert

In Berlin gießen Klima-Aktivisten eine schwarze Flüssigkeit an ein gläsernes Kunstwerk. Sie protestieren damit gegen die Klimapolitik. Politiker reagieren empört - und ziehen teils gewagte Vergleiche.


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Klimaaktivisten der «Letzten Generation» beschmieren die gläserne Grundgesetz-Skulptur im Regierungsviertel und kleben Plakate darauf.

Klima-Aktivisten haben mit einer Farbattacke auf das Grundgesetz-Kunstwerk im Berliner Regierungsviertel Kritik auf sich gezogen. Oppositionspolitiker und Mitglieder der Ampel-Regierung verurteilten die Aktion vom Samstag. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte der "Bild am Sonntag": "Es gibt keinerlei Rechtfertigung dafür, ausgerechnet die Grundrechte zu beschmieren - und das auch noch am Bundestag, dem Herz unserer Demokratie." Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zeigte sich "erschüttert".

Wenige Meter vom Reichstagsgebäude entfernt hatten Aktivisten der Gruppe Letzte Generation eine schwarze Flüssigkeit an die gläsernen Wände der Kunstinstallation "Grundgesetz 49" des israelischen Künstlers Dani Karavan geworfen. Mit Pinseln verschmierten sie sie an den Scheiben, auf denen die 19 per Laser eingravierten Grundrechtsartikel des Grundgesetzes stehen. Darüber klebten sie Plakate etwa mit der Aufschrift "Erdöl oder Grundrechte?".

Die Letzte Generation teilte mit, mehrere ihrer Unterstützer hätten die Glasskulptur "in Erdöl getränkt". Wie die Berliner Polizei am Sonntag erklärte, ergab eine Analyse, dass die Flüssigkeit aus Tapetenleim und Dispersionsfarbe bestand. Zum entstandenen Schaden machte sie keine Angaben. Die Polizei erteilte sechs Aktivisten Platzverbote und nahm ihre Personalien auf.

Die Aktion richtete sich nach Angaben der Aktivisten gegen die Politik. Man habe gezeigt, wie diese mit dem Grundgesetz umgehe, erklärte die Gruppe. "Erdöl verfeuern oder Grundrechte schützen? 2023 geht nur eines von beidem", hieß es. Die Aktivisten werfen der Bundesregierung vor, sich nicht an die Verpflichtung aus dem Grundgesetz zu halten, Lebensgrundlagen und Freiheit der Menschen zu schützen.

Bundestagspräsidentin Bas teilte mit, das Kunstwerk sei eine Mahnung, die Grundrechte zu achten und zu schützen. "Das sind die Grundrechte, auf die sich die Demonstrantinnen und Demonstranten der "Letzten Generation" gerade als Rechtfertigung bei ihren Aktionen selber stützen."

Auch auf Twitter reagierten zahlreiche Politiker - und zogen mitunter selbst Kritik auf sich: Der Bundestagsabgeordnete Florian Hahn (CSU) schrieb: "Die Letzte Generation ist keinen Deut besser als die Taliban." Auch der SPD-Abgeordnete Michael Roth verglich die Aktion mit dem Vorgehen der militant-islamistischen Taliban: "Ihr scheißt auf die Grundrechte, zerstört Kunst ähnlich wie die Taliban und fühlt Euch noch als Heldinnen und Helden!" Die Grünen-Abgeordnete Kathrin Henneberger schrieb unter Roths Beitrag: "Hart im Ton vergriffen."

Die Taliban sind für die harte Beschneidung von Menschenrechten bekannt. Sie zerstörten in der Vergangenheit Kultstätten wie etwa die Buddha-Statuen im afghanischen Bamiyan - ein Unesco-Weltkulturerbe.

Etwas Verständnis für die Aktion der Letzten Generation zeigte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner. "Ich verstehe bei dieser Aktion mit Farbe: Die Letzte Generation will (zugespitzt) darauf aufmerksam machen, dass zu wenig Klimaschutz unsere Grundrechte gefährdet", schrieb er auf Twitter. "Sie fordert die Regierung auf, sich an geltende Gesetze zu halten."

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) twitterte, das Grundgesetz gehöre "nie und für nichts in den Schmutz gezogen!" Noch schärfere Töne kamen vom Vize-Vorsitzenden der FDP-Fraktion, Konstantin Kuhle: "Wenn sich dieses Tempo der Radikalisierung fortsetzt, muss die Letzte Generation früher oder später vom Verfassungsschutz beobachtet werden." Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Alexander Throm (CDU), forderte, die Bundesregierung müsse endlich handeln und die Strafvorschriften für diese Taten verschärfen.

Die Gruppe Letzte Generation war nach einem Klima-Hungerstreik in Berlin entstanden und fordert mehr Maßnahmen für den Klimaschutz. Seit Anfang 2022 blockiert sie immer wieder Autobahnausfahrten und andere Straßen in vielen Städten, einen Schwerpunkt bildet Berlin.