Politik
Deutsch-Polnisches Verhältnis: Wirtschaftlich erfolgreich - politisch vertrackt
24. Januar 2023, 18:14 Uhr aktualisiert am 24. Januar 2023, 22:39 Uhr
Das Verhältnis zwischen Berlin und Warschau ist schlecht, wo Einigkeit gefragt wäre. Doch die polnische Regierung traut der deutschen nicht recht über den Weg.
Warum hält Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)
seine Leopard-Panzer zurück? Die böse Unterstellung: Deutschland hofft nach einem Ende des Krieges wieder auf profitable Wirtschaftsbeziehungen zu Russland. "Polen kann Deutschland zu Recht vorwerfen, auf die Warnungen aus Warschau vor Putin nicht gehört zu haben." Das sagt der ehemalige deutsche Botschafter in Warschau, Rolf Nikel.
Der Diplomat außer Dienst hat ein ganzes Buch über die ungleichen Nachbarn und ihr schwieriges Verhältnis geschrieben. Es trägt den Titel "Feinde Fremde Freunde".
Zunächst: Die Grundlage der Beziehung ist gut. Die wirtschaftliche Verflechtung zwischen beiden Ländern ist eine Erfolgsgeschichte. Deutschland ist für Polen der größte Handelspartner, umgekehrt ist es immerhin Rang fünf.
In der Arena des Politischen ist die Sache vertrackt. Das hat damit zu tun, dass das Verhältnis zu Deutschland die polnische Innenpolitik prägt. Die rechtskonservative Regierungspartei PiS macht Stimmung gegen Deutschland, um die eigenen Wähler zu mobilisieren. Sie fordert die gewaltige Summe von 1,3 Billionen Euro als Ausgleich für Tod, Leid und Zerstörung im Zweiten Weltkrieg.
Ex-Botschafter Nikel hält es dennoch für notwendig, dass sich die Bundesregierung um bessere Beziehungen zu Polen bemüht. Er erklärt das mit der Rolle, die Polen in der neuen Ordnung spielen wird, die wegen des Angriffs Russlands auf die Ukraine entsteht. "Polen wird Frontstaat in der neuen Konfrontation zwischen dem Westen und Russland", so der 68-Jährige. Für ihn verschiebt sich damit der Schauplatz der Geopolitik nach Osten.
Während im Kalten Krieg Nato und Sowjetunion in Deutschland aufeinandergetroffen wären, würde das heute wohl in Polen passieren. Deshalb wird die Nato dort dauerhaft Truppen stationieren, Spione beider Seiten werden sich aushorchen und die USA als Führungsmacht des Westens sichtbar sein. "Der Konflikt wird dem Kalten Krieg ähneln. Darauf folgt, dass die EU und die Nato ‚östlicher' werden müssen", meint Nikel. Und weiter: "Deutschland muss nicht jede Kröte schlucken. Aber die Bundesregierung sollte trotz allem versuchen, die Beziehungen auf sachlicher Ebene immer wieder kontinuierlich zu verbessern."