Energiekrise
Bundesamt gegen längere AKW-Laufzeiten
30. Juli 2022, 11:47 Uhr aktualisiert am 30. Juli 2022, 11:47 Uhr
Die Debatte über verlängerte AKW-Laufzeiten dauert weiter an. Der Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung lehnt eine Verlängerung ab - auch mit Verweis auf die Endlagersuche.
Der Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung, Wolfram König, lehnt verlängerte Laufzeiten von Atomkraftwerken in Deutschland ab.
"Eine solche Abschätzung müsste nicht nur die Sicherheit der Atomkraftwerke berücksichtigen, sondern auch die Entsorgung der radioaktiven Abfälle" schreibt König in einem Beitrag für die "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". "In beiden Fällen wären die gesamtgesellschaftlichen Kosten für einen Weiterbetrieb der Anlagen erheblich", gab König zu bedenken. "Der mühsam errungene gesellschaftliche Konsens würde auch grundsätzlich infrage gestellt werden."
Wegen der aktuellen Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges ist eine Debatte entbrannt, zumindest die noch drei am Netz befindlichen Atomkraftwerke über den Jahreswechsel hinaus laufen zu lassen. Sie müssten eigentlich Ende 2022 vom Netz gehen.
König hat zudem erhebliche Zweifel am Zeitplan für die Suche nach einem Standort für ein Atommüllendlager in Deutschland. Bis zum Jahr 2031 soll laut Gesetz die Entscheidung für einen Endlager-Standort gefallen sein, damit ab 2050 die Lagerung beginnen kann. "Mein Bundesamt hat gegenüber dem mit der Standortsuche beauftragten Unternehmen immer wieder den Fortschritt im Verfahren angemahnt, damit der gesetzlich festgelegte Zeitplan eingehalten wird. Bis das Endlager betriebsbereit ist, sind weitere 20 Jahre anzusetzen", schreibt König. "Heute muss ich konstatieren, dass ich das Ziel 2031 für nicht mehr realistisch halte."
Dobrindt: AKW-Laufzeitverlängerung um fünf Jahre denkbar
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hält verlängerte Laufzeiten von Kernkraftwerken in Deutschland hingegen um mehrere Jahre für möglich. In der "Welt am Sonntag" forderte der CSU-Politiker eine Entscheidung zur "Vernunft-Energie". "Wir werden uns noch lange Zeit Putins brutalem Versuch, den Westen durch Energieterror zu destabilisieren, ausgesetzt sehen. In dieser Lage sind Laufzeitverlängerungen für die Kernkraft von mindestens weiteren fünf Jahren denkbar."
Auch Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann plädierte dafür, die noch drei am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke länger laufen zu lassen. Zwar sollte der Atomausstieg grundsätzlich nicht infrage gestellt werden, sagte der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 9. Oktober. Angesichts der drohenden Gas- und auch Stromlücke erwarteten die Menschen aber pragmatische Lösungen, um gut durch den Winter zu kommen. "Insofern darf man keine Option ausschließen, die auf der Hand liegt", sagte Althusmann. Ein sogenannter Streckbetrieb - bei dem mit den bisherigen Brennelementen länger Strom produziert wird - sei zwingend notwendig. Althusmann forderte ferner, Brennelemente aus dem Ausland zu bestellen und vorsorglich zurückzulegen, um im Fall der Fälle eine Energielücke zu verhindern.
Trittin: Bayern muss mehr Strom einsparen
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin forderte in Richtung CSU, mehr Strom einzusparen. "Wir haben ein regionales Problem, und zwar in Bayern. Und ich sage den Bayern: Man kann da ganz viel machen, vor allem Stromsparen", sagte der frühere Umweltminister dem "Tagesspiegel". "Dass im Winter die bayerischen Alpen mit Schneekanonen beschneit werden, muss auf den Prüfstand. Wir haben in Bayern ein gigantisches Stromsparpotenzial, das weit über dem liegt, was Isar 2 liefern könnte."
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder entgegnete, Bayern liege mit 53 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien erheblich über dem Bundesdurchschnitt und werde nun auch bei der Nutzung der Windenergie deutlich besser. Zugleich warf der CSU-Chef den Grünen eine unklare Haltung zum Weiterbetrieb von AKW vor. "Mit ihrer zögerlichen Tiki-Taka-Politik zur Kernenergie hat die Bundesregierung wegen der Grünen bereits sehr viel Zeit verloren, schrieb Söder am Samstag auf Twitter.