Soziales
Bürgergeld steigt 2024 deutlich auf 563 Euro
29. August 2023, 10:43 Uhr
Die mehr als fünf Millionen Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld sollen im kommenden Jahr spürbar höhere Leistungen erhalten. So sollen Alleinstehende von Anfang 2024 an 563 Euro statt wie heute 502 Euro pro Monat bekommen. "Das ist ein erheblicher Schritt", sagte Bundessozialminister Hubertus Heil (SPD) in Berlin. Insgesamt handele es sich um eine Erhöhung von gut zwölf Prozent. Die Erhöhung wird nach Heils Angaben im Bundeshaushalt mit 4,3 Milliarden Euro zu Buche schlagen.
Mit der zu Jahresbeginn in Kraft getretenen Bürgergeld-Reform werden die Sätze schneller als in der Vergangenheit an die Inflation angepasst, wie Heil sagte. "Gerade in der Krise und in Krisenzeiten und Umbrüchen muss man sich auf den Sozialstaat verlassen können."
Mit Partnern zusammenlebende Erwachsene sollen künftig 506 statt wie bisher 451 Euro erhalten. Für Jugendliche vom 15. Lebensjahr bis unter 18 Jahre sollen künftig 471 statt 420 Euro fließen. Für Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres werden 390 statt 348 Euro gezahlt. Für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres sollen 357 statt 318 Euro fließen. Die entsprechende Verordnung des Sozialministeriums könne voraussichtlich am 14. September im Bundeskabinett beraten werden, kündigte Heil an.
Derzeit beziehen 5,5 Millionen Bedürftige Bürgergeld, darunter 1,68 Millionen Arbeitslose. Im Januar hatte das Bürgergeld als zentrale Sozialreform der Ampel-Regierung Hartz IV in seiner früheren Form abgelöst. Die Regelsätze waren bereits zu Jahresbeginn um rund 50 Euro gestiegen.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) nannte die Regelsatzanpassung "ein gutes Signal", wie die Verbandsvorsitzende Michaela Engelmeier der Deutschen Presse-Agentur in Berlin sagte. Sie wies darauf hin, dass die Erhöhung auch Hunderttausenden weiteren Menschen helfe. Denn auch die Sätze bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung steigen entsprechend.
Unionsfraktionsvize Jens Spahn kritisierte die geplante Anhebung. "Wer arbeitet, muss mehr haben als der, der nicht arbeitet", sagte der CDU-Politiker der "Bild". "Wenn jetzt das Bürgergeld stärker steigt als die Löhne von vielen Millionen Beschäftigten, ist das das falsche Signal." Er forderte zudem härtere Strafen, wenn Arbeitslose Maßnahmen oder Jobangebote nicht wahrnehmen.
"Wenn erwerbsfähige Bürgergeld-Bezieher wiederholt angebotene Arbeit oder Qualifizierung ablehnen, braucht es spürbarer als heute finanzielle Konsequenzen. Wer arbeiten kann, sollte arbeiten. Nach diesem einfachen Prinzip müssen wir unsere Sozialsysteme wieder stärker ausrichten", sagte er.
Der Paritätische Gesamtverband kritisierte die Anhebung unterdessen als "viel zu niedrig". Um wirksam vor Armut zu schützen, müsse der Regelsatz bei 813 Euro liegen, wie Geschäftsführer Ulrich Schneider betonte. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, kritisierte die Erhöhung als zu spät, da die hohen Preise die Betroffenen bereits in existenzielle Not gebracht hätten. SoVD-Chefin Engelmeier sagte, die Politik dürfe nun auch Menschen mit einem Einkommen knapp über dem Grundsicherungsniveau nicht aus dem Blick verlieren. Sie litten "extrem" unter der Preisexplosion.
Im Juli lag die Inflationsrate in Deutschland bei 6,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, im Juni bei 6,4 Prozent.
Das Bürgergeld war nach monatelangen Verhandlungen in der Ampel-Koalition eingeführt worden. Seit Anfang des Jahres gilt eine zwölf-monatige Karenzzeit: Während dieser Karenzzeit werden die bisherigen Kosten der Wohnung übernommen und das Vermögen wird nur berücksichtigt, wenn es bestimmte Schwellen übersteigt. Auch Freibeträge für Erwerbstätige wurden inzwischen verbessert. Kernziele der Bürgergeld-Reform sind die Stärkung der individuellen Betreuung von Betroffenen im Jobcenter - und mehr Weiterbildung und Qualifizierung für Jobs.
Im bisherigen Hartz-IV-System war die Grundsicherung in vielen Jahren nur um magere Beträge gestiegen. So gab es 2022 eine Erhöhung um drei auf 449 Euro für alleinstehende Erwachsene - als "kümmerlich" kritisierte dies damals etwa das Deutsche Kinderhilfswerk. 2021 hatte das Plus 14 Euro und in den Jahren davor zwei Mal acht Euro betragen.
Heil betonte, die höheren Regelsätze bildeten auch ein Plafond für die Berechnung der geplanten Kindergrundsicherung. Der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte der dpa: "Durch unsere Reform beim Bürgergeld steigen die Regelsätze nun stärker, auch das wird in die Kindergrundsicherung einfließen."
Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.