Gaza-Diplomatie

Bericht: Israel geht mit neuem Vorschlag in Geisel-Gespräche


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Im zerstörten Gazastreifen sehnen sich die Palästinenser nach einer Waffenruhe. Die diesbezüglichen Verhandlungen stocken.

Von dpa

Die USA drängen Israel zu einem raschen Abschluss eines Waffenruhe- und Geiselabkommens im Gaza-Krieg - die derzeit stockenden Verhandlungen darüber sollen am Sonntag in Rom weitergehen. "Ich hoffe, dass wir eine Einigung erzielen werden", sagte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Freitag (Ortszeit) nach einem Gespräch mit Ex-US-Präsident Donald Trump. Allerdings hatte Netanjahu zuletzt zusätzliche Forderungen erhoben, so dass unklar ist, ob seine Delegation bei den indirekten Gesprächen mit der islamistischen Hamas den nötigen Verhandlungsspielraum haben wird.

Die USA, Katar und Ägypten vermitteln bei den indirekten Gesprächen zwischen Israel und der Hamas. US-Präsident Joe Biden und seine Vize Kamala Harris hatten Netanjahu auf dessen US-Reise am Donnerstag bei Gesprächen zum raschen Abschluss eines Waffenruhe- und Geiselabkommens gedrängt. Die beiden Demokraten forderten Netanjahu zudem auf, mehr für den Schutz der notleidenden Bevölkerung im Gazastreifen zu tun. Das Verhältnis zwischen Biden und Netanjahu war zuletzt frostig.

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CIA-Chef William Burns will die Gaza-Verhandlungen voranbringen. (Archivbild)

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Bei Trump in Mar-a-Lago fühlte sich Netanjahu wohler als im politischen Washington.

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Von Israel der Terror-Komplizenschaft bezichtigt: das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA. (Archivbild)

Nach Ansicht der Vermittler, aber auch israelischer Verhandlungsteilnehmer, stellen Netanjahus Zusatzforderungen ein schwer überwindbares Hindernis für eine Einigung dar. Der israelische Regierungschef will unter anderem durchsetzen, dass israelische Truppen länger an strategischen Stellen des abgeriegelten Küstengebiets präsent sein dürfen. Die Hamas lehnt diese Forderungen ab und besteht auf einen - wie in einem Plan von US-Präsident Joe Biden vorgesehen - vollständigen Abzug der israelischen Truppen.

Aus amerikanischer Sicht liegt eine Einigung dennoch in Reichweite, es müssten nur noch die "letzten Differenzen" ausgeräumt werden, teilten hohe US-Regierungsvertreter mehrfach mit. Aber selbst nach der dreistündigen Unterredung am Donnerstag im Weißen Haus sei für Biden und seine Berater unklar geblieben, ob Netanjahu überhaupt ein Abkommen wolle, schrieb der israelische Journalist Barak Ravid im US-Portal "Axios" - oder ob Netanjahu ein solches hinauszögere, um das Platzen seiner Regierungskoalition mit rechtsextremen Parteien zu vermeiden. Die israelischen Verhandler würden jedenfalls auf keinen Durchbruch hoffen.

Zu dem Treffen in Rom sollen nach israelischen Medienberichten der Leiter des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad, David Barnea, Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani und der ägyptische Geheimdienstminister Abbas Kamel kommen. Der gut vernetzte Journalist Ravid schrieb auf "Axios" unter Berufung auf israelische und amerikanische Regierungsbeamte, CIA-Direktor William Burns werde sich in Rom mit israelischen, katarischen und ägyptischen Verhandlern treffen.

Netanjahu kündigte an, er werde Anfang der Woche ein Team entsenden. Die Zeit werde zeigen, ob es zu einem Deal kommen werde. "Wir sind auf jeden Fall sehr daran interessiert, und wir arbeiten darauf hin", zitierten US-Medien den israelischen Regierungschef.

Im Mittelpunkt steht ein Mehr-Stufen-Plan Bidens aus dem Mai. Die erste Phase sieht eine Waffenruhe von rund sechs Wochen vor. In diesem Zeitraum würde eine bestimmte Gruppe von Geiseln freigelassen. Die Hamas hat nach israelischer Zählung 115 von ihnen in ihrer Gewalt, von denen aber viele nicht mehr am Leben sein dürften. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind. In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase soll dem Entwurf zufolge der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen.

Während seine Gespräche mit Biden und vor allem mit Harris als spannungsgeladen beschrieben wurden, dürfte Netanjahu mit Trump einen Politiker getroffen haben, der ihm näher steht. Nach Angaben von Trumps Wahlkampfteam versprach der Republikaner seinem Gast in Florida, sich im Falle seiner Wiederwahl mit aller Kraft für Frieden im Nahen Osten einzusetzen und den Antisemitismus an US-Universitäten zu bekämpfen. Über Harris sagte Trump, sie sei "respektlos gegenüber Israel" gewesen. Die US-Vizepräsidentin hatte nach dem Treffen mit Netanjahu gesagt: "Wir können angesichts dieser Tragödien nicht wegschauen. Wir können es uns nicht erlauben, angesichts des Leids gefühllos zu werden, und ich werde nicht schweigen."

Auslöser des Gaza-Kriegs war das beispiellose Massaker, das Terroristen der Hamas und anderer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Dabei töteten die Angreifer mehr als 1.200 Menschen und verschleppten weitere 250 als Geiseln in den Gazastreifen. Israel reagierte mit massiven Angriffen im abgeriegelten Küstengebiet und setzte sich zum Ziel, die Hamas ein für alle Mal zu zerschlagen.

Angesichts der hohen Zahl ziviler Opfer, der katastrophalen humanitären Lage und der verheerenden Zerstörungen im Gazastreifen steht Israel international immer stärker in der Kritik. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde vom Freitag wurden seit Kriegsbeginn mindestens 39.175 Palästinenser getötet und mehr als 90.000 verletzt. Die Angaben unterscheiden nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern und lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

Das Leid in Gaza war am Freitag auch Gegenstand einer Anhörung im UN-Sicherheitsrat in New York. "Gaza liegt in Trümmern, die Gefahr eines größeren regionalen Krieges zeichnet sich ab", sagte die stellvertretende Leiterin des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA, Antonia Marie De Meo. Gleichzeitig sei ihre Organisation beispiellosen Angriffen seitens Israels ausgesetzt. "Unser Handlungsspielraum in den besetzten palästinensischen Gebieten wird von Tag zu Tag kleiner", sagte De Meo. Sie forderte den Weltsicherheitsrat auf, zu handeln. Die israelische Regierung wirft dem Palästinenserhilfswerk vor, im Gazastreifen von der Hamas unterwandert zu sein.

Derweil griffen die USA und Großbritannien dem Huthi-nahen Fernsehsender Al-Masirah zufolge den von der Miliz kontrollierten Flughafen in der jemenitischen Hafenstadt Hudaida an. "US-amerikanisch-britische Streitkräfte haben einen Angriff auf den internationalen Flughafen von Hudaida ausgeführt", teilte der Sender mit. Vonseiten der USA und Großbritanniens gab es dazu zunächst keine Stellungnahme. Die Huthi hatten in den vergangenen Monaten wiederholt Handelsschiffe im Roten Meer angegriffen. Damit wollen sie ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen erzwingen.


Dieser Artikel ist Teil eines automatisierten Angebots der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Er wird von der idowa-Redaktion nicht bearbeitet oder geprüft.