Vilseck/Grafenwöhr
Bayern massiv von US-Truppenabzug betroffen
29. Juli 2020, 15:40 Uhr aktualisiert am 30. Juli 2020, 9:00 Uhr
US-Präsident Trump will Tausende Soldaten aus Deutschland abziehen. Nun erläutert US-Verteidigungsminister Mark Esper Einzelheiten zu dem Plan, der auch zwei Standorte im Freistaat hart treffen würde.
Die Zahl der US-Soldaten in Bayern und anderen Bundesländern soll insgesamt um fast 12.000 verringert werden. Das ist deutlich stärker als bislang bekannt. Von dem Abzug sollen unter anderem die Standorte Vilseck und Grafenwöhr in der Oberpfalz massiv betroffen sein.
Rund 6.400 Soldaten sollen insgesamt in die USA zurückgeholt werden. Weitere 5.600 sollen in andere Nato-Länder verlegt werden, wie Verteidigungsminister Mark Esper am Mittwoch in Washington erklärte. Mindestens 4500 Soldaten sollen demnach Vilseck verlassen. Esper sagte, dass das zweite Kavallerie-Regiment abgezogen werde. Edgar Knobloch (CSU), Bürgermeister von Grafenwöhr, geht sogar davon aus, dass bis zu 4.900 Soldaten aus Vilseck abgezogen werden könnten.
Vilseck und Grafenwöhr stark betroffen
Für den benachbarten Standort Grafenwöhr konnte Knobloch zunächst keine Schätzung abgeben. Gerechnet wird hier nach dpa-Informationen mit möglicherweise rund 1.000 Soldaten. Derzeit sind an beiden Standorten insgesamt mehr als 10.000 Soldaten stationiert. Für die Region sei das ein enormer Wirtschaftsfaktor, sagte Knobloch. So seien etwa 3.000 Einheimische bei der US-Armee und deren Vertragspartnern beschäftigt.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte umgehend Unterstützung für die Regionen an. "Wir werden allen betroffenen Standorten helfen. Vor allem die Bundeswehr ist gefragt. Wir warten jetzt ab, ob die Entscheidung auf Dauer bleibt", sagte Söder.
Bislang hatte die US-Regierung von einem Abzug von rund 10.000 der etwa 36.000 Soldaten in Deutschland gesprochen. Esper zufolge werde durch die nun in großem Maße geplanten Truppenabzüge die "strategische Flexibilität" der US-Streitkräfte erhöht. Söder hingegen kritisierte die Pläne scharf. "Dies belastet leider das deutsch-amerikanische Verhältnis. Dabei ist der militärische Nutzen nicht erkennbar", sagte er. Auf Dauer schwäche die Entscheidung auch die Nato und die USA selbst.
Trump hatte den Teilabzug der US-Truppen aus Deutschland im Juni angekündigt und ihn mit den aus seiner Sicht zu geringen Verteidigungsausgaben Deutschlands begründet. Die Bundesregierung in Berlin war vor der Bekanntgabe nicht informiert worden.
Widerstand im US-Kongress
Zur Umsetzung des geplanten - und wahrscheinlich aus logistischen Gründen langwierigen - Teilabzugs dürfte aber noch nicht das letzte Wort gesprochen sein. Im US-Kongress hat sich bereits bei Trumps Republikanern und den Demokraten Widerstand formiert.
Der Plan wird dort vor allem kritisch gesehen, weil er das Verteidigungsbündnis Nato schwächen und Russland in die Hände spielen könnte. Im Senat und im Repräsentantenhaus gibt es daher Pläne, den Teilabzug über das Gesetz zum kommenden Militärhaushalt zu verhindern.
Zudem bewirbt sich Trump im November um eine zweite Amtszeit. Falls er die Wahl verlieren sollte, könnte der neue Präsident die Pläne auf Eis legen.
Die US-Truppen galten in der Zeit des Kalten Krieges als Sicherheitsgarant für die Bundesrepublik. Damals gab es zeitweise fast 250.000 US-Soldaten in Deutschland. Nach dem Fall der Mauer wurde allerdings radikal reduziert: Im Jahr 2000 waren es nur noch 70.000 US-Soldaten, zehn Jahre später 48.000 und heute sind nur noch 36.000 übrig. Damit ist Deutschland aber immer noch der zweitwichtigste Truppenstandort der USA weltweit nach Japan.
Die Truppenstationierung ist aber auch heute noch ein wesentliches Bindeglied zwischen beiden Ländern. Da ist einerseits der zwischenmenschliche Aspekt: Über die Jahrzehnte sind Tausende Freundschaften, Partnerschaften und Ehen zwischen Deutschen und Amerikanern entstanden. Für die Regionen um die US-Stützpunkte kommt der wirtschaftliche Aspekt hinzu.
In ganz Deutschland werden etwa 12.000 deutsche Ortskräfte von den US-Streitkräften beschäftigt. Daneben hängen viele Tausende weitere Arbeitskräfte an den US-Truppen - neben denen in Bayern besonders auch in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg.