Erfahrungsbericht

Atmosphäre im Iran «wie Feuer unter der Asche»

Während Systemanhänger die Proteste für beendet erklären, ist Irans Gesellschaft tief gespalten. Wie konnte es soweit kommen?


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Seit Monaten gehen Menschen im Iran gegen das politische Regime auf die Straße - wie hier im September 2022 in Teheran.

Selten äußern iranische Spitzenpolitiker Zweifel am Regierungskurs. Umso überraschender sind die deutlichen Worte bekannter Reformpolitiker, die fünf Monate nach dem Beginn der jüngsten Proteste langsam für eine Kursänderung werben. "Eines der Probleme der Ereignisse in den vergangenen Monaten war das Entstehen einer tiefen gesellschaftlichen Spaltung", räumte zum Beispiel Irans früherer Präsident Hassan Ruhani ein. In den Städten schaffen viele Frauen einfach Fakten und tragen inzwischen kein Kopftuch mehr - trotz bestehender Vorschriften und womöglich drohender Strafen.

Die politischen Gräben im Iran bestehen seit Jahrzehnten. Straßenproteste, brennende Kopftücher und eine junge Generation, die sich gegen die Islamische Republik stemmt: All dies erinnert die Künstlerin Akram Abooee auch an ihren eigenen Kampf für mehr Gleichberechtigung. "Ich wünschte, wir hätten diesen Mut gehabt wie die Frauen heute, das Kopftuch abzulegen", sagt Abooee. Die 59-jährige Malerin, Witwe des berühmten iranischen Schriftstellers Abbas Maroufi, lebt seit den Neunzigerjahren in Deutschland.