Kuriose Rechtssprechungen
Wenn Hunde und Katzen vor Gericht landen
20. August 2021, 14:56 Uhr aktualisiert am 20. August 2021, 16:30 Uhr
Ein Hund als Geisel, eine Katze, die Unfallflucht begeht: Immer wieder landen kuriose Fälle vor Gericht. Nicht immer ist die Rechtslage so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Experten der Versicherung Arag stellen fünf tierische Urteile und ihre Folgen vor.
Hund als Geisel des Tierarztes?
Was passiert eigentlich, wenn ein Hundehalter die Rechnung für den Tierarzt nicht begleichen kann oder will? Darf der Tierarzt dann den Vierbeiner als Pfand behalten, bis der Betrag beglichen ist? Nein, sagen die Experten von Arag. Der Mediziner darf den Hund nicht einfach als Geisel nehmen, um Druck auf den Besitzer auszuüben. Die Trennung des Tieres von seinem Herrchen könnte aus richterlicher Sicht das Verhalten des Tieres negativ beeinflussen und sogar eine Charakterveränderung nach sich ziehen. Dabei könnte ein kaum reparabler Schaden entstehen. Das stehe in keinem Verhältnis zu einer nicht bezahlten Tierarztrechnung, wie Amtsgerichte in Duisburg und Bad Homburg in der Vergangenheit entschieden.
Nachbarschaftsstreit endet mit angeschossenem Kater
Ein Nachbarschaftsstreit wegen eines Katers landete 2019 in Mönchengladbach-Rheydt vor Gericht. Zwischen den benachbarten Familien gab es bereits Ärger, weil die freilaufende Katze auf dem Grundstück der Nachbarn ihr Geschäft erledigte. Daraufhin warf die Freundin des beklagten Nachbarn den Kothaufen zurück über den Zaun. Vor Gericht ging es dann jedoch um einen ernsteren Fall - eine Schussverletzung, die dem Kater zugefügt worden war. Der Kläger und eine Zeugin beobachteten, dass der Nachbar, der angeklagt wurde, auf seinem Grundstück mit seinem Luftgewehr Schussübungen durchführte. Als sie später nach Abwesenheit wieder nach Hause kamen, bemerkten sie, dass es dem Kater nicht gut ging. Sie brachten ihn zu einem Tierarzt. Dieser fand die Schussverletzung im Bauchbereich des Tieres. Es musste notoperiert werden.
Das Gericht kam auf Grundlage von Indizienbeweisen zu der Überzeugung, dass der Beklagte das Eigentum der Kläger - also die Katze - verletzt hatte und verurteilten ihn zur Übernahme der Behandlungskosten in Höhe von knapp 1.200 Euro. Auch künftige Schäden, die aufgrund der Verletzungen noch entstehen, muss er nach Auskunft von Arag zahlen.
Stolperfalle schlafender Hund
Beim Besuch eines Geschäftes stolperte eine 61-jährige Kundin über den Hund einer Verkäuferin, der schlafend im Eingangsbereich eines Geschäftes lag. Sie hatte den Hund nicht gesehen und zog sich schwere Verletzungen am Knie zu. Daraufhin klagte sie und forderte Schmerzensgeld und Schadensersatz. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm gab der Klägerin Recht und bejahte die Tierhalterhaftung gemäß Paragraf 833 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Mit dem Sturz der Klägerin habe sich eine einem Tier typischerweise anhaftende Gefahr verwirklicht, die auf der Unberechenbarkeit und Selbstständigkeit tierischen Verhaltens beruhe. Ein Mitverschulden der Kundin sahen die Richter nach Angaben der ARAG Experten nicht, weil der Hund für die Kundin schwer wahrnehmbar gewesen sei. Demgegenüber habe die Verkäuferin den Sturz fahrlässig verschuldet, weil sie die Kundin weder gewarnt noch ihr Tier woanders zum Schlafen hinbrachte.
Katze begeht Unfallflucht
Wenn ein Fahrradfahrer stürzt, weil er einer Katze ausweicht, die seinen Weg kreuzt, kann er den Halter der Katze haftbar machen. Demnach haften Tierhalter nach Paragraf 833 des Bürgerlichen Gesetzbuches für die Missetaten ihrer Schützlinge.
Der Haken an der Sache: Der Geschädigte muss das Tier zweifelsfrei identifizieren können. Im vorliegenden Fall hatten die Richter am Landgericht Osnabrück den beiden Zeugen sowie dem Opfer einige Fotos von verschiedenen Katzen aus der Nachbarschaft vorgelegt, doch einwandfrei identifizieren konnte den vierbeinigen Unfallverursacher keiner der Befragten. Schließlich waren sie sich nicht einmal mehr über die Farbe der Katze einig, da es zur Tatzeit bereits dämmerte. Daraufhin wurde der Fall zu den Akten gelegt und die Schadensersatzforderung des Radfahrers abgewiesen.
Dackel stoppt Lauftraining
Ein Jogger stürzt beim Lauftraining über einen frei herum laufenden Dackel. Dabei bricht er sich die Hand und den Unterarm. Der Jogger hält den Hundebesitzer für verantwortlich und verklagt ihn in der Meinung, dass er für den Unfall haften müsse. Allerdings hatte der Jogger den Dackel schon von weitem sehen können. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz gab der Schadensersatz- und Schmerzensgeldklage genau aus diesem Grund auch nur zum Teil statt. Der Jogger trage eine Mitschuld an dem Sturz, da er durch ein Ausweichen oder das Laufen eines Bogens um den Hund die Kollision und den Sturz hätte verhindern können.