Größte Dürre in der Geschichte
Wasserkrise in Kapstadt - Day Zero im Mai!
6. Februar 2018, 17:33 Uhr aktualisiert am 6. Februar 2018, 17:33 Uhr
Das Wasser wird in Kapstadt nach andauernder Dürre nun knapp. Am 11. Mai soll es zum Day Zero kommen. 50 Liter Wasser darf jeder Kapstädter am Tag noch verbrauchen - Deutsche benötigen im Durchschnitt 120 Liter täglich pro Person.
Kapstadt - Autos mit Leitungswasser waschen, Swimming-Pools mit Wasser auffüllen oder den Rasen sprengen - was hierzulande ganz normal und alltäglich ist, ist in Kapstadt mittlerweile verboten. Die 4,5 Millionen Einwohner Kapstadts erleben derzeit die schwerste Dürre in der Geschichte der südafrikanischen Metropole. Seit drei Jahren hat es in der Region um Kapstadt kaum geregnet, weshalb die Stauseen zur Versorgung der Stadt nach und nach verdunsten.
Seit Anfang Februar dürfen Kapstädter nun nur noch 50 Liter Wasser am Tag pro Person verbrauchen - zum Vergleich: In Deutschland verbraucht ein Mensch durchschnittlich 120 Liter pro Person - davon alleine 30 Liter für die Toilettenspülung. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO benötigt jeder Mensch am Tag 50 Liter Wasser nur für Verpflegung und Körperhygiene. Die Bewohner Kapstadts müssen ihren Wasserverbrauch daher mittlerweile auf das allernötigste beschränken. Die Verwaltung empfiehlt den Bürgern zum Beispiel, höchstens zwei Minuten zu duschen. Für die Klospülung soll nur noch Brauchwasser genutzt werden, etwa jenes aus der Dusche oder der Waschmaschine. Und auch Urlauber werden von ihren Hotels ermahnt, möglichst viel Wasser zu sparen. Unternehmen müssen ihren Wasserverbrauch je nach Sektor zwischen 45 Prozent und 60 Prozent reduzieren.
Day Zero voraussichtlich im Mai
Bis Ende Januar waren täglich noch 87 Liter Wasserverbrauch pro Person erlaubt - jetzt wurde mit 50 Litern die nächsthöhere Wassersparstufe eingeführt. Und es wird noch schlimmer kommen: Am 11. Mai soll voraussichtlich Day Zero eintreten. Ab diesem Tag stellt die Regierung die reguläre Wasserversorgung für alle Haushalte ein - und dann kommt kein Tropfen Wasser mehr aus dem Hahn.
Stattdessen muss nach Day Zero jeder Kapstädter an einem von rund 200 Verteilzentren unter Aufsicht von Militär und Polizei anstehen, um die rationierten 25 Liter Wasser pro Tag, die international als Mindestmaß für Hygiene und Gesundheit gelten, abzuholenen. Das erklärt, warum Wasserkanister in der Metropole mittlerweile ausverkauft sind. Und auch Wasserflaschen sind aus vielen Supermarktregalen bereits verschwunden. Während sich die Bevölkerung durch Hamsterkäufe vor der drohenden Wasserknappheit zu schützen versucht, fordert die Stadtverwaltung zu weiteren Wassereinsparungen auf.
Kritik an Stadtverwaltung und Regierung
Das Verhalten der Verantwortlichen wird jedoch stark kritisiert. Unzureichende Kommunikation seitens der Stadt und gegenseitige Schuldzuweisungen zwischen Verwaltung und Regierung rufen bei Bürgern zusätzlich Verunsicherung hervor. Als Schuldige gelten aber nicht nur Stadtverwaltung und Regierung: Abwechselnd werden mal die Reichen, mal die Township-Bewohner, Migranten oder auch sorglose Touristen für mitschuldig erklärt.
Letztendlich sind Ereignisse wie Dürren nicht vorhersagbar. Zwar waren die Niederschläge in Kapstadt in den letzten drei Jahren extrem gering, erklärt Piotr Wolsky, Hydrologe an der Universität Kapstadt gegenüber ZEIT ONLINE. Jedoch sei mit einer solch extremen Dürre nur alle 300 Jahre zu rechnen. Niemand habe das vorhersehen können, sagt der Experte.
Eine andere Meinung vertritt Taryn Pereira, Mitarbeiterin der Umweltorganisation Environmental Monitoring Group: "Niemand kann sagen, dass er von nichts gewusst habe. Die Stadt und die Regierung hatten genug Zeit, um sich vorzubereiten", sagt sie ZEIT ONLINE. Denn Südafrika gilt mit durchschnittlich 450 Millimeter Regen jährlich als eines der trockensten Länder weltweit. Zudem sind die Niederschläge in der Region Kapstadt in den letzten 80 bis 90 Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Wissenschaftler warnten daher bereits 2002 vor der drohenden Wasserknappheit.
Der Gesamtwasserstand der sechs großen Staudämme, die Kapstadt mit Wasser versorgen sollen, liegt mittlerweile nur noch bei einem Drittel. Schockierende Bilder zeigen, wie der riesige Theewaterskloof-Damm nahezu komplett ausgetrocknet ist. Die letzten zehn Prozent des Wassers können zudem wegen Sedimentsablagerungen nicht genutzt werden. Wenn die Wasserstände unter die 13,5 Prozent-Marke sinken, muss die Regierung deshalb den Day Zero ausrufen.
Die Krise wäre vermeidbar gewesen
Pereira berät Mitglieder der Stadtverwaltung regelmäßig in Wasserfragen. Sie ist überzeugt, dass die Krise vermeidbar gewesen wäre, wenn die Stadt früher extremere Wassersparmaßnahmen ergriffen hätte. Zwar konnte die Stadtverwaltung einen Anstieg des Wasserverbrauchs trotz wachsender Bevölkerung durch Einsparungen, Drucksteuerung und die Inbetriebnahme eines zusätzlichen Damms verhindern - aber diese Veränderungen reichen nicht, um Day Zero abzuwenden. "Zu wenig und zu spät", lautet daher die Kritik an die Politiker. Die Stadt geht jedoch nach wie vor davon aus, Day Zero vermeiden zu können, wenn der tägliche Wasserverbrauch auf 450 Millionen Liter pro Tag fällt. Derzeit liegt er aber noch bei 550 Millionen Litern.
Besser spät als nie versucht die Regierung nun doch noch mit einigen Projekten gegen Day Zero vorzugehen: Neben strengen Wasserrestriktionen sind eine Abwasseraufbereitungsanlage und Meerwasserentsalzungsanlagen im Einsatz. Außerdem wird in der Region nach Grundwasser gebohrt. Die Stadt hat seit Februar auch die Wassertarife vervielfacht, um jene zu bestrafen, die nicht genügend Wasser sparen. Ob diese Aktionen Day Zero noch verhindern können, bleibt jedoch unklar. Die meisten Kapstädter glauben nicht mehr daran.
Optimistische Umweltforscher betrachten die Krise außerdem auch als eine Chance auf Veränderung. Abwasser-Recycling und Regenwasser sammeln wären beispielsweise Maßnahmen, die eine nachhaltige Verbesserung bewirken können. "Es braucht ein dramatisches Ereignis, um ein Umdenken auszulösen", resümiert Pereira laut ZEIT ONLINE aus ihrer Kooperation mit Politikern. In Kapstadt ist es nun hoffentlich bald soweit.