Neue Studie

Verkehrslärm: Weniger Gesundheitsrisiken als erwartet


Nach einer neuen Studie sind die Auswirkungen von Krach auf die Gesundheit nicht so schlimm wie bislang gedacht.

Nach einer neuen Studie sind die Auswirkungen von Krach auf die Gesundheit nicht so schlimm wie bislang gedacht.

Von SRT Praktikant

Permanenter Verkehrslärm verursacht einer neuen Studie zufolge geringere Gesundheitsschäden als bisher angenommen. Der Krach von Flugzeugen, Autos und Eisenbahnen kann demnach das Risiko für Depressionen und Herzschwäche erhöhen, wirkt sich aber nicht auf den Blutdruck aus.

Besonders genervt sind Menschen vom ständigen Fluglärm, berichteten die Autoren der Studie NORAH (Noise-Related Annoyance, Cognition and Health) in Frankfurt. Frühere Untersuchungen kamen zum Teil zu schwerwiegenderen Folgen für die Gesundheit.

Überraschend in der neuen Studie sei der Zusammenhang zwischen Depressionen und Lärm. Das Risiko für diese Erkrankung steige mit wachsendem Lärm, den stärksten Effekt habe Fluglärm. "Das lässt uns schon aufhorchen", sagte der Psychologe Dirk Schreckenberg vom ZEUS Zentrum für angewandte Psychologie (Hagen). Es gebe weiteren Forschungsbedarf. Das gilt nach Ansicht der Wissenschaftler auch für das Herzschwäche-Risiko, das bisher unterschätzt worden sei.

Für die NORAH-Studie hatten sich mehrere Forschungs- und Fachinstitutionen zusammengeschlossen. Die Forscher hatten fünf Jahre lang die Folgen von Flug-, Straßen- und Schienenlärm in den Regionen Rhein-Main, Köln-Bonn und Stuttgart untersucht. In Teilstudien beschäftigten sie sich mit der Lebensqualität, dem Schlafverlauf, der Häufigkeit von Krankheiten im Rhein-Main-Gebiet und der Veränderung des Blutdrucks in Lärmgebieten.

Die Kosten der Untersuchung von knapp zehn Millionen Euro tragen das Land Hessen, Kommunen, der Frankfurter Flughafenbetreiber Fraport und die Luftverkehrsgesellschaften. Fraport hält wegen der "minimalen" Auswirkungen des Fluglärms weitere Regulierungen für überflüssig.

Subjektiv gefühlte Belastung nimmt zu

Subjektiv fühlten sich die Menschen rund um alle untersuchten Flughäfen stark belästigt. Diese Beeinträchtigung der Lebensqualität sei sogar bei gleichbleibendem Dauerschallpegel in den vergangenen Jahren gewachsen, berichteten die Forscher. Im Gegensatz zu anderen Untersuchungen habe die NORAH-Studie aber keinen Effekt auf den Blutdruck nachweisen können.

Die NORAH-Autoren betonten, keine der früheren Untersuchungen des Effekts auf den Blutdruck sei so umfangreich wie ihre. "Es ist zurzeit die beste Aussage, die möglich ist", sagte Thomas Eikmann (Universität Gießen), Leiter der Blutdruckstudie.

Positive Wirkung bescheinigen die Wissenschaftler dem Nachtflugverbot am Frankfurter Flughafen: Seit 2011 eine sechsstündige Ruhezeit in der Nacht eingeführt wurde, schlafen die Anwohner besser. Die Einstellung zum Flugverkehr spielt laut Studie anscheinend eine Rolle: Menschen, die der Fliegerei positiv gegenüberstehen, schlafen demnach besser als Flugverkehr-Kritiker.

Für die Studie wurde die Belastung durch Flug-, Straßen- und Schienenlärm im Raum Frankfurt für 900.000 Gebäude berechnet und zusätzlich Lärmdaten von je 2.500 Anwohnern der Flughäfen Köln-Bonn und Stuttgart erhoben. Zur Belästigung wurden 29.000 Flughafen-Anwohner befragt, für die Krankheitsrisiken wurden Krankenkassendaten von rund einer Million Menschen im Rhein-Main-Gebiet ausgewertet, an der Schlafstudie nahmen rund 200 Menschen teil, an der Blutdruckstudie 844 Menschen.

Das Ergebnis der Teilstudie zur Entwicklung von Kindern ergab, dass Grundschulkinder bei ständigem Fluglärm langsamer Lesen lernen. Mindestens einen Monat länger als andere brauchen Zweitklässler dafür in Grundschulen rund um den Frankfurter Flughafen.

NORAH sei international die bislang umfangreichste Studie zu den Auswirkungen von Verkehrslärm auf Gesundheit und Lebensqualität, sagte Johann-Dietrich Wörner, Vorstandsmitglied des Frankfurter Forums Flughafen und Region, das die Studie in Auftrag gegeben hatte. "Die Studie schafft in vielen Dingen Klarheit."