Social Media

Riesen-Wirbel um Facebook-Post über Tiertransporte


Das Bild aus dem kontroversen Facebook-Post. Nachdem das Original nicht mehr öffentlich zugänglich war, wurde es von anderen Facebook-Nutzern mehrfach neu hochgeladen.

Das Bild aus dem kontroversen Facebook-Post. Nachdem das Original nicht mehr öffentlich zugänglich war, wurde es von anderen Facebook-Nutzern mehrfach neu hochgeladen.

Von Stefan Karl

Was als Bild auf Facebook begann, wurde schnell zum Social-Media-Shitstorm und hat nun sogar eine Anzeige nach sich gezogen. Die Staatsanwaltschaft prüft Ermittlungen, der Tiertransport-Unternehmer wie auch die ursprüngliche Verfasserin des Facebook-Posts fühlen sich unfair behandelt. Die Diskussion dreht sich mittlerweile auch über die Grenzen von Geschmack und Meinungsfreiheit.

Entstanden ist das Bild, mit dem alles seinen Anfang nahm, an einem Mittwoch vor wenigen Wochen auf der A9, irgendwo in Oberbayern. Die Tierrechtlerin und Tierschützerin Monika Wölk fährt mit ihrem Auto hinter einem Tiertransport-Lkw her, dessen Werbelogo ihr sauer aufstößt: Zwei Comic-Schweinchen auf Liegestühlen, das Bild vermittelt Urlaubs-Atmosphäre. Darunter der Schriftzug "Wir reisen gut… mit Stemmer". Der oberbayerische Viehtransport-Unternehmer Hermann Stemmer hat dieses Logo auf allen drei Fahrzeugen, die für die Firma unterwegs sind; seine Mitarbeiter tragen es auf ihrer Arbeitskleidung.

Darf Werbung einen Tiertransport so verharmlosen? Die Tierrechtlerin jedenfalls kocht innerlich: "Ich wusste, der kommt von München, hat die Schweine gerade ausgeladen oder er holt gerade neue Schweine. Und dazu dieses Bild. Das ist ein Tiertransporter, auf dem es für die Tiere zur Schlachtung oder zur Mast geht und die machen sich witzig darüber. Ich fand das einfach abartig". Der nächste Stau ist dann für Wölk die Gelegenheit, mit dem Smartphone ein Bild zu knipsen und ihrem Ärger Luft zu machen: Wölk lädt das Bild auf Facebook hoch, tippt ein paar wutrote Smileys dazu.

Was dann unter dem Post passiert, überrascht selbst die engagierte Tierrechtlerin: "Es kamen sehr verschiedene Reaktionen. Bei einigen Posts war deutlich zu erkennen, dass sie aus Richtung der Fleischlobby kamen. Wir seien Pseudo-Tierschützer und hätten wohl keine Beschäftigung. Aber die meisten Leute sind total ausgeflippt, weil sie diese Verhöhnung von Tieren, die eh schon gelitten haben, inakzeptabel fanden." Über die ersten Reaktionen hatte idowa berichtet.

Von den negativen Reaktionen auf sein Firmenlogo war Hermann Stemmer laut eigener Aussage überrascht: "Mir hat die Zeichnung einfach gefallen. Ein Firmenlogo braucht man ja und wir sind mit unseren Lkw tatsächlich auf dem neuesten Stand der Technik."

Die Empörung, die in kürzester Zeit unter dem Post anflutete, sei natürlich gewissermaßen gewollt gewesen, sagt Monika Wölk: "Ich setze mich immer für die Schwächeren ein. Ich hasse Ungerechtigkeit." Der Begriff Pseudo-Tierschützerin allerdings ist für Monika Wölk wohl nicht angemessen. Für die Wildvogelhilfe Bayern sammelt sie verletzte Tiere aus dem ganzen Süden des Freistaats ein und bringt sie zum Tierarzt.

Welches Eigenleben der Post entwickelt, wird aber wohl auch Monika Wölk erst klar, als am Freitagmorgen das Telefon klingelt - am anderen Ende der Leitung die Polizei. "Ich dachte zuerst, es ginge um einen Einsatz, also um ein verletztes Tier", erinnert sich Wölk. "Der Beamte hat mir dann aber nahegelegt, dass ich das Bild mit dem Lkw entfernen soll, weil der Unternehmer sich von den Reaktionen bedroht fühlt." Wie die Polizei idowa gegenüber bestätigt, hatte Hermann Stemmer zu diesem Zeitpunkt bereits Anzeige erstattet. Er fühlte sich von den Kommentaren persönlich angegangen und beleidigt, seine Firma verunglimpft. Andere Kommentatoren hätten unangemessene Vergleiche zur Nazi-Zeit gezogen.

Wie es nach dem Anruf weiter ging, erfahren Sie im zweiten Teil.

Polizei: "Es war ein Ratschlag, weil die Sache eskalierte."

Dass der ursprüngliche Post selbst keine Straftat darstellt, bestätigt die Polizei. Trotzdem fühlt sich Monika Wölk vom Ton der Polizeibeamten eingeschüchtert: "Ich war total geschockt, weil sie gesagt haben, ich sei daran schuld - hätte ich es nicht veröffentlicht, dann wäre auch alles andere nicht passiert."

Dieser Schilderung widerspricht der Chef der Polizeiinspektion Schrobenhausen, Klaus Rewitzer. Als Einschüchterung sei dieser Anruf nicht gemeint gewesen: "Es war ein Ratschlag, eine Bitte an die Frau Wölk. Die Anzeige von Herrn Stemmer richtet sich auch nicht gegen sie, sondern gegen jemanden, der unter dem Post einen Kommentar geschrieben hat." Die Staatsanwaltschaft prüfe nun, ob gegen diese Person ermittelt werden soll. Als erste Sofortmaßnahme sollte der Facebook-Beitrag verschwinden, weil die Hetze gegen den Tiertransport-Unternemer immer weiter eskaliert sei. "Das meiste befand sich wie so vieles in den sozialen Medien irgendwo an der Grenze des Strafbaren", erklärt Rewitzer. Diese Grenze sei dann erreicht, wo zur Gewalt aufgerufen werde oder bei persönlichen Beleidigungen.

Die Polizei wollte also erst mal Ruhe im Karton. So ähnlich ging es auch Monika Wölk nach eigener Aussage. Sie stellte den Post auf "nur für Freunde sichtbar": "Wenn unter meinem Post so etwas wie Morddrohungen geschrieben werden, greife ich schon ein. Wenn allerdings nun jemand meinen Post nimmt und in irgendwelchen geschlossenen Gruppen postet, dann hab ich da natürlich keinen Einfluss drauf."

"Frau Wölk hat definitiv nichts strafrechtlich Relevantes gemacht", bekräftigt Klaus Rewitzer von der Polizei noch einmal im Gespräch mit idowa. Ein solcher Post sei vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Es sei eher eine Stilfrage: "Ich hätt's so nicht gemacht."

Eine Stilfrage war es aber auch, an der sich die Debatte im Netz erst entzündet hatte - sollte für Tiertransporte auf diese Art und Weise geworben werden? Laut Ansicht von Monika Wölk jedenfalls ist diese Diskussion wichtig und sollte weiter gehen: "Ich lass mir das auch nicht verbieten. Der Post wird auf jeden Fall irgendwann wieder öffentlich gemacht."