Ingolstadt
Razzia bei Audi
15. März 2017, 11:58 Uhr aktualisiert am 15. März 2017, 11:58 Uhr
Während der Jahrespressekonferenz von Audi haben mehr als 100 Polizisten und Staatsanwälte die Zentrale des Autobauers, weitere Standorte und Wohnungen von Mitarbeitern durchsucht. Eineinhalb Jahre nach der Aufdeckung des VW- und Audi-Diesel-Skandals in den USA leitete die für Ingolstadt zuständige Staatsanwaltschaft München II "ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt ein. Der Grund: Verdacht auf Betrug und der strafbare Werbung.
Mit den Aktionen solle geklärt werden, wer an der Verwendung der manipulierten Abgas-Software und an Falschangaben beteiligt gewesen sei, erklärte die Behörde am Mittwoch. Audi-Chef Rupert Stadler sagte: "Weder bei mir zuhause noch in meinem Büro ist durchsucht worden." Die Aufklärung der Affäre sei aktuell sein "zentraler Job als Vorstandsvorsitzender". Der Aufsichtsrat des VW-Konzerns habe sich im Februar hinter ihn gestellt, betonte er. Außerdem sagte er: "Wir kooperieren voll umfänglich mit den Behörden. Das ist unser eigenes Kerninteresse. Wenn es etwas zu berichten gibt, werden wir darüber berichten." Der Wortlaut der Auskunft war offensichtlich abgesprochen. Denn zu Beginn der Pressekonferenz sagte Toni Melfi, Audi Kommunikationsschef: "Wir kooperieren voll umfänglich. Wir haben das größte Interesse an der Aufklärung."
Audi, VW und Porsche hatten in den USA rund 83 000 Autos mit Audi-Dieselmotoren und einer dort illegalen Software verkauft, die niedrigere Abgaswerte angibt. Audi und VW hatten das in einem milliardenschweren Vergleich mit dem US-Justizministerium bereits eingeräumt. Die Nachbesserung oder Rücknahme der betroffenen Autos soll voraussichtlich im Juli starten.
Nur die Manipulationen in den USA sind auch der Gegenstand der Münchner Ermittlungen. Staatsanwälte und Beamte der Landeskriminalämter Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen hätten Audi-Standorte sowie sieben weitere Objekte durchsucht, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Ob auch Wohnungen von Vorständen durchsucht wurden, blieb offen.
Die Diesel-Verfahren hatten die VW-Konzerntochter im vergangenen Jahr 1,86 Milliarden Euro gekostet. Für das laufende Jahr sehe er aber derzeit keine Notwendigkeit für weitere Rückstellungen, sagte Audi-Finanzvorstand Axel Strotbek. Stadler meinte: "Als Konsequenz aus der Diesel-Affäre stellen wir bei Audi alles auf den Prüfstand." Die Aufarbeitung sei "noch lange nicht abgeschlossen". Aber sein Unternehmen tue alles, "dass so etwas wie die Diesel-Affäre bei uns nie wieder passiert".
Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen begrüßte, dass die Staatsanwälte "da genau hinschauen". Für weitere Äußerungen des Aufsichtsrats gebe es im Moment "keinen Handlungsbedarf, aber das kann sich natürlich ändern". Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sitzt auch im Aufsichtsrat des VW-Konzerns.
Audi präsentierte am Mittwoch zudem schwache Verkaufszahlen. Der Streit mit den Vertragshändlern in China macht dem Unternehmen weiter zu schaffen - allerdings nicht mehr so stark wie im Januar. Die VW-Tochter verkaufte auf dem wichtigsten Automarkt im Februar 5,8 Prozent weniger als vor einem Jahr. Weltweit sanken die Auslieferungen deshalb um 1,1 Prozent auf 125.100 Autos.