Kriminalität
«Noch nicht erlebt» - Entsetzen über Angriff auf Polizisten
17. Februar 2023, 6:33 Uhr aktualisiert am 17. Februar 2023, 15:59 Uhr
Rund 40 Menschen sind in Trier nach einem Streit in einer Diskothek auf herbeigerufene Polizeibeamte losgegangen. Fünf Beamte wurden bei dem Einsatz in der Nacht zum Freitag verletzt. Erst nach dem Eintreffen von Verstärkung gelang es der Polizei, die Lage unter Kontrolle zu bringen. Ein Beamter feuerte zwei Warnschüsse in die Luft. Zwei Verdächtige wurden festgenommen, nach weiteren Angreifern wird gesucht. Die Polizei in der Moselstadt sprach von einem beispiellosen Gewaltausbruch, die Politik reagierte bestürzt.
Die Polizei sei kurz nach Mitternacht wegen einer Körperverletzung zu dem Club gerufen worden, sagte der Sprecher der Polizei Trier, Uwe Konz. Die Beamten hätten die Kontrahenten dann vor die Tür gebracht, um zu ermitteln. Nahezu zeitgleich hätten sich Gäste aus der Disco und andere von draußen zusammengefunden "und schlagartig eine Anti-Position" gegen die Polizisten eingenommen. Als die Beamten nach einem ersten Angriff zwei Personen festgenommen hätten, sei dies für die Gruppe der Auslöser gewesen, die Polizisten zu attackieren.
Die Menge sei "ganz massiv" mit Flaschen, Holzstöcken und einem Einkaufswagen auf die Beamten losgegangen. "Diese Eskalation war neu für uns", sagte Konz. Entgegen einer ersten Mitteilung der Polizei seien Eisenstangen nicht benutzt worden.
Zu möglichen Gründen sagte der Polizeisprecher, sicherlich habe Alkohol eine Rolle gespielt. "Dann ist es vielleicht sogar eine grundsätzliche Distanz zu staatlichen Institutionen, zur Polizei ganz konkret." Fünf Kollegen seien verletzt worden - drei durch die Aggressoren und zwei weitere, als die Polizei Pfefferspray eingesetzt habe. Sie seien nach der Behandlung wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden.
Neben den Polizisten seien zwei oder drei weitere Personen durch Pfefferspray verletzt worden, sagte Konz. Möglicherweise gebe es weitere Verletzte, die sich melden sollten. Die rund 40 Angreifer müssten noch ermittelt werden. Sie seien nach zwei Warnschüssen, die ein Beamter vor Ort in die Luft abgegeben habe, geflüchtet.
Bei dem Einsatz standen laut Polizei anfangs maximal 7 Beamte den rund 40 Angreifern gegenüber. "Die Kollegen haben dort wirklich um ihr Leben gebangt", sagte Konz. Beide festgenommenen Männer im Alter von 42 und 21 Jahren seien aus Trier. Die Polizei ermittelt nun wegen des Verdachts auf Körperverletzung, auf Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, auf schweren Landfriedensbruch und auf versuchte Gefangenenbefreiung.
Die Bundesregierung reagierte entsetzt auf den Vorfall. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wertete den Angriff als "rohe Gewalt, die mit aller Härte verfolgt und geahndet werden muss". Sie dankte den Beamten, die eingeschritten waren, um ihre Kolleginnen und Kollegen zu schützen. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach von einem "unfassbaren Gewaltausbruch", der für die Täter schwere Folgen haben werde. "Wer die Polizei angreift, greift jeden von uns an und er greift unseren Staat an", sagte Dreyer, die selbst in Trier lebt.
Es sei davon auszugehen, dass sich die Täter grundlos zusammengefunden hätten, sagte der rheinland-pfälzische Innenminister Michael Ebling (SPD). "Diese Enthemmung ist erschreckend, die Skrupellosigkeit macht auch mich wütend", sagte er. Die drei Ampelfraktionen im rheinland-pfälzischen Landtag beantragten eine Sondersitzung des Innenausschusses zu dem Vorfall, die an diesem Mittwoch (22. Februar) um 14.00 Uhr stattfinden soll.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Rheinland-Pfalz äußerte sich erschüttert über die hohe Gewaltbereitschaft. "Gruppenbezogene Gewalt ist kein Einzelphänomen, wir haben das zuletzt an Silvester erlebt, sehen es oft bei Fußballspielen und werden es auch wieder bei anderen Feierlichkeiten erleben müssen", sagte die stellvertretene GdP-Landeschefin Stefanie Loth in Mainz. Der Umgangston in der Gesellschaft werde "immer schlimmer". Polizei und Justiz bräuchten mehr Personal, um schnell und konsequent zu arbeiten.