AZ-Interview
Grüne Weihnachten: "Alles, was man öfter nutzt, ist eine gute Idee"
18. Dezember 2019, 18:23 Uhr aktualisiert am 18. Dezember 2019, 23:03 Uhr
Ein schönes Weihnachtsfest haben und trotzdem auf die Umwelt Rücksicht nehmen - kann das klappen?
München - Berge von Geschenkpapier, stromfressende Lichterketten, Tonnen von Verpackungsmaterial, die von online bestellten Präsenten übrig bleiben: Wer so Weihnachten feiert, tut dem Klima und der Umwelt nichts Gutes. Doch muss das so sein? Die AZ hat mit Professor Klaus Menrad, Marktforscher und Experte für nachwachsende Rohstoffe am TUM-Campus Straubing, über Nachhaltigkeit an Weihnachten gesprochen - und nach Tipps für den Alltag gefragt.
AZ: Herr Professor Menrad, was ist die schlimmste Umweltsünde, die man an Weihnachten begehen kann?
Klaus Menrad: Eine Flugreise in die Südsee machen.
Und wenn man daheim oder bei der Familie feiert?
Wenn man sich vernünftig verhält, so wie man das auch im Rest des Jahres tun sollte, dann fallen mir keine großen Sünden ein. Die größte ist vielleicht, dass man generell an Weihnachten zu viel kocht und zu viel bereitstellt an Sachen, die man dann gar nicht essen oder verwerten kann - und dann deutlich mehr wegwirft. Das passiert auch, wenn man sich bei Geschenken nicht überlegt, was die Leute wirklich wollen und ob sie das auch nutzen.
Recycling-Papier statt Geschenke in Plastiktüten
Man sollte also keine Sachen verschenken, die das Gegenüber nicht braucht?
Brauchen ist ja sehr relativ. Wenn wir ehrlich sind, brauchen wir doch ganz wenig. Der Maßstab ist für mich, ob die Menschen das nutzen, was man schenkt und ob sie Freude daran haben. Ich glaube aber, man verschenkt viele Sachen, damit eben irgendwas geschenkt wird.
Oftmals ist ja auch eher die Verpackung das Problem.
Was mir gar nicht gefällt sind Geschenke in durchsichtigen Plastiktütchen. Das finde ich schlichtweg überflüssig. Man kann stattdessen Papier nehmen, das einen hohen Recyclinganteil hat - gerade bei Geschenkpapier funktioniert das sehr gut. Und auch Zeitungspapier hat einen hohen Recyclinganteil und eignet sich als Verpackung.
Was ist mit Omas Tipp, das Geschenkpapier einfach nochmal zu benutzen?
Alles, was man mehr als einmal benutzt, ist eine sehr gute Idee. Auch die erwähnte Plastiktüte wäre nicht so schlimm, wenn man sie vielleicht zehn Mal nutzt und dann der Verwertung zuführt.
Fleischloses Weihnachtsessen ist am nachhaltigsten
Sie sind Marktforscher: Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit für Verbraucher zu Weihnachten?
Ich habe dazu noch keine explizite Untersuchung durchgeführt. Kürzlich habe ich von einer Umfrage gelesen, der zufolge Urlaub und Nachhaltigkeit bei den meisten Menschen nicht zusammengeht, auch bei denen, die im Alltag darauf achten. Man möchte sich da was gönnen. Vielleicht ist es bei Weihnachten ähnlich. Andere Aspekte rücken da in den Vordergrund: Zusammensein und das tun, was den anderen Menschen Freude bereitet.
Wenn ich doch darauf achten möchte - wie wird das Weihnachtsessen nachhaltig?
Wenn wir über die Co2-Bilanz reden, ist es ganz klar fleischlos. Am meisten Fußabdruck haben Wiederkäuer wie Rinder, Schafe und Ziegen, weil sie Methan produzieren. Schweine und Geflügel schneiden nicht gut, aber deutlich besser ab.
Also lieber die Weihnachtsgans statt des Rinderfilets?
Ja. Aber ich möchte den Leuten nichts vorschreiben. Essen hat viel damit zu tun, was mir schmeckt und ob auch die anderen um mich herum Freude daran haben. Und wenn das der Schweinsbraten ist, dann will ich das gerade an Weihnachten nicht verbieten.
Menrads Weihnachten: "Gar nicht so nachhaltig"
Haben Sie trotzdem eine Empfehlung, für diejenigen, die vielleicht umsteigen möchten?
Pflanzliche Produkte sind gut für die Gesundheit und für die Nachhaltigkeit. Zu Weihnachten empfehle ich alles, was in die Saison passt, zum Beispiel Kohlarten oder Wurzelgemüse.
Wie nachhaltig feiern Sie selbst Weihnachten?
Gar nicht so nachhaltig, muss ich zugeben. Wir werden einiges mit dem Auto fahren müsse, unser Christbaum hat eine Strombeleuchtung - und wir haben keine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Beim Essen bin ich aber einer, der ganz wenig Fleisch braucht. Und bei den Geschenken habe ich sehr genau überlegt und es ist vieles dabei, das man gemeinsam unternehmen kann.
Da spart man sich ja auch die Verpackung.
Das stimmt. Verpacken muss ich dieses Jahr nicht sehr viel.
Lesen Sie hier: Weiße Weihnacht erscheint zunehmend unwahrscheinlich