Video aus der Wohnung seiner Opfer
Doppelmord in Paris! IS-Attentäter: "Die EM wird ein Friedhof!"
14. Juni 2016, 8:37 Uhr aktualisiert am 14. Juni 2016, 8:37 Uhr
Während des tödlichen Angriffs auf eine Polizistenfamilie in Frankreich hat sich der Täter auf die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) berufen. Nachdem er einen 42-jährigen Polizisten mit Messerstichen getötet hatte, verschanzte er sich in dessen Haus im westlichen Umland von Paris. Spezialkräfte der Polizei stürmten in der Nacht zum Dienstag das Gebäude und erschossen den Angreifer. Sie fanden dort die Leiche der Lebensgefährtin des Polizisten. Der dreijährige Sohn des Paares überlebte.
Die Attacke, genau sieben Monate nach den Pariser Terroranschlägen vom 13. November, fällt mit der Fußball-Europameisterschaft in Frankreich zusammen, die aus Furcht vor Anschlägen von Zehntausenden Polizisten geschützt wird.
Die Anti-Terror-Abteilung der Pariser Staatsanwaltschaft zog den Fall aufgrund des Vorgehens, des Ziels und der Äußerungen des Täters an sich, wie der Deutschen Presse-Agentur aus Justizkreisen bestätigt wurde. Der Mann habe sich bei Verhandlungen mit der Polizei-Spezialeinheit RAID auf den IS berufen. Die von der Terrormiliz als Sprachrohr genutzte Nachrichtenagentur "Amaq" berichtete zudem unter Verweis auf eine nicht näher spezifizierte Quelle, dass der Täter Kämpfer des IS gewesen sei.
Täter soll "Allah ist groß!" gerufen haben
Bei der Attacke auf den Polizisten vor dessen Haus in der Gemeinde Magnanville soll der Mann laut Augenzeugen auf Arabisch "Allah ist groß" gerufen haben, wie die Zeitung "Le Parisien" berichtete. Dann habe er die Frau und den dreijährigen Sohn als Geiseln genommen. Das Kind wurde von den Polizisten befreit und blieb unversehrt, stand aber unter Schock.
Angreifer rief zu weiteren Attentaten auf
Die getötete Frau war selbst Beamtin des Innenministeriums und arbeitete nach Angaben des Staatsanwalts von Versailles, Vincent Lesclous, als Sekretärin im Polizei-Kommissariat der nahegelegenen Stadt Mantes-La-Jolie. Ihr Mann war laut "Parisien" stellvertretender Chef der Kriminalpolizei im ebenfalls nahegelegenen Les Mureaux.
"In diesem Moment ist der Schmerz unermesslich", sagte der Präfekt des Départements Yvelines, Serge Morvan. Eine Anwohnerin bezeichnete das Viertel, in dem sich die Tat ereignete, vor französischen Journalisten als ruhig: "Hier passiert nie etwas."
Attentäter sendete Livestream - "EM wird ein Friedhof!"
Die Ermittler suchen nun nach möglichen Komplizen. Drei Männer im Alter von 27, 29 und 44 Jahren aus dem Umfeld Abballas wurden festgenommen.
Präsident François Hollande verurteilte "diese abscheuliche Tat". Er sicherte zu, dass die Hintergründe vollständig aufgeklärt würden, und berief für Dienstagmorgen eine Sitzung im Élyséepalast ein. Innenminister Bernard Cazeneuve soll am Morgen zudem die Kommissariate von Les Mureaux und Mantes-la-Jolie besuchen.
Der Angreifer war wegen Terrorismus vorbestraft. Es handle sich um einen 25-jährigen Franzosen, der 2013 zu drei Jahren Haft verurteilt worden sei, berichteten die Zeitung "Le Monde" und der Sender Europe 1 übereinstimmend. Dabei ging es um ein Netzwerk, das Dschihadisten ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet brachte. Der Mann sei wegen "krimineller Vereinigung zur Vorbereitung von Terrorakten" schuldig gesprochen worden. Weiteren Medienberichten zufolge soll der Attentäter am Montagabend auf seiner Facebook-Seite einen rund 15-minütigen Livestream aus der Wohnung seiner Opfer gesendet haben. Die Facebook-Seite wurde mittlerweile offenbar auf Antrag französischer Behörden gesperrt. In dem Video soll der 25-Jährige zu weiteren Anschlägen während der Fußball-EM aufgerufen und angekündigt haben: "Die EM wird ein Friedhof!"
Frankreich bereits mehrfach Ziel terroristischer Anschläge
Premierminister Manuel Valls verwies auf die Bedrohung in Frankreich und weltweit: "Wir sind im Krieg gegen den Terrorismus", sagte er. Demokratische Werte würden angegriffen. Frankreich werde die EM, die Spiele und die Fanmeilen weiter schützen, versicherte er.
Die Attacke genau sieben Monate nach den Pariser Terroranschlägen vom 13. November fällt mit der Fußball-Europameisterschaft zusammen, die aus Furcht vor Anschlägen massiv geschützt wird. Weder französische Politiker noch die Polizei haben jedoch bisher einen Zusammenhang zwischen der Attacke und dem Fußballturnier hergestellt.
Das von der Terrormiliz als Sprachrohr genutzte Nachrichtenportal Amak schrieb unter Verweis auf eine nicht näher spezifizierte Quelle, der Täter sei Kämpfer des IS gewesen. Berichte wonach der Mann bei der Attacke "Allahu akbar" ("Gott ist groß") gerufen haben soll, bestätigte Molins nicht.
Frankreich war im vergangenen Jahr mehrfach Ziel islamistischer Terroranschläge, denen insgesamt 149 Menschen zum Opfer fielen. Die schwerste Anschlagserie ereignete sich am 13. November, als IS-Terroristen im Pariser Musikclub "Bataclan", am Stade de France sowie in Bars und Restaurants der Hauptstadt 130 Menschen ermordeten. Vor der Fußball-EM hatten Behörden auf die erhöhte Terrorgefahr in Frankreich hingewiesen. Nach übereinstimmenden Angaben gab es aber keine konkreten Hinweise auf Anschlagspläne gegen das Turnier.
Nach dem jüngsten Massaker in einem vor allem von Homosexuellen besuchten Club in der US-Großstadt Orlando hatte Amak ebenfalls behauptet, der Täter gehöre zu der Terrororganisation. Auch dort hatte sich der Todesschütze zum IS bekannt.