Forscher lüften Geheimnis
Darum sterben massenweise Bachforellen
28. November 2018, 15:00 Uhr aktualisiert am 28. November 2018, 10:29 Uhr
Münchner Forscher haben das Rätsel um ein massenhaftes Sterben von Bachforellen in alpinen Gewässern Süddeutschlands, Österreichs und der Schweiz gelöst. Die Wissenschaftler entdeckten ein bisher unbekanntes Virus, wie die Technische Universität München (TUM) mitteilte.
Die Studie war bereits im Fachblatt "PLOS One" veröffentlicht worden. Bei der Krankheit färbt sich binnen weniger Tage die Haut der Tiere dunkel und sie gehen zugrunde. "Es gibt drei Phasen. Anfangs werden die Tiere matt, dann immer schwächer, bis sie an Organversagen sterben. Der Prozess dauert einige Tage", erklärt Dr. Andreas Battenberg, Pressesprecher des Bereichs Chemie und Physik von der Technischen Universität München gegenüber idowa. Betroffen waren stets dieselben Abschnitte in Flüssen und Bächen - und immer nur Bachforellen (Salmo trutta fario). "Ist eine Bachforelle von dem Virus betroffen und stirbt, stecken sich auch alle anderen an und sterben", sagt Battenberg.
Die Münchner Forscher hatten jahrelang nach der Ursache gesucht. "Es waren zehn Jahre Detektivarbeit", sagt der Zoologe und Leiter des interdisziplinären Forscherteams, Ralph Kühn. "Am Anfang war nicht klar, ob es sich um ein Bakterium, ein Virus, einen Parasiten oder ein Umweltgift handelt. Es war eine Suche der Nadel im Heuhaufen."
Die Forscher legten zwei Versuchsstationen mit Aquarien an der Iller im Allgäu an und konnten schließlich mit modernsten genetischen Methoden das Virus identifizieren und sein Genom entschlüsseln.
Jetzt gehe es darum herauszufinden, woher der Krankheitserreger kam. Die Wissenschaftler vermuten, dass der globale Handel zur Verbreitung beigetragen haben könnte. Kühn sagt: "Jetzt können wir in den nächsten Schritt der Forschung einsteigen: Woher kommt das Pathogen und warum haben wir es in bestimmten Flüssen im alpinen Bereich?" Es ist bisher nur einmal in einem anderen Gewässer entdeckt worden: 2016 in der Isar bei München, wie Battenberg mitteilt. Das Fischsterben im Bayerbach bei Laberweinting (Landkreis Straubing-Bogen) im Frühjahr 2018 hat eine andere Ursache, wie Helmut Wagensonner vom Labor des Wasserwirtschaftamtes Deggendorf auf idowa-Nachfrage bestätigt: "Die Fische sind an einer giftigen Substanz gestorben, vermutlich wegen eines Pflanzenschutzmittels." Das Labor konnte die Substanz nicht mehr genau nachweisen, weil es sich im Wasser zu sehr verdünnt hat.
In Norwegen, Kanada und Südamerika seien vor kurzem und fast zeitgleich ähnliche Viren entdeckt worden. "Es ähnelt den Reoviren, die Lachse befallen", sagt Battenberg. Lachse würden als Speisefisch weltweit transportiert. "Da muss man sich in Zukunft Gedanken machen: Was bedeutet das?", sagt Kühn. Es muss erst weitergeforscht werden, um zu wissen, ob sich das Virus auf andere Tiere überträgt und für den Menschen eine Gefahr bestehen könnte", sagt Battenberg.
Helmut Wagensonner vom Labor des Wasserwirtschaftamts Deggendorf.