Bayern-Ei-Skandal

Brandbrief: Tierärzte kritisieren Missstände in der Lebensmittelkontrolle


Die bayerischen Tierärzte beklagen in einem Brandbrief langjährige Missstände bei der Lebensmittelkontrolle im Freistaat.

Die bayerischen Tierärzte beklagen in einem Brandbrief langjährige Missstände bei der Lebensmittelkontrolle im Freistaat.

Lebensmittelkontrolleure fordern nach dem Skandal um das Unternehmen Bayern-Ei Verbesserungen beim Verbraucherschutz. Im Ministerium in München soll die Stelle eines Landestierarztes geschaffen werden, verlangen sie - und Vorschriften müssten "verständlich" werden.

Die bayerischen Tierärzte beklagen in einem Brandbrief langjährige Missstände bei der Lebensmittelkontrolle im Freistaat. In dem am Montag publik gewordenen Schreiben zur Bayern-Ei-Affäre kritisieren die Landestierärztekammer und der Landesverband der Amtstierärzte sowohl bürokratische als auch organisatorische Mängel. SPD und Grüne forderten die Staatsregierung auf, umgehend Verbesserungen anzugehen.

Nach Einschätzung der zwei Veterinärverbände fehlt es in Bayern an "konkreten und präzisen" Regeln zur Umsetzung der Vorschriften des Bundes und der EU. Die existierenden Rechtsverordnungen seien "aufgrund der Vielzahl an Verweisen auf andere Verordnungen schwer verständlich", heißt es in dem Brief, der an Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und die Landtagsfraktionen ging. Und die Neuorganisation des Landesamts für Lebensmittel und Gesundheit vor einigen Jahren hat nach Einschätzung der Tierärzte effektive Kontrollen eher erschwert als befördert.

Tierärztekammer und die bayerische Sektion des Bundesverbands der beamteten Tierärzte (BbT) klagen, "dass das dringend vor Ort erforderliche Personal zahlenmäßig nicht mehr aufgabengerecht zur Verfügung steht". So fordern die Tierärzte die Einrichtung einer "mobilen Reserve" von Kontrolleuren bei den Bezirksregierungen. Das Landeamt selbst verfügt nach Meinung der Tierärzte nicht mehr über ausreichende Kapazitäten für die Untersuchung von Lebensmittelproben im hauseigenen Labor.

Das Verbraucherschutzministerium hat unterdessen beim Bayerischen Obersten Rechnungshof ein Sondergutachten zur Lebensmittel- und Veterinärüberwachung erbeten. Damit sollten die Organisation und die Strukturen der amtlichen Lebensmittel- und Veterinärüberwachung überprüft werden, teilte das Ministerium mit. Zudem werde Verbraucherschutzministerin Ulrike Scharf beamtete Tierärzte zu einem "offenen fachlichen Austausch" einladen, Anfang des neuen Jahres solle es zudem ein Treffen mit den zuständigen Regierungspräsidenten, Landräten und Bürgermeistern geben.

Anlass des Briefs der Tierärzte ist die Bayern-Ei-Affäre. Das niederbayerische Unternehmen soll im Sommer 2014 mit Wissen und Duldung eines inzwischen in Untersuchungshaft sitzenden Amtsveterinärs mit dem Salmonellen-Erreger kontaminierte Eier exportiert haben, zahlreiche Menschen erkrankten. Gegen den ehemaligen Geschäftsführer von Bayern-Ei wird nach dem Tod eines 94-Jährigen unter anderem wegen fahrlässiger Tötung in einem Fall und fahrlässiger Körperverletzung in 77 Fällen ermittelt.

Die Tierärzte fordern nun eine gründliche Analyse der Schwachstellen bei den Lebensmittelkontrollen. Das Umweltministerium soll an "lesbaren, verständlichen und einfach umsetzbaren Rechtsvorschriften" mitwirken. Am Ministerium soll es eine neue Stelle für einen Landestierarzt geben, der für Grundsatzfragen zuständig ist.

"Das ist kein Saustall im Hühnerstall, sondern ein Saustall im Ministerium", kritisierte der SPD-Verbraucherschutzpolitiker Florian von Brunn. "Wir brauchen eine Generalüberholung der gesamten Verbraucherschutzpolitik im Freistaat."

Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann sieht das ebenso: "Was helfen Hunderte Kontrollen in Pommesbuden, wenn die großen Risikobetriebe mit potenziell breiter Gefahrenstreuung nur selten geprüft werden?" Die größte Kontrolldichte werde dort gebraucht, wo das größte Gefährdungspotenzial für Menschen liege. "Hierzu braucht es eine konsequente Risikoanalyse", forderte Hartmann.