Leverkusen/St. Louis
Bayer will 62 Milliarden Dollar für Monsanto zahlen
23. Mai 2016, 12:58 Uhr aktualisiert am 23. Mai 2016, 12:58 Uhr
Der US-Agrarchemie-Konzern Monsanto hat in Europa keinen besonders guten Ruf. Der Bayer-Chef ist überzeugt: Ein Zusammenschluss würde nicht nur dem Dax-Schwergewicht nutzen, sondern auch die Ernährung der Weltbevölkerung verbessern. Die Aktionäre sind skeptisch.
Bayer will sich die Übernahme des umstrittenen US-Agrarchemie-Riesen Monsanto 62 Milliarden Dollar kosten lassen. Der Chemie- und Pflanzenschutzkonzern aus Leverkusen gab am Montag ein offizielles Angebot ab. Dessen Wert entspräche nach aktuellem Wechselkurs mehr als 55 Milliarden Euro. An der Börse sorgte die Bekanntgabe für weitere Kursverluste der Bayer-Aktien.
Vorstandschef Werner Baumann betonte, die Agrarindustrie stehe angesichts der schnell wachsenden Weltbevölkerung und der globalen Erwärmung vor gigantischen Herausforderungen. Durch die Kombination ihrer Fähigkeiten könnten Bayer und Monsanto hier wegweisende Antworten geben.
Die Leverkusener würden durch den Zusammenschluss zum weltgrößten Agrarchemie-Hersteller aufsteigen. Der Umsatz würde auf rund 60 Milliarden Euro (bisher: 46,3 Mrd) zulegen, die Zahl der Mitarbeiter auf fast 140.000 (bisher: knapp 117.000) klettern.
Dafür will Bayer tief in die Tasche greifen. Der Dax-Konzern bietet je Monsanto-Aktie 122 US-Dollar in bar - insgesamt etwa 55,2 Milliarden Euro. Die Offerte entspricht einem Aufschlag von 37 Prozent auf den Schlusskurs der Monsanto-Aktie vor dem Bekanntwerden der ersten Übernahme-Spekulationen. Zur Finanzierung setzt Bayer auch auf eine Kapitalerhöhung.
"Wir sind seit langem von Monsanto beeindruckt", begründete Baumann den Schritt. Nicht zuletzt die führende Rolle der Amerikaner in der Biotechnologie und beim "digital farming" - der Nutzung digitaler Techniken für die Landwirtschaft - mache Monsanto attraktiv. Der Deal biete eine überzeugende Gelegenheit für Bayer, ein weltweit führendes Unternehmen für Saatgut, Pflanzeneigenschaften und Pflanzenschutz zu schaffen.
Bereits nach drei Jahren rechnen die Leverkusener durch den Zusammenschluss mit Einsparungen von rund 1,5 Milliarden Dollar. Zu möglichen Auswirkungen auf die Arbeitsplätze bei den Unternehmen wollte sich Baumann nicht äußern. Dafür sei es noch zu früh.
Monsanto steht international auch wegen seiner gentechnisch veränderten Produkte in der Kritik. Zudem stellt das US-Unternehmen den weltweit meistgenutzten Unkrautvernichter "Roundup" mit dem umstrittenen Wirkstoff Glyphosat her. In Deutschland kommt das Unkrautbekämpfungsmittel auf etwa 40 Prozent der Felder zum Einsatz. Es steht laut einigen Studien im Verdacht, Krebs zu erregen. Bayer sei jedoch überzeugt, die Reputationsprobleme von Monsanto in den Griff bekommen zu können, signalisierte Baumann.
Die Saatgut-Sparte sowie die Nordamerika-Geschäfte des zusammengeschlossenen Unternehmens sollen nach den Plänen von Bayer künftig vom Monsanto-Hauptsitz in St. Louis (US-Bundesstaat Missouri) aus gesteuert werden. Der Pflanzenschutz soll weiterhin in Monheim am Rhein angesiedelt sein.
Baumann hob hervor, Bayer werde die größte Übernahme in der Firmengeschichte ohne den Verkauf eigener Unternehmensteile stemmen. Solche Portfolio-Maßnahmen seien nicht geplant oder notwendig.
Bei den Aktionären kommt das vom Bayer-Vorstand und -Aufsichtsrat einstimmig beschlossene Übenrahmeangebot allerdings bislang nicht sonderlich gut an. Bereits die erste Ankündigung der Pläne vor wenigen Tagen hatte die Bayer-Aktie auf Talfahrt geschickt.
Die Bekanntgabe des Kaufpreises ließ den Kurs nach Börseneröffnung am Montag nun noch einmal um rund drei Prozent nachgeben. Baumann kündigte deshalb an, der Konzern wolle nun die Aktionäre von der Logik und der Attraktivität des Angebots überzeugen.