Bekennerschreiben aufgetaucht
Anschlag auf ICE-Strecke: Mann (51) wegen versuchten Mordes in U-Haft
21. März 2020, 19:27 Uhr aktualisiert am 21. März 2020, 19:27 Uhr
Bei Wiesbaden wurden Schienen einer ICE-Strecke so gelockert, dass ein Zug eine Brücke hätte hinunterstürzen können. Der schnell gefasste Verdächtige muss wegen versuchten Mordes in Untersuchungshaft.
Wiesbaden - Nach dem versuchten Anschlag auf die ICE-Strecke zwischen Frankfurt und Köln hat die Polizei einen Verdächtigen festgenommen. Der 51-jährige Deutsche steht im dringenden Verdacht, an der Hochgeschwindigkeitsstrecke bei Niedernhausen in Hessen auf rund 80 Metern die Schienenbefestigungen gelöst zu haben, wie Polizei und Generalstaatsanwaltschaft am Samstag berichteten.
Der Verdächtige wurde in der Nacht zum Samstag von Spezialkräften der nordrhein-westfälischen Polizei bei Köln festgenommen. Auf seine Spur führte nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" offenbar ein Bekennerschreiben, das unter anderem an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichtet worden sei. Darin soll die exakte Stelle des Anschlags genannt worden sein.
Anschlag auf ICE-Trasse: Motiv unklar
Die Behörden machten zu einem Motiv des Mannes zunächst keine Angaben. Laut "Spiegel" hatte der Mann keinen Wohnsitz. Er sei erst vor einigen Monaten aus der Haftanstalt Nürnberg entlassen worden, wo er eine Strafe wegen Erpressung verbüßt habe. Auf einen Erpressungsversuch gegen die Bahn habe man aber derzeit keine Hinweise, erklärte ein Justizsprecher in Frankfurt.
Der Verdächtigte wurde am Samstag dem Haftrichter am Amtsgericht Wiesbaden vorgeführt und anschließend in Untersuchungshaft genommen, wie ein Justizsprecher berichtete. Der Haftbefehl lautet auf versuchten Mord und gefährlichen Eingriff in den Bahnverkehr. Der Mann habe den Anschlag heimtückisch geplant, weil letztlich jeder Zug mit seinen arg- und wehrlosen Insassen hätte getroffen werden können, so die Anklagebehörde.
Zu den Vorwürfen machte der Beschuldigte beim Hafttermin keine Angaben. Unmittelbar vor der Theißtalbrücke bei Niedernhausen waren auf einer Strecke von etwa 80 Metern die Schienenbefestigungen gelöst worden. Die gefährliche Stelle war am Freitagmorgen von einem Lokführer bemerkt worden, nachdem sein Zug ein geändertes Fahrverhalten gezeigt hatte. Die Polizei ermittelte umgehend wegen eines möglichen Anschlags. "Unter Umständen sollte ein Zug zum Entgleisen gebracht werden", hatte ein Sprecher bereits am Freitag erklärt.
Anschlag auf ICE-Trasse: Gab es Mittäter?
Zum Entfernen der Befestigungen sei spezielles Werkzeug nötig, das nicht jeder zu Hause habe, berichteten die Ermittler. Derartiges Werkzeug sei bei der Festnahme im Auto des Mannes entdeckt worden, schreibt der "Spiegel". Von Mittätern war zunächst nicht die Rede. Die Schienen wurden noch am Freitag wieder fixiert, wie die Bahn bestätigte.
Am Samstagmorgen rollten die Züge zwischen Frankfurt und Köln wieder wie gewohnt. Am Freitag waren etliche Züge ausgefallen oder umgeleitet werden. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) bezeichnete die schnelle Festnahme als "großen Fahndungserfolg für die hessische Polizei".
Nur dank der Aufmerksamkeit und der Umsichtigkeit der Bediensteten der Deutschen Bahn und des schnellen Handelns der Einsatzkräfte habe eine mögliche Katastrophe verhindert werden können. Es sei ein wichtiges Signal für die Bürgerinnen und Bürger, dass sie sich auch in schwierigen Zeiten auf die Polizei verlassen könnten.