Asyl-Streit

Altmaier will mehr Abschiebungen - Länder weisen Verantwortung zurück


Von Jakob Dreher

Zwischen Bund und Ländern gibt es neuen Streit über die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber. Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) verlangte, die Zahl der Abschiebungen zu verdoppeln. "Da sind die Länder gefordert", sagte der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung. Die Länder verweisen dagegen auf die Verantwortung des Bundes für schnellere Asylverfahren. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, die Forderungen "gehen mir auf die Nerven". Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) betonte: "Schuldzuweisungen sind völlig unangemessen."

Im vergangenen Jahr habe es 37 220 freiwillige Rückkehrer und 22 200 Abgeschobene gegeben, sagte Altmaier den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Ein realistischer Maßstab für 2016 wäre eine Verdoppelung dieser Zahlen."

Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) sagte, NRW schiebe bereits konsequent ab. Er kritisierte, dass Asylverfahren immer noch zu lange dauerten und der Aktenstau beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weiter wachse. Jäger rechnet dennoch mit mehr Abschiebungen in diesem Jahr.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann nannte die Forderung Altmaiers "völlig richtig", dafür müsse das BAMF aber mehr Ablehnungsbescheide erlassen. Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) betonte, die Zahl der Abschiebungen hänge vor allem von der Rücknahmebereitschaft der Herkunftsländer ab. "Da ist eindeutig der Bund in der Pflicht."

Die Bundesregierung dringt seit längerem darauf, dass abgelehnte Asylbewerber zügiger abgeschoben werden. Bei der Umsetzung durch die Bundesländer gibt es aber Probleme. Zum Teil weigern sich Herkunftsländer, jemanden wieder aufzunehmen, weil Dokumente fehlen. Dazu kommen rechtliche Hürden: So gilt zum Beispiel ein Abschiebeverbot, wenn dem Betroffenen im Heimatland Folter oder die Todesstrafe drohen.

Weniger Asylbewerber

Nach Syrien und dem Irak stammten die meisten Asylsuchenden in den vergangenen Monaten aus Afghanistan. Die dortige Regierung verkündet Fortschritte bei einem Abkommen mit Deutschland zur Rückführung von Flüchtlingen. Ein Entwurf werde in den kommenden Tagen der deutschen Botschaft in Kabul vorgelegt, sagte Flüchtlingsminister Said Hussain Alemi Balkhi der Deutschen Presse-Agentur. Bis das Abkommen unterzeichnet sei, werde Afghanistan keine Abschiebungen dulden.

Nach der Schließung der Balkanroute ist die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge in Deutschland drastisch gesunken. Im März wurden nur noch 20 608 Asylsuchende im sogenannten EASY-System registriert, wie Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Freitag mitteilte. Im Februar waren es noch gut 60 000 gewesen, im Januar etwa 90 000.

In der Ägäis zwischen der Türkei und Griechenland gab es am Samstag erstmals seit Wochen wieder Todesopfer unter den Flüchtlingen bei der Überfahrt. Mindestens fünf Menschen kamen nordöstlich der Insel Samos ums Leben, als ihr Schlauchboot bei starkem Wind und hohen Wellen kenterte, wie der Fernsehsender Skai berichtete.

Im griechischen Grenzort Idomeni versuchten am Sonntag mehrere hundert Flüchtlinge und andere Migranten, die Grenze zu Mazedonien zu überwinden. Mazedonische Sicherheitsbeamte wehrten die Menschen mit Tränengas und Blendgranaten ab, wie die Athener Tageszeitung "Kathimerini" berichtete.

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