München
10H-Regelung: Verfassungsgerichtshof verhandelt Windradstreit
12. April 2016, 8:31 Uhr aktualisiert am 12. April 2016, 8:31 Uhr
In keinem Bundesland gibt es so hohe Hürden für den Bau von Windrädern wie in Bayern. Nach jahrelangem Streit hat nun der Verfassungsgerichtshof das Wort.
Der jahrelange Streit um die von der Staatsregierung errichteten Hürden für neue Windräder in Bayern nähert sich seinem Ende. Am Dienstag verhandelt der Verfassungsgerichtshof in München über die Klagen von SPD, Freien Wählern und Grünen sowie des ehemaligen Grünen-Bundestagsabgeordneten Hans-Josef Fell gegen die so genannte 10H-Regelung. Das Urteil wird voraussichtlich in einigen Wochen verkündet.
Die Opposition und die Windkraftbefürworter hoffen, eine der umstrittensten energiepolitischen Entscheidungen Ministerpräsident Horst Seehofers (CSU) kippen zu können. Seit dem Stichtag im Februar 2014 gilt für alle neu beantragten Windräder, dass der Abstand zum nächsten Wohnhaus mindestens das Zehnfache der Bauhöhe betragen muss. Für ein 200 Meter hohes Windrad neuerer Bauart bedeutet das einen Mindestabstand von zwei Kilometern.
Seehofer ließ sich dabei von den Protesten der Bürgerinitiativen gegen die "Verspargelung" der Landschaft leiten. Da die meisten Ortschaften in Bayern weniger als vier Kilometer auseinander liegen, können neue Windräder in großen Teilen Bayerns nicht mehr gebaut werden - es sei denn, der örtliche Gemeinderat befürwortet eine neue Windanlage.
Die Staatsregierung hat stets betont, alle rechtlichen Aspekte sorgfältig geprüft zu haben. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte, ihm sei wichtig, dass die Entscheidung "pro oder kontra Windkraftanlage" den Bürgern vor Ort in die Hände gelegt sei. "Die 10H-Regelung ist auf bestmöglichen Konsens mit den betroffenen Bürgern ausgelegt", sagte der CSU-Politiker.
Nach einem jahrelangen Boom werden inzwischen nur noch sehr wenige neue Windräder in Bayern geplant. So gingen von Anfang April bis Ende September 2015 lediglich zehn Anträge bei den Behörden ein.
Ein Zentrum des Widerstands gegen Windräder ist Unterfranken, der dortige CSU-Bezirksvorsitzende und Innenstaatssekretär Gerhard Eck ist ein Fürsprecher der Windradfeinde in der Staatsregierung.
Die Kläger sind jedoch optimistisch, dass der Verfassungsgerichtshof ihnen Recht gibt. "Die Voraussetzungen für einen Erfolg sind durchaus da", sagt SPD-Generalsekretärin Natascha Kohnen. Die 10H-Regelung habe den Ausbau der Windkraft in Bayern faktisch zum Erliegen gebracht. "Das Verfahren ist so kompliziert geworden, dass der Bau eines Windrads keinen Sinn mehr macht." So hatte im Februar das Regensburger Planungsunternehmen "Ostwind" erklärt, seine Windrad-Projekte nun außerhalb Bayerns weiter zu verfolgen.
"Die Staatsregierung ist viel zu weit übers Ziel hinausgeschossen", beklagte auch Martin Stümpfig, der Energieexperte der Landtags-Grünen. Die 10H-Regelung sei nicht verhältnismäßig. "Ich bin durchaus optimistisch, dass ein positives Urteil für uns und die Windkraft in Bayern herauskommt." Die Freien Wähler argumentieren mit dem wirtschaftlichen Schaden, den eine selbstauferlegte Blockade der Windkraft mit sich bringe. "Wer die Windkraft blockiert, gefährdet viele Arbeitsplätze", sagt der FW-Abgeordnete Thorsten Glauber.