Neu im Kino

"The Kindness of Strangers": Verloren in der großen Stadt


Ein reicher Russe, der doch Amerikaner ist: Bill Nighy kümmert sich um einen in New York gestrandeten Jungen.

Ein reicher Russe, der doch Amerikaner ist: Bill Nighy kümmert sich um einen in New York gestrandeten Jungen.

Von Nina Caroline Zimmermann

"The Kindness of Strangers - Kleine Wunder unter Fremden" von Lone Scherfig.

"If I can make it there, I can make it anywhere" sang Sinatra über die Stadt, die niemals schläft. Aber die meisten blieben dennoch auf der Strecke. Ganz unten kommt Polizisten-Gattin Clara (Zoe Kazan) in New York an, sie ist aus Buffalo vor ihrem gewalttätigen Mann mit den beiden Söhnen geflohen. Nur das Auto ist ihnen geblieben. Als das abgeschleppt wird, stehen sie im eiskalten Winter auf der Straße, ohne Kreditkarte oder Handy.

Aber es gibt Wunder, so die lobenswerte Botschaft. Jeder braucht jemanden und so treffen sich bald im russischen Restaurant Winter Palace die unterschiedlichsten Menschen. Neben Clara sind das der aufgeschlossene Besitzer, der einem Ex-Knasti wie (Tahar Rahim) eine zweite Chance als Geschäftsführer gibt, dazu ein Unglücksrabe, der ständig seinen Job verliert sowie ein in Selbstzweifeln ertrinkende Rechtsanwalt. Und über allen schwebt die gute Seele Alice, eine wohl vom Himmel gesandte Krankenschwester (Andrea Riseborough), die für die Geschundenen der Welt ein offenes Ohr hat und eine offene Suppenküche.

Beim Drehbuch hapert es

Lone Scherfig ("Italienische für Anfänger") hat hier als Regisseurin nicht die beste Stunde. Allein bei ihrem Drehbuch hapert es. Sie verknüpft kleine Episoden, die nicht richtig zusammen funktionieren, badet in Menschlichkeitsgedusel und Güte, gibt den flach entwickelten Figuren kaum Möglichkeit, ihr Potenzial auszuspielen: bis auf den wunderbaren Briten Bill Nighy als umwerfend charmanten und mit trockenem Witz gesegneten reichen Russen, der sich später als Amerikaner outet.

Alle sind Opfer , kämpfen mit eigenen Dämonen, verlorene und einsame Gestalten im Moloch der Großstadt, hilflos oder von Schuldgefühlen bedrängt. Obdachlosigkeit wirkt hier weniger authentisch als dekorativ, auch wenn Muttern sich geschickt auf Empfängen unter die Gäste mischt und feine Häppchen stiehlt, in Läden Essbares klaut, während die Kinder sich in Bibliotheken aufwärmen oder man abends in Kirchen Unterschlupf findet. Nur der uneinsichtige Ehemann, der die Drei heimholen möchte, stört als Böser.

Es fehlt der voraussehbaren Handlung, die auf ein versöhnliches Ziel zusteuert und Gefühle heftig durchrührt, ein emotionales Zentrum. Freundlichkeit und Mitleid allein machen keinen guten Film. Der kalkulierte Druck auf die Tränendrüse lässt keine Träne kullern.

Kino: Monopol, Maxim (beide auch OmU), Museum (OV)

R: Lone Scherfig

(DK, SCH, D, F, 115 Min.)