Neue Platte
So ist "Fool" von Joe Jackson
18. Januar 2019, 17:16 Uhr aktualisiert am 18. Januar 2019, 17:16 Uhr
Doppeltes Jubiläum bei Joe Jackson: 40 Jahre sind seit dem Debüt des britischen Musikers vergangen, und nun bringt er sein 20. Studioalbum heraus
Im Leben der meisten Popmusiker gibt es klare Abfolgen: Man nimmt ein Album auf, dann stellt man es auf Tour vor. So hat das auch Joe Jackson stets gehalten, und stets hat er es bereut. "Nach ein oder zwei Monaten fühlten sich die Songs besser an", schreibt er auf seiner Homepage über die Tourneen. "Die Band spielte besser, ich sang besser, und ich sagte: Verdammt, ich wünschte, wir könnten das Album jetzt aufnehmen!"
Nun hat er die Erkenntnis umgesetzt, und zwar radikal: Er begann direkt im Anschluss an seine letzte US-Tour die Aufnahmen, an dem Ort, an dem das letzte Konzert stattfand. So ist "Fool" in einer Stadt entstanden, die der Rockgeschichte bislang nicht ihren Stempel aufdrücken konnte: Boise, Illinois. Aber das Konzept ist aufgegangen: "Fool" klingt äußerst lebhaft, die Band bestens eingespielt. Auch deshalb hat Joe Jackson ein würdiges Album zum 40. Jubiläum seiner Karriere als Plattenkünstler aufgenommen.
Hochintelligenter Pop
Die brachte ihm nicht den ganz großen Ruhm, der sich zu Beginn abgezeichnet hatte. Sie begann 1979, als der Brite gleich zwei aufsehenerregende Alben aufnahm: "Look Sharp!" und "I'm The Man". Beide hatten die Kraft und Energie von Punk und New Wave, waren aber melodischer und musikalisch weitaus anspruchsvoller als die meisten Platten der Konkurrenz. Dass sich Jackson als Jugendlicher intensiv mit Klassik und Jazz beschäftigt hatte, sollte erst später seine Karriere prägen.
Nach dem Ska-lastigen "Beat Crazy" (1980) nahm er die erste stilistische Abzweigung: Er produzierte das Album "Jumpin' Jive" (1981) mit Jump Blues und Swing, das sich überraschenderweise sogar passabel verkaufte. Und mit "Night and Day" schien es 1982, als ob Joe Jackson auf dem Weg nach ganz oben war: Darauf war hochintelligenter Pop mit Anleihen von Jazz und Salsa, vor allem aber mit "Steppin' Out" ein Welthit.
An diesen Erfolg konnte er nie anknüpfen, schon mit dem Nachfolger "Body and Soul" (1984) nicht. "Big World" war dann 1986 eine kapriziöse Angelegenheit: Er nahm es live auf, vor Publikum, das aber nicht applaudieren durfte und mucksmäuschenstill sein sollte. Die Doppel-LP hatte nur drei Seiten, und die Songtexte wurden in acht Sprachen abgedruckt. Ein Jahr danach veröffentlichte er auf "Will Power" klassische Kompositionen und andere Instrumentalstücke, seine Popstar-Karriere war da schon vorbei.
Mit Lebenserfahrung
Er sollte dann noch viele Alben aufnehmen, darunter auch sehr gute wie das rockige "Volume IV" (2004), Charterfolg hatte er aber nie wieder. Mit "Fool" hat er nun pünktlich zum Jubiläum eine CD vorgelegt, die teilweise wie ein Querschnitt seiner bekannten frühen Alben klingt - und qualitativ bestens mit ihnen mithalten kann.
Früher allerdings, ohne all seine Lebenserfahrung, hätte er diese Songs nicht schreiben können, sagt der 64-Jährige im Pressetext, und schon bei dem großartigen Eröffnungsstück "Big Black Cloud" wird klar, was er meint. Da ist der Erzähler ein deprimierter alternder Mann, der im Refrain bündig zusammenfasst: "No Luck, no Money, no Sex, no Fun". Musikalisch wird dieses Elend höchst abwechslungsreich dargestellt, mit spannungsreicher Strophe, eingängiger Bridge und Instrumentalpassagen mit viel Wucht. Doch am Ende werden sie plötzlich ganz dezent gespielt, ganz leise, und schließlich ausgeblendet. Joe Jackson schildert nicht mit Worten, sondern rein musikalisch, wie das Leben seines Erzählers allmählich dahinschwindet - eine seltene Kunst in der Popmusik.
Jackson selbst ist noch höchst vital, wie er im Anschluss mit "Fabulously Absolute" beweist: der schnelle Song mit leichten Ska-Anklängen erinnert an seine ersten Alben. Durch "Dave" und "Friend Better" ziehen sich tolle, eingängige Motive und Harmoniefolgen, die das typische Popschema weit hinter sich lassen. Ins Titelstück "Fool" hat Jackson Shakespeare-Zeilen eingeflochten, nordafrikanische Tonleitern und Salsa-Piano. Die atmosphärische Pop-Ballade "Strange Land" schließlich erinnert an Jacksons Musik der frühen Achtziger.
All diese Stücke haben einen absolut eigenen, unverwechselbaren Stil und Sound, und der klingt zum 40. Jubiläum so toll wie in Joe Jacksons erfolgreichsten Zeiten. Mit dieser starken neuen CD geht er nun sogleich wieder auf Tour, so wie er es immer gemacht hat. Schließlich gilt es das 40. Jubiläum auch live zu feiern - unter anderem in der Münchner Muffathalle.
Joe Jackson: "Fool" (earMusic). Konzert in der Muffathalle am 1. April, 20 Uhr, Karten für 48 Euro unter Telefon 54818181