AZ-Filmkritik
"Nur eine Frau" beruht auf wahrer Begebenheit
9. Mai 2019, 9:27 Uhr aktualisiert am 9. Mai 2019, 11:40 Uhr
Im Film "Nur eine Frau" geht es um Parallelgesellschaften, um falsch verstandene Ehre. Und wie beides zur Ermordung von Aynur Sürücü geführt hat. Hier die AZ-Filmkritik.
Ein "Ehrenmord" wie so viele. Aber der feige Mord an Hatun Aynur Sürücü 2005 in Berlin war der erste mit großem medialen Echo. Aus Aynurs Perspektive erzählt Sherry Hormann von Träumen und Lebenshunger des Mädchens (Almila Bagriacik), das als 15-Jährige die Schule abbrechen und einen gewalttätigen Cousin in der Türkei heiraten musste.
Aus der Ehehölle flieht die Schwangere zurück nach Berlin. Eine Schande, ein Skandal für die sunnitisch-kurdische Familie. Durch Hilfe vom Amt kriegt sie eine kleine Wohnung für sich und ihren Sohn, hofft auf eine Zukunft in Freiheit. Sie verliebt sich in einen Deutschen und legt das Kopftuch ab. Es folgen Beleidigungen und Drohungen für "die Hure", Ohrfeigen in der Öffentlichkeit, bis der jüngste Bruder sie mit drei Schüssen ins Gesicht exekutiert.
Frauenrechte sind nicht verhandelbar
Die Regisseurin Sherry Hormann wühlte sich mit dem Drehbuchautor Florian Oeller durch acht Meter Gerichtsakten und verknüpft geschickt verschiedene Handlungsstränge wie die Radikalisierung einer modernen Mitschülerin, der späteren Kronzeugin. Dabei verzichtet sie auf Einteilung in Gut und Böse oder Verteufelung, wendet sich aber gegen falsch verstandene Toleranz. Denn Frauenrechte sind nicht verhandelbar. Die AZ hatte sie im Interview.
Kein tränendrüsiges Betroffenheitskino, sondern ein starkes und bewegendes Drama, das Position gegenüber einem frauenverachtenden patriarchalischen System einfordert. Und Hoffnung weckt auf ein Umdenken, auf eine offene und tabulose Diskussion.
Kinos: ABC, City-Atelier (auch als Kinderwagenkino), Monopol
Regie: Sherry Hormann (D, 90 Min.)
Lesen Sie dazu das AZ-Interview mit Regisseurin Sherry Hormann
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