AZ-Filmkritik
"I Am Mother": Die kalte Roboter-Schulter
22. August 2019, 0:00 Uhr aktualisiert am 22. August 2019, 0:00 Uhr
Der australische Regisseur Grant Sputore inszeniert "I Am Mother" als Sci-fi-Kammerspiel.
Gerade dachte der namenlose Teenager "Tochter" noch, sie wäre der einzige Mensch auf Erden, im Labor geboren und in den sterilen Wänden der Hochsicherheitsanlage groß geworden, ihr einziges Gegenüber der Roboter "Mother". Doch als plötzlich eine Frau in der Luftschleuse des Bunkers auftaucht und von den anderen Menschen erzählt, die da draußen in der Welt leben und vor den Robotern Schutz suchen, ist das Mädchen hin- und hergerissen: Soll sie bei ihrer Roboter-Mutter bleiben oder mit der Fremden ausbrechen?
Die australische Produktion "I Am Mother" ist ein futuristisches Kammerspiel, das davon erzählt, wie der Mensch nach seiner vollständigen Auslöschung von Robotern neu erschaffen wird. Für das Debutprojekt konnten einige Newcomer ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen: weder Regisseur Grant Sputore, noch Drehbuchautor oder Kameramann haben Spielfilm-Erfahrung, die Hauptdarstellerin Clara Ruugard stand immerhin schon bei zwei Indie-Filmen vor der Kamera. Umso beeindruckender die handwerkliche Leistung, besonders die visuelle Kraft der Lichtgestaltung und des Designs der Zukunftswelt. Ganz neu ist das Team aber nicht, mit Oscar-Preisträgerin Hilary Swank und der australischen Darstellerin Rose Byrne als Roboter-Stimme sind zwei bekannte Hollywood-Größen mit dabei.
Frauenstarker Cast in apokalyptischen Szenarien
Obwohl der Film in der Zukunft spielt, trifft er voll den Zeitgeist der letzten Jahre. Ein frauenstarker Cast, apokalyptische Szenarien vom Ende der Menschheit und Helikopter-Eltern, die optimierte Kinder heranziehen, bevölkern "I Am Mother" ebenso wie riesige Drohnen, Augmented-Reality-Brillen und 80s-Popkultur. Die Frage, ob ein Roboter menschlich fühlt oder nur kalt berechnet, klingt ebenso an, wie die gefürchtete Übermacht der Künstlichen Intelligenz.
Doch hier zeigt der Film dann aber auch seine Schwächen. Trotz aller Fortschrittlichkeit beim weiblichen Cast verharrt er bei den Sci-Fi-Konventionen, anstatt einen neuen Blickwinkel auf die Beziehung von Mensch und Maschine zu zeigen, wie es zum Beispiel "her" von Spike Jonze gelingt.
Im Roboter steckte ein echter Schauspieler
Das Verhältnis von Robo-Mutter und Tochter ist notorisch unterkühlt, die emotionalen Momente kann der Film deswegen dann auch nicht voll einlösen. Stattdessen vertraut das Finale auf den Effekt der großen Enthüllung - die dann aber auch nicht so wirklich zu schocken vermag. Die wahre Überraschung bei diesem Film ist vielmehr der Entstehungsprozess. Der Roboter "Mother" wurde nicht, wie sonst üblich, am Computer animiert. Stattdessen baute die Spezialeffekt-Schmiede WETA, die schon für die "Herr der Ringe"-Trilogie tätig war, einen echten Roboter-Anzug, in den dann bei den Dreharbeiten ein Schauspieler schlüpfte.
Dieser wackelt aber keineswegs in C3PO-Manier stotternd über die Leinwand, sondern sprintet mit voller Kraft auf seine Angreifer zu, um sich beindruckende Schlagabtausche zu liefern. Für dieses Spektakel lohnt sich der Film auf der großen Leinwand allemal.
Kino: Mathäser; Regie: Grant Sputore (Aus, 114 Min.)
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