AZ-Filmkritik

Ein wortkarger Rainer Bock in "Atlas"


Rainer Bock als der Möbelpacker Walter in "Atlas".

Rainer Bock als der Möbelpacker Walter in "Atlas".

Von Niklas Braun

Im Film "Atlas" von David Nawrath spielt Rainer Bock einen wortkargen, in die Jahre gekommenen Möbelpacker in Schwierigkeiten.

Schweigend stemmt Walter (Rainer Bock) in "Atlas" seine Gewichte. Er arbeitet seit Jahrzehnten im Möbelpacker-Team von Roland (Uwe Preuss) und Alfred (Thorsten Merten). Der eine ist Chef des Ladens, der andere Gerichtsvollzieher, sie haben sich als Teampartner aneinander gewöhnt. Aber gerade gibt es ein Problem bei der Räumung eines Mietshauses. Und da Rolands Geschäfte nicht immer ganz so sauber sind, hört man von nicht allzu feinen Methoden im Zusammenhang mit der in diesem Männerfilm thematisierten Gentrifizierung.

Rainer Bock spielt den Möbelpacker Walter in "Atlas"

Die Physis der Hauptfigur stand während der Drehbuchphase im Vordergrund. Gewaltig, wortkarg und in die Jahre kommend sollte Walter sein. "Rainer Bock hat diesen Walter sofort verstanden", sagt Nawrath, und doch muss man sich wundern, wie er darauf kam, den intellektuellen Norddeutschen zu besetzen. "Wir fingen an zu suchen und fanden keinen deutschen Schauspieler mit dieser Physis, der dazu noch sehr gut spielen kann. Sylvester Stallone oder Mickey Rourke gibt es bei uns nicht." So stieß man auf den eher schmächtigen Rainer Bock, der nun in 99 von 100 Filmminuten im Bild zu sehen ist.

Stoisch geht Walter (Rainer Bock) seinem Job im Unternehmen von Alfred (Thorsten Merten, r.) nach.

Stoisch geht Walter (Rainer Bock) seinem Job im Unternehmen von Alfred (Thorsten Merten, r.) nach.

"Atlas": Nicht mehr als Smalltalk

Leider aber fehlt "Atlas" die Dramaturgie, denn die Dinge passieren einfach. Der neue Kollege Moussa (Roman Kanonik) stopft Alfred, den Gerichtsvollzieher, nach einer Meinungsverschiedenheit ins Klo. Walter schaut zu, holt ihn raus - und schweigt. Das tut er auch, als er bei einer Räumung seinen Sohn Jan (Albrecht Schuch) erkennt, den er als kleiner Junge im Stich ließ. Das will er heute nicht mehr, daher hilft er ihm bei einer Nacht-und-Nebel-Aktion und verhindert, dass sich der neue Kollege, ein Pulverfass, um Jan kümmert. Jan lädt Walter zum Dank ein, ohne zu wissen, wen er vor sich hat. Mehr als Smalltalk kann so nicht entstehen.

"Atlas" ist brutal

Dann eskalieren die Konflikte, mittendrin Walters Sohn, der stur als edler Ritter gegen brutale Männer vorgeht. Und damit jeder versteht, wie das ist, nach 30 Jahren auf das eigene Kind zu treffen, ist natürlich Jans Sohn exakt so alt wie es Jan damals war, als Walter ihn verließ. Es deutet sich früh an, dass "Atlas" brutal wird. Dieses Versprechen löst der Film dramatisch ein.

David Nawrath, der Regisseur und Co-Autor, ist ein junger Filmemacher, der in Berlin geboren ist und in Deutschland und im Iran aufwuchs. Nach einer Dokumentation und einigen Kurzfilmen ist "Atlas" sein erster Langfilm.

Kino: Arena, City

R: David Nawrath (D, 99 Min.)

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